SCORPIONS, EISBRECHER

Oberhausen, König-Pilsener-Arena, 15.12.2012

So, hier soll die Reise nun enden. Drei Jahre lang haben sich die Scorpions nun auf ihre erfolgreiche Abschiedstournee begeben. Offiziell sollte es das allerletzte Konzert der Tour sein. Ein Zusatztermin am 17.12. in München hinterlässt aber einen leichten, faden Beigeschmack. Trotzdem wollten wir uns das Spektakel nicht entgehen lassen; nicht an einem Samstag, noch dazu, wenn man ein Zugticket besitzt, auf dem man für umsonst da hinfahren kann. Wir machten uns auf eine große Party gefasst. Und die wurde es auch! Doch zunächst musste erst einmal die Vorband verdaut werden. Niemand wusste vorher, wer das war. Gerüchte, dass es wie vor zwei Jahren Edguy sein würden, bestätigten sich nicht. Um 20 Uhr betraten dann Eisbrecher für knapp 45 Minuten die Bühne, die im Hintergrund eine kommerzielle Mischung aus soften Rammstein und Unheilig spielten, die musikalisch aber überhaupt nicht zu den Scorpions passten. Dann doch eher die Umbaupausenmusik mit AC/DC, Metallica und Bryan Adams, die für weitaus mehr Bewegung im Publikum sorgten.

 

SCORPIONS klaus meine LIVE 2012Dann ging es endlich los! „Ladies and Gentlemen! Would you please welcome: The Scorpions!”, ertönte es aus den Boxen und los ging´s mit „Sting In The Tail“. Sofort fiel der glasklare Klang und die schöne Lichtshow auf, die die Musik perfekt untermalten. Ich werde zwar nie verstehen, warum die Scorpions immer noch – egal ob Open Air, wenn es schon dunkel ist oder in der Halle, wo man vom Wetter draußen eh nichts mitbekommt – alle mit Sonnenbrillen auf die Bühne müssen. Aber Fakt ist, dass die Männer von Anfang an lauffreudig waren und gehörig Gas gaben. Die Setlist überraschte nicht sonderlich. Sie war im Prinzip identisch mit dem Set ihres Live-Albums „Get Your Sting And Blackout – Live 2011“; jedoch mit wenigen Ausnahmen: Eine ist, dass sie am Ende „When The Smoke Is Going Down“ wegließen und dafür vor dem Balladenteil „We´ll Burn The Sky“ brachten, das sie normalerweise nicht spielen. Herr Meine, der bei „Coast To Coast“ zudem die dritte Gitarre spielte, gab sich heute etwas wortkarg. Es war mein fünftes Scorpions-Konzert auf dieser Abschiedstournee. Und die Ansage vor „We´ll Burn The Sky“ (immerhin dem schon siebten Song des Abends) war die erste. Er war schon mal gesprächiger. Aber was soll´s? Warum soll man beim offiziell letzten Gig noch viele Worte verlieren? Die Leute wollten schließlich die Songs noch einmal hören. Und die bekamen sie in Perfektion. Hier sitzt jeder Schlag. Kein kleiner Gitarrenverspieler, kein schiefer Ton von Herrn Meine, auch nicht nach zwei Stunden. Die Scorpions sind Profis und bewiesen das zu jeder Sekunde. Der anschließende Balladenteil sorgte für die zahlreichen älteren Semester endlich für Entspannung. Und es war schön zu sehen, dass auch die vielen Metalheads Arm in Arm dort standen und jede Zeile lauthals mit gegröhlt haben. Nach „Holiday“ wurde dann aber wieder der Knüppel ausgepackt. Denn es folgten zwei beinharte Kracher des zu unrecht wegen „Wind Of Change“ und „Send Me An Angel“ verschmähten „Crazy World“-Albums von 1990: „Tease Me, Please Me“ rockt ja schon ordentlich, mit „Hit Between The Eyes“, einem weiteren Unterschied, der auf dem Livealbum völlig fehlte, packten sie aber den härtesten Song des Abends aus. Spätestens jetzt fingen sogar die alten Leute hinter uns an zu headbangen; quasi als Gegenleistung für den mitgesungenen Balladenteil der Metallerfraktion. Und das funktionierte einwandfrei. Die komplette Halle rastete völlig aus. Es folgte das Schlagzeugsolo „Kottak Attack“, das zwar nicht sonderlich gut gespielt war, aber für viel Erheiterung im Publikum sorgte, weil James Kottak auf der Leinwand im Hintergrund in kurzen Schauspielerrollen einige Covermotive der Scorpions nachspielte. Der Rest der Band kam zurück auf die Bühne und ballerte mit „Blackout“ alles weg. Matthias Jabs gab noch ein Gitarrensolo, bevor man mit der Hymne „Big City Nights“ den regulären Set beendete. Zwar ist Oberhausen mit etwas über 212.000 Einwohnern nicht unbedingt die besungene Stadt des Songs, SCORPIONS rudi schenker LIVE 2012aber die Scorpions haben an diesem Abend angeblich zum allerersten Mal dort gespielt. Aber die Stimmung war dennoch bestens. Nach einigen Zugaberufen gab es zum Runterkommen erst einmal zwei Balladen mit „Still Loving You“ und „Wind Of Change“. Komischerweise wollten die alten Leute hinter uns diese Songs gar nicht hören und fingen zu unserer Verwunderung an zu jammern. Aber letztendlich haben doch wieder alle die Arme gehoben und mitgesungen, was das Zeug hielt. Zum krönenden Abschluss gab es wie immer „Rock You Like A Hurricane“ mit ganz vielen Pyroeffekten. Mit diesem Abschlussbums verabschiedeten sich die Scorpions würdevoll von ihren Fans, so dass alle glücklich und zufrieden nach Hause gehen konnten. Zum Schluss muss man anerkennend sagen, dass die Scorpions heute noch topfit sind und dass ich froh war, dass sie die Tour in solch einer guten Verfassung beendeten und nicht irgendwann im Rollstuhl von der Bühne geschoben werden mussten. So wollen wir sie in guter Erinnerung behalten. Für uns alle war es ein perfekter Abend mit ganz viel Spaß. So sollte es bei einem Ticketpreis von 67,50 € auch immer sein! Schön war´s!

Setlist:
Sting In The Tail
Make It Real
Is There Anybody There?
The Zoo
Coast To Coast
Loving You Sunday Morning
The Best Is Yet To Come
Send Me An Angel
Holiday
Raised On Rock
Tease Me, Please Me
Hit Between The Eyes
Kottak Attack (Drum Solo)
Blackout
Six String Sting (Guitar Solo)
Big City Nights
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Still Loving You
Wind Of Change
Rock You Like A Hurricane



Autor: Daniel Müller - Pics: Daniel Müller