MOLLLUST - Von Bach bis Nightwish


Molllust sind eine Opera Metal Band aus Leipzig, die es noch gar nicht so lange gibt. 2010 kam es erst zur Gründung der Band. Seitdem gibt es ein komplettes Album und die schöne neue Digipack-EP „Bach Con Fuoco“, die beide in Eigenregie erschienen sind. Ich habe mal Kontakt zu Sängerin und Pianistin Janika Groß aufgenommen, um etwas mehr über dieses interessante Projekt zu erfahren.

MOLLLUST logoDaniel: Hallo Janika! Beginnen wir mal mit der Standarderöffnungsfrage: Erzähl uns doch zunächst etwas über die Gründung, den Werdegang und die Veröffentlichungen von Molllust!

Janika: Hallo Daniel! Die Wurzeln von Molllust liegen eigentlich schon recht lange zurück: Als ich durch Mitschüler und Freunde als Jugendliche auf Nightwish und Therion stieß. Ich war begeistert von der Mischung aus Klassik und Metal. Allerdings kam mir die Klassik dabei zu kurz, ich habe schließlich von Kindesbeinen an klassisch Klavier gespielt und Klassik gehört. Also suchte ich nach Projekten, die das, was ich über die Jahre zu schätzen gelernt hatte, noch stärker in Szene setzten, wurde aber nicht zu meiner vollen Zufriedenheit fündig. Daher beschloss ich, dann eben selbst so etwas zu schreiben und aufzubauen. Erst einmal sorgte ich noch dafür, dass ich nicht nur Klavier spielen, sondern auch singen konnte, dann suchte ich mir die passenden Musiker für das Projekt. 2011 haben wir schließlich die erste Bühne geentert, 2012 zogen wir ins Studio ein, um unser Debüt „Schuld“ zu produzieren. Noch während dieses produziert wurde, haben wir für die BachSpiele in Leipzig ein spezielles Bachprogramm erarbeitet, das mit einer kräftigen Prise Metal gewürzt wurde. Prompt gewannen wir damit dann auch die BachSpiele und man fragte uns immer wieder, ob es das Programm nicht auf CD gäbe – also spielten wir gleich die EP „Bach Con Fuoco“ ein, noch bevor das Debüt veröffentlicht wurde. Inzwischen ist beides erhältlich. Dieses Jahr konzentrieren wir uns darauf, viel live zu spielen und in Ruhe neue Stücke anzugehen. Die nächste Veröffentlichung wird wieder ein Album mit vorrangig Eigenkompositionen sein und steht für 2014 auf dem Programm.

Daniel: Erkläre uns mal bitte Euren Bandnamen! Die Schreibweise ist auf den ersten Blick sehr merkwürdig. Ich habe es zunächst für einen Tippfehler gehalten… Was steckt genau dahinter?

Janika: Eigentlich sind die drei „L“ schlicht neue deutsche Rechtschreibung, die bei uns seit 1998 gilt: Man nehme das Tongeschlecht „Moll“, setze „Lust“ dahinter und schon hat man Molllust. Dahinter steckt die Idee, einen Namen zu finden, der gleichermaßen unsere Musik und unsere Verbindung zu ihr beschreibt. Ich saß damals gemeinsam mit Frank, meinem ersten Bandmitglied, zusammen und wir warfen uns gegenseitig allerlei Wortkombinationen an den Kopf. Schließlich sprudelte ich mit „Molllust“ heraus. Er bedachte mich darauf mit einem äußerst vielsagenden Blick, er hatte „Wollust“ verstanden. Ich hingegen verstand natürlich nur Bahnhof, was an meinem Vorschlag denn so komisch sei, das Wortspiel war mir in dem Moment gar nicht bewusst. Nachdem wir das kleine Missverständnis geklärt hatten und ich die Augen verdreht hatte, was Mann mal wieder versteht, setzte sich der Name aber fest, und so blieb es dabei.

MOLLLUST bandDaniel: Welche Bands und Komponisten haben Euch hauptsächlich beeinflusst?

Janika: Aus der Metalecke wohl Therion und die alten Nightwish mit Tarja. Im Klassikbereich insbesondere Rachmaninow und Brahms. Sicher unbewusst aber auch noch viele weitere Komponisten.

Daniel: Wovon handeln Eure Texte? Gibt es eine Botschaft, die Ihr Euren Hörern übermitteln wollt? Ich habe in Eurem Infoblatt ein paar Bibelzitate entdeckt, die Ihr in die Musik eingebunden habt. Seid Ihr überzeugte Christen? Oder hat das die musikalische Vorlage so vorgegeben?

Janika: Bei den Texten muss man stark zwischen den Eigenkompositionen und den Bach-Bearbeitungen unterscheiden. Religion spielt für unsere Musik kaum eine Rolle und innerhalb der Band sind die Ansichten hier auch durchaus unterschiedlich. Allerdings war Bach Kirchenmusiker, und dementsprechend natürlich seine Texte auch größtenteils für den Einsatz in Kirchen und Gottesdiensten geschrieben. Das führte zwangsläufig dazu, dass wir auf der Bach-CD einen religiösen Texteinschlag haben. Wir haben uns aber dazu entschieden, uns aus einer neutraleren Perspektive mit der Thematik zu befassen. Daher gibt es in beiden Arien aus der Matthäus-Passion eine Gegenperspektive, sängerisch tritt mir daher dort Frank gegenüber. Das Ave schließlich ist eigentlich ein lateinisches Gebet. Wir haben dem einen komplett neuen, weltlichen Text gegeben, der sich auf religionsungebundene Weise kritisch mit der persönlichen Lebensführung auseinandersetzt und auch direkt im Digipack abgedruckt ist.

Daniel: Ihr seid stark von der Klassik beeinflusst, und es ist bekannt, dass die bekannten Komponisten tolle Musiker waren. Ist es Euch wichtig zu zeigen, wie fit Ihr an Euren Instrumenten seid? Oder ist das nur das I-Tüpfelchen?

Janika: Ich halte ehrlich gesagt nicht viel davon, wenn die Kompositionen nur davon geprägt werden zu zeigen, was man für ein toller Virtuose ist. Und gerade bei Sopranen finde ich es durchaus anstrengend, wenn daraus ein reiner Wettlauf entsteht, wer die meisten hohen, langen Töne produzieren kann. Andererseits ist mir als Musiker unglaublich langweilig, wenn ich immer nur die gleichen drei Akkorde spiele. Ich versuche daher in meinen Kompositionen stets eine Mischung aus Eingängigkeit und Anspruch an das Können von mir und meinen Mitmusikern herzustellen. Mal gelegentlich das Potential voll zu entfalten macht einfach Spaß und ist ja auch durchaus effektvoll, es sollte aber nie Überhand nehmen. Das wichtigste ist für mich immer, dass es gut klingt. Ich muss mich in der Komplexität aber durchaus ab und an zügeln, denn ich kann vom Publikum nicht die gleichen Hörgewohnheiten erwarten, wie ich sie an den Tag lege – meine Ohren sind es schließlich gewöhnt, täglich komplexe vielstimmige Werke zu analysieren.

MOLLLUST janikaDaniel: Wo liegt für Euch genau der Reiz, Metal und Klassik zu verbinden?

Janika: In den neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Stell dir vor, du wärest ein Maler und hast eine Klassik-Farbpalette. Darauf sind sehr viele zarte Schattierungen, aber auch sehr satte Farben. Und dann gibt es da die Metal-Farbpalette – hier gibt es plötzlich ungeahnte Schwärze, schrille und stechende Farben. Es ist doch viel schöner, wenn man sich, je nachdem, was man sagen möchte, aus beiden Paletten bedienen kann, als nur auf eines der beiden Spektren Zugriff zu haben. Und genau das nutze ich in meinen Kompositionen: Mit den jeweiligen Abstufungen und Schattierungen der gestalterischen Möglichkeiten beider Genres ein noch vielschichtigeres Werk zu kreieren als es nur mit einem der beiden Stile möglich wäre.

Daniel: Habt Ihr eigentlich klassische Musik- bzw. Gesangausbildungen?

Janika: Keiner von uns ist ein reiner Autodidakt, aber wir sind auch nicht alles Kinder der Klassik. Wir drei Mädels und Johannes (unser Bassist) haben tatsächlich alle unterschiedlich ausgiebig klassischen Unterricht genossen. Frank (Gitarre) ist zunächst autodidaktisch angefangen, hat sich dann aber im Rockbereich mit Hilfe von entsprechenden Lehrern weitergebildet. Tommaso (Schlagzeug) kommt aus einer Schlagzeuger-Familie und trommelt daher, seit er dazu in der Lage ist. Er bekam ebenso soliden Unterricht, allerdings ebenfalls nicht auf klassische Musik ausgerichtet.

Daniel: Ich stelle es mir schwierig vor, derart komplexe Musik live gut rüberzubringen. Spielt Ihr live? Und wenn ja: Wo und wie oft?

Janika: Das ist eine Sache der Gewohnheit. Wenn man gut aufeinander eingespielt ist, funktioniert das gut. Und für den einen oder anderen Übergang gibt’s dann auch durchaus versteckte Zeichen, die der Zuschauer so gar nicht mitbekommt und an der Stelle den Dirigenten ersetzt, der da an sich ganz praktisch wäre. Also ähnlich wie ein Streichquartett live arbeitet. Uns gibt es auch recht regelmäßig zu sehen, demnächst z. B. zum WGT, auf dem Bachfest, auf dem Comedy meets Metal Open Air. Wer neugierig ist, wie das Ganze live aussieht, kann sich auch gerne im Live-Mitschnitt von unserem „Bach Con Fuoco“-Release Konzert ein Bild machen (Wir haben dort auch Vieles von der „Schuld“ gespielt): http://www.youtube.com/watch?v=Q39K2E98M0k.

MOLLLUST bandDaniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Molllust aus?

Janika: Um es kurz zu fassen: viel live spielen und möglichst weit mit unserer Musik herumzukommen, neue Stücke schreiben und weitere Alben veröffentlichen – und unermüdlich weiter dafür zu sorgen, dass Molllust vom Geheimtipp zur etablierten musikalischen Institution avanciert!

Daniel: OK, Janika! Die letzten Worte gehören Dir!

Janika: Ich danke Dir vielmals für das Interview, Daniel! Ich wünsche allen Lesern viel Spaß mit unserer Musik und hoffe, dass wir uns in Zukunft auf einem unserer Konzerte sehen!

http://www.molllust.com/

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Autor: Daniel Müller