BLACK SABBATH - DEHUMANIZER


Label:I.R.S.
Jahr:1992
Running Time:52:13
Kategorie: Classics
 

Der Streit zwischen Metalheads wird wohl ewig währen: Black Sabbath mit Ozzy oder mit Dio? Einigkeit gibt es dort eigentlich nie. Aber wo sich 98 % der Sabbath Fans einig sind: Das beste Album mit Dio ist „Heaven And Hell“. Tja, ich werde euch jetzt alle schocken! Denn ausgerechnet das Album, über das wirklich niemand mehr redet, ist mein ganz klarer Favorit: „Dehumanizer“, das 1992 eigentlich mitten in der Phase erscheint, die als die Tony Martin-Phase bekannt ist, mit dem sie immerhin fünf Alben aufnahmen. Überhaupt finde ich, dass Tony Martin ein völlig unterbewerteter und grandioser Sänger für Black Sabbath war. Aber eins nach dem Anderen. Ich überhaste mich gerade, ähem… Alles begann im Jahr 1992, als ich gerade zarte vierzehn Jahre jung war. Kiss, Motörhead, die Scorpions, Accept, Def Leppard, Queensryche und Helloween waren meine Einstiegsdrogen in den Heavy Metal, den ich bis heute mit völliger Hingabe fröne. Man sagt ja, dass man immer die Phase bevorzugt, mit der man die Band kennengelernt hat. Bei Black Sabbath war es so, dass ich quasi drei Alben gleichzeitig kennengelernt habe: „Black Sabbath“ (1970, mit Ozzy) und „Tyr“ (1990, mit Tony Martin) habe ich quasi in einem Zug vom Karstadt-Wühltisch eingesackt und fand auch beide toll. Genau wie bei Annihilator oder Liege Lord, ist es mir auch bei Black Sabbath eigentlich immer scheißegal gewesen, wer da gerade gesungen hat, weil ich alle ihre Sänger toll fand! In die Wühltischphase der beiden eben erwähnten Sabbath-CD’s fiel aber auch die Veröffentlichung ihres damals brandneuen Albums „Dehumanizer“. Und als pubertierender Bengel, der gerade mit Metal angefangen hatte, hatte dieses Album eine ganz besondere Anziehungskraft. Nicht nur, weil man den Namen eh schon kannte und Metal Magazine immer Höchstnoten gegeben haben? Nein! Früher, fernab der heutigen MP3-verseuchten Generation, hat man nie etwas runtergeladen oder vorher reingehört, sondern einfach CDs nach Cover gekauft. Kennt ihr das noch? Als ich das Cover zum ersten Mal sah, konnte ich nicht aufhören, es anzustarren. Der digitale Sensenmann in Kapuze, der dem schreienden Typen das Leben aussaugt und ihn zu einer Maschine mutieren lässt, war für einen 14jährigen in der damaligen Zeit geradezu furchteinflößend. Und dann die Musik! Computergeräusche und ein donnerndes Schlagzeug, das zwar kraftvoll klang, aber keinen regelmäßigen Takt zu spielen schien, waren erst der Anfang von „Computer God“. Die tiefen Gitarren waren der Hammer! Düster, schleppend, ja böse, reihten Black Sabbath megadoomige Lavariffs aneinander, die bedrohlich und unaufhaltsam dahin krochen, um den Hörer einzulullen. Der Bass fiel mir, der sonst immer nur auf die Gitarren geachtet hatte, zum ersten Mal auf. Geezer Butler war in Höchstform und spielte ganz schön viel um die Gitarre herum, die ihm sehr viel Spielraum ließ. Und so böse klang Ronnie James Dio auch niemals zuvor, oder danach in seiner langen Karriere. Der Geschichtenerzähler sang mit richtig viel Bums seine bedrohlichen Beschwörungsformeln, dass es einem eiskalt den Rücken runter lief. „After All (The Dead)“ war noch viel doomiger als der Oper „Computer God“. Mit „TV Crimes“ gab es zur Abwechslung mal Vollgas mit treibenden Rhythmen. „Letters From Earth“ war wieder düsterer; auch das grandiose „Master Of Insanity“ beeindruckt mit doomigen Riffs, seltsamen Rhythmen und einem hymnischen Refrain für die Ewigkeit. Flott und rockig geht es dann mit „Time Machine“ weiter. Das Riff erdrückt den Hörer förmlich. Die Gesangslinien sind schweißtreibend.  Auch „Sins Of The Father“ knallt schleppend daher. Traurig, aber auch episch gesungen, beginnt „Too Late“, das bedrückend und verzweifelt klingt. „I“ ist ein wütender Nackenbrecher mit boshaft anmutendem Gesang. Die Melodie im Refrain lässt einen nicht mehr los. Keine Doom Metal Band der Welt, nicht einmal Candlemass, kriegen so etwas besser hin. Mit donnerndem Schlagzeug, einem harten Riff im Drei-Viertel-Takt und fast schon aggressivem Gesang, sehr ungewohnt für Ronnie James Dio, wird man mit „Buried Alive“ dann nach über 50 Minuten aus der Gefangenschaft entlassen. Was mit den vier Herren los war oder wer sie so geärgert hat, dass sie solch ein aggressives und finsteres Album aufnahmen, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass „Dehumanizer“ seit 21 Jahren auf dem Markt, genauso lange in meinem Besitz und definitiv absolut unterbewertet ist!

(In der Zeit, unmittelbar vor Veröffentlichung dieses Albums, als die Besetzung von „Heaven And Hell“ wieder zusammen im Studio war, gingen schon Bewegungen durch die Menge der Oldschooler, ob das Traum-Line-Up Appice/Butler/Iommi/Dio, einer der großartigsten in der Welt des Hardrock/Heavy Metals ever übrigens, an alte Glanztaten anknüpfen könnte. Es machte sich nämlich gerade der Grunge breit. Dio himself brachte kurz und knapp das Statement, dass Black Sabbath noch immer die härteste Band der Welt sei. Auch ich hab das anfangs belächelt, und einerseits als Promospruch abgetan, schließlich war der Death Metal ja schon erfunden. Doch andererseits hatten die Worte von Dio einfach Gewicht, der zusammen mit starken Gitarristen im Songwriting immer über sich hinaus wuchs, ganz besonders mit Tony Iommi auf „Dehumanizer“. Nach Release des Albums hat niemand mehr gelächelt. Nach mehrmaligem Hören entfaltete sich die ganze Kraft des Albums, und man verstand Dios Worte, wie er sie meinte. Vielmehr noch war das Album seiner Zeit voraus, sonst wäre es Wegbereiter für viele Nachahmer geworden. Genau das zeigt seinen Stellenwert und hält es heute noch jung. Begegnet man diesem Album mit Ehrfurcht, kann es Medizin gegen alles sein. In der Tat eine Sternstunde des Heavy Metals, und was für eine. Joxe Schaefer).

Tracklist:
Computer God
After All (The Dead)
TV Crimes
Letters From Earth
Master Of Insanity
Time Machine
Sins Of The Father
Too Late
I
Buried Alive

Line-Up:
Ronnie James Dio (R.I.P. 2010!) - Vocals
Tony Iommi - Guitar
Geezer Butler - Bass
Vinnie Appice - Drums
 

Note: 9.5 von 10 Punkten
Autor: Daniel Müller


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