Am heutigen verschneiten Samstagabend führte mich mein Weg nach Essen in die Grugahalle. „Rock Meets Classic“ hieß das vielversprechende Motto des Abends. Seit 2010 tourt dieses Projekt hauptsächlich durch Deutschland. Das 42köpfige Bohemiam Symphony Orchester Prague unter der Leitung von Bernhard Fabuljan steht unter der rockmusikalischen Leitung von Mat Sinner. Außerdem mit im Musikkoffer die Jungs von Primal Fear. Alex Beyrodt an der Klampfe, der Unterstützung von Oli Hartmann (u.a. ex-Avantasia, ex-At Vance) bekam. Randy Black im Plexiglaskasten gefangen an den Drums und Ralf Scheepers im Background zusammen mit Sascha Krebs (Musicals wie „We Will Rock You“ oder „Tanz der Vampire“) und den Angels bestehend aus Amanda Somerville, Kolinda Brozovic (Background u. a. Xavier Naidoo, Glashaus) und Tiffany Kirkland, die einige Leser vielleicht auch von „Voice Of Germany“ kennen. Am Keyboard, sowie am Klavier geschmückt mit schniekem Hut konnte man Jimmy Kresic bewundern, der auch mal zur Mundharmonika oder Ziehharmonika griff. Als wenn das nicht schon Schmaus genug wäre, setzen Mat Sinner und Kollegen jährlich noch einen oben drauf und laden fünf internationale Rockgrößen als Sahnehäubchen ein, ihre Songs zusammen mit dieser musikwütigen, einzigartigen Meute zu präsentieren. Dieses Jahr sollten uns Paul Rodgers (Free - Bad Company), Eric Bazilian (The Hooters), Steve Augeri (Journey), Chris Thompson (Manfred Mann's Earth Band) und als Very Special Guest Bonnie Tyler den Abend versüßen.
Das Orchester begann pünktlich mit den ersten Streichzügen und „Childs Anthem“. Der Sound war super. Nicht zu laut und glasklar. Auch die Licht- und Pyrotechnik half, sich gleich von der Gesamtatmosphäre fesseln zu lassen. Das Orchester bestand aus überwiegend jungen Leuten, modisch teils rockig gekleidet, mit tollen Frisuren und Accessoires wie Nieten, Hüte oder Sonnenbrillen. Mat Sinner begrüßte das Publikum und verkündete, dass Bonnie Tyler leider erkrankt sei und ausfiele, da sie grippebedingt keinen Ton rauskriegen würde. Zum Bedauern der vielen Fans hat man sich jedoch eine kleine Entschädigung als Lückenfüller einfallen lassen. Hierzu jedoch später. Der erste Gast des Abends war Chris Thompson, Sänger der Manfred Mann's Earth Band, der mit voller Erwartung und Applaus begrüßt wurde und sein Programm mit dem Kracher „For You“ begann. Genau der richtige Startschuss für diesen Abend. Mit „Davy’s On The Road Again“ und „Questions“ vervollständigte er seinen musikalischen Beitrag, bevor der zweite Gast des Abends Steve Augeri, ehemalig Journey, mit „Seperate Ways“ die Bühne stürmte. Augeri überzeugte ganz klar wieder mit seiner hervorragenden Stimme. Wenn man sich den Kerl so ansah, hatte man das Gefühl, dass Steve gar nicht älter wird. Natürlich mit im Gesangskoffer „Wheel In The Sky“, „Faithfully“ und „Don't Stop Believin'“. Mein Journey Fieber war sofort geweckt. Ganz großes Kino. Bevor Eric Bazillian die Bühne betrat, gönnten sich die Rocker eine kurze Auszeit. Das Bohemian Symphony Orchester Prague entführte die Zuschauer in einen Fluch, den Fluch der Karibik und interpretierte unter großer Begeisterung und Beifall „He's A Pirate“. Es folgte für mich persönlich der Höhepunkt des Abends: Eric Bazillian. Bei „All You Zombies“ und „500 Miles“ schnappte er sich schon die Sympathien des Publikums, so, dass auch mal im sonst etwas steifen Ambiente, mitgeklatscht wurde. Aber mit „One Of Us“ wurde auch der Letzte in seinen Bann gezogen. Die Umsetzung mit dem Orchester war ein berührender und emotionaler Ohrenschmaus. Eric, der immer wieder versuchte seine Ansagen auf Deutsch zu verfassen und scheiterte, sang schließlich als kleines Highlight die zweite Strophe und den Refrain auf Deutsch, wobei er den Refrain etwas abänderte. Er möge mir verzeihen, wenn ich diese Zeilen nicht mehr Wort wörtlich zitieren kann, aber dennoch möchte ich euch daran Teil haben lassen.
„Wäre Gott einer wie wir,
mit 'nem Bier Nachts um halb vier,
ein Fremder in der Bahn,
auf dem Weg allein nach Haus,
doch da ruft ihn keiner an,
und wenn dann geht er gar nicht dran,
denn heut' ist der Papst ja dran!“Begeisterung, Applaus und Standing Ovations für Eric Bazillian. Herausragend! Seine Erklärung für diese Fesselnde Atmosphäre war, dass eine Menge Menschen ihren Traum auf dieser Bühne leben, die Musik. Auf dieser Bühne wurde so viel Liebe produziert und mit dem Publikum geteilt. Es folgte ein Violinen Solo von Lukas, der als Einleitung für einen ganz besonderen Song galt: „Johnny B.“. Jetzt platzte auch der letzte Knoten im Publikum. Die Leute standen auf, klatschten und sangen mit. Endlich hatte ich das Gefühl, dass hier Rockmusik im Spiel ist. Eric zückte zwischendurch die Mundharmonika und spielte zum Schluss die Gitarre hinter dem Kopf. Nach dem großartigen Programm gönnten sich alle Beteiligten und Anwesenden, nach dickem Applaus, eine viertelstündige Pause. Natürlich liefen auch in dieser Zeit einige Rock Klassiker von Whitesnake und Co. aus den Boxen. Nach der Pause bereitete uns das Symphony Orchester mit „Brahms Hungarian Dance“ auf den zweiten Auftritt von Chris Thompson vor. Der schmetterte gleich mit seiner Reibeisenstimme „The Voice“ los und riss das Publikum gleich wieder vom Stuhl. Auch bei „Mighty Quinn“ saß niemand, und wenn doch, kommandierte Chris ihn wieder zum Aufstehen. Die lockere, freudige Atmosphäre wurde für eine kleine „Gesangsstunde“ genutzt, wie das Sänger halt gerne machen. Was für den humorvollen Mr. Thompson anfangs noch „Scheise“ war, wurde mit etwas Training ein dickes „Year!“. Chris hatte gerockt und das Publikum da gepackt, wo Eric aufhörte. Nun kam es zum traurigen Teil des Abends. Mat Sinner bat das Publikum um einen riesigen Applaus für Bonnie Tyler, damit sie ganz schnell wieder gesund wird. Als kleine Entschädigung verkündete er, dass die talentierten und stimmgewaltigen Background Angels zwei Songs von Bonnie präsentierten. Den Anfang machte die bezaubernde Amanda Somerville mit „Total Eclipse Of The Heart“ und fesselte mich damit an den Sitz, klasse. Auf die nächste Präsentation von „Hero“ im Duett von Tiffany Kirkland und Kolinda Brozovic war ich besonders gespannt, aber auch diese konnte sich sehen lassen. Danke an die drei Damen für eine 1A Gänsehaut. Mat Sinner versprach den Zuschauen nicht zu wenig. Schließlich kamen wir zum letzten Gast des Abends, den Mat Sinner als Legende ankündete, Paul Rodgers. Der war sich seiner Rolle wohl sehr bewusst und kam mit jede Menge glitzernden Accessoires auf die Bühne. Nach seinem ersten Song „Can't Get Enough“ hatte er gleich mal das Mikro tot gesungen, was vielleicht auch an der Akrobatik lag, die der mit dem Mikroständer veranstaltete. Das Orchester nutzte die Wartezeit für ein wenig Fahrstuhlmusik zur Freude der Zuschauer, ehe es mit „Feel Like Makin' Love“ weiterging. Auch Paul Rodgers zückte ab und an seine Mundharmonika. Es entging dem Publikum und mir natürlich nicht, dass sich bei „Shooting Star“ Steve Augeri in den Background mogelte und einfach mitsang. Nach „Rock'n'Roll Fantasy“ folgte der letzte Kracher des Abends „All Right Now“. Als der Orchesterleiter Bernhard Fabukjan sein Jacket auszog und loslegte, sprang das Publikum auf und feierte. Ein letztes Mal traten alle Gäste auf die Bühne und sangen zusammen mit dem Publikum. Doch der letzte Song gehörte dann wieder Paul Rodgers, der uns mit „Wishing Well“ nach fast drei Stunden „Rock Meets Classic“ auf die Heimreise schickte. Ein wunderbarer Abend! Danke, dass ich dabei sein durfte.
Setlist:
01 Childs Anthem (Orchester & Band)
Vocals: Chris Thompson (Manfred Mann's Earth Band)
02 For You
03 Davy’s On The Road Again
04 Questions
Vocals: Steve Augeri (ex Journey)
05 Separate Ways
06 Wheel In The Sky
07 Faithfully
08 Don't Stop Believin'
09 He's A Pirate (Orchester & Band)
Vocals: Eric Bazillian (The Hooters)
10 All You Zombies
11 500 Miles
12 One Of Us
13 Johnny B.
----
14 Brahms Hungarian Dance (Orchester)
Vocals: Chris Thompson
15 The Voice
16 Mighty Quinn
Vocals: Amanda Somerville (für Bonnie Tyler)
17 Total Eclipse Of The Heart
Vocals: Tiffany Kirkland & Kolinda Brozovic (für Bonnie Tyler)
18 Hero
Vocals: Paul Rodgers (Free - Bad Company)
19 Can't Get Enough
20 Feel Like Makin' Love
21 Shooting Star
22 Rock 'n' Roll Fantasy
23 All Right Now (Finale)
24 Wishing Well