Der Weg führt in das wieder mal ausverkaufte MTC und wie schon vor ein paar Tagen, sind zum Zeitpunkt des Einlasses höchstens eine Handvoll Leute vor Ort. Ob es am Fußballspiel liegt, das heute in dem „feindlichen“ Dorf am Rhein stattfindet, oder ob zu spät kommen, das neue pünktlich ist. Man weiß es nicht. Jedenfalls wird diese Show mit dem Prädikat kürzestes Konzert ever, in die Annalen meiner Konzert Besuche eingehen. Doch dazu gleich mehr. Da ich mich im Vorfeld ein wenig über die Hauptband informiert habe, sichere ich mir einen Standort mit sicherem Halt und der Wand im Rücken. Vor der Show werden gerade noch Kartons mit Merchandise Artikeln angeliefert. Wohl da die Hauptband Tage zuvor auf zwei Festivals (Hellfest und Vainstream) gespielt hat, wird jetzt Nachschub benötigt.
Mit einem nicht ganz akademischen Viertel Verspätung, geht es dann auch los. Die Briten von Split Chain haben den Job des Anheizers übernommen. Das Quintett, bestehend aus Bert Martinez an Gesang und Gitarre, Jake Reid und Ollie Bowles ebenfalls an den Gitarren, Tom Davies am Bass und Aaron Black am Schlagzeug. Musikalisch ist man im weiten Bereich des Shoegaze, Grunge und Nu-Metal unterwegs. Die Gitarren dominieren nicht nur die Melodien, sondern auch die Refrains. Dabei erinnert das Ganze ein wenig an die Trademarks zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Die Songs an sich sind auch gar nicht übel, alleine die etwas eingeschränkte Choreographie des Sängers kann mich nicht so wirklich überzeugen. Mag sein, dass da ein wenig Schüchternheit im Spiel ist, jedenfalls habe ich den Eindruck, er versteckt sich ein wenig unter seiner Baseball Kappe. Aber gut, das Publikum ist ganz angetan von dem Gebotenem, also scheint es ja zu funktionieren. Doch dann, nach gerade mal zwanzig Minuten ist der Auftritt auch schon vorbei. Ich rätsele noch, ob das jetzt nur ein verlängerter Soundcheck gewesen ist. Aber nein, es wird umgebaut für den Headliner.
Die Uhr zeigt bereits zehn nach Neun an, als sich die Amerikaner von Gel auf die Bühne bequemen. Das ebenfalls fünfköpfige Ensemble, was ich bei einer Punkband schon als eine Menge Musiker empfinde, stammt aus New Jersey und war ursprünglich ein Nebenprojekt der Band Sick Shit. Die Kapelle besteht aus Sängerin Sami Kaiser, Anthony Webster und Madison Nave an den Gitarren, Matthew Bobko am Tieftöner sowie Alex Salter am Schlagzeug. Und dann bricht auch schon die Hölle los, nach etwa fünf Sekunden ist der Saal ein einziger Moshpit und Pogopfuhl. Stagediver springen von der kleinen Bühne, die zum Glück höchsten einen halben Meter hoch ist und das Verletzungsrisiko daher recht gering bleibt. Frontfrau Sami rennt unentwegt über die Bühne, wie ein ADHS-Kid, das seine täglich Dosis Ritalin vergessen hat. Der Rest der Kapelle brät einen brutal aggressiven Sound voller Druck. Logisch, bei zwei Gitarren, die gleichzeitig feuern. Und ganz typisch für Hardcore Punk ist die Länge, oder ich sollte wohl besser sagen, die Kürze der Lieder. Hier bewegt sich alles im Bereich zwischen anderthalb bis zwei Minuten. Nun es scheint ein Trend zu sein, den man da wiederbelebt hat. Auch Punkbands wie die Dummy Toys aus China oder The Pill aus Deutschland glänzen ebenfalls mit ultrakurzen Songs. Und somit ist nach einer halben Stunde der Spuk vorbei! What? Ihr habt jetzt dreißig Minuten gespielt und das war es? Keine Zugabe, nichts? Nun scheinbar sind auch die Anwesenden Fans sehr überrascht und glauben es noch nicht so recht, da keiner nach einer Zugabe ruft. Anders würde ich die erstaunten Blicke nicht deuten. So begreife ich jetzt aber auch, warum man der Support Band nicht mehr Zeit zugestanden hat. Zum Glück war es kein Hip-Hop Konzert, da hätte die Menge wohl den Laden zerlegt. Nun, die Publikums Reaktionen waren ebenfalls geteilt, während die meisten Jüngeren die Spielzeit okay fanden, waren viele Ältere doch etwas verärgert, da sie teilweise schon etliche Kilometer angereist waren. Nun gut, es ist wie es ist. Noch ein Blick auf das Merchandise, das aber einzig aus Shirts bestand. Keinerlei Sticker, Patches oder gar Tonträger. Mein Fazit, die Musik war sehr geil, aber definitiv mehr als viel zu kurz!
Setlist: Out of Mind, Honed Blade, Attainable, Mental Static, Mirage, Persona, Fortified, XOXO Dicey, Predominant Mask, Vibefucker, Bitchmade, Violent Closure, Composure