SAD WHISPERINGS - Wenn ich heute zurückblicke, würde ich natürlich alles anders machen!


Obwohl ich mich seit Mitte der Neunziger intensiv mit der niederländischen Death-/Doom Metal-Szene beschäftige, kannte ich Sad Whsiperings bis vor kurzem gar nicht. Wie so oft, hat Roel van Reijmersdal von Vic Records mal wieder einen Geheimtipp aus dem Underground aud dem Nichts hervorgebracht. Als Gitarrist und Sänger Alexander van Leeuwen mich persönlich bei Facebook suchte und anschrieb, um sich für mein großartiges Review zu bedanken, kam im Chat die Idee auf, ein Interview zu machen, um die Band den Lesern näherzubringen. Here we go!

logoDaniel: Hi Alex! Lass uns doch bitte ganz von vorne anfangen: Bei Metal Archives steht, dass die Band zunächst Desecrate hieß, puren Death Metal spielte und 1990 und 1991 zwei Demotapes veröffentlicht hatte. Handelte es sich dabei also wirklich nur um einen Namenswechsel oder um eine komplett andere Band?

Alex: Hallo Daniel! Wir hatten mit Desecrate aufgehört. Dann wolten Menno und ich atmosphärischere und schleppendere Musik machen und mit Death Metal kombinieren. Also haben wir mit denselben Leuten unter dem neuen Namen Sad Whisperings weitergemacht. Der Name passte viel besser zur Musik.

Daniel: Mit Sad Whisperings habt Ihr Euren Stil Richtung Death-/Doom Metal. Welche Bands zählten zu Euren Haupteinflüssen?

Alex: Ich hatte Briefkontakt zu Aaron, dem Sänger von My Dying Bride. Ihr erstes Demo hatte mich weggeblasen, genauso wie das erste Paradise Lost-Album. Ich war bereits ein großer Fan von Autopsy, die ebenfalls ein großer Einfluss waren. Ich schrieb auch eine Zeit lang mit Chris Reifert. Denk dran, dass ich auch mal Autopsy-Bootlegs importiert habe!

In den Niederlanden gab es in den Neunzigern haufenweise Death-/Doom Metal bands, vielleicht mehr als in allen anderen Ländern, Bands wie Asphyx, Delirium, Sempiternal Deathreign, frühe The Gathering, frühe Orphanage, frühe Celestial Season, Etherial Winds, Eternal Solstice, Spina Bifida, Necro Shizma usw. Was glaubst Du, war der Grund dafür? Und gab es eine Underground-Szene bei Euch, wp all diese Bands sich gegenseitig unterstützten?

Alex: Ja, es war eine neue und aufblühende Szene damals. Ich ging zu einem Konzert von Necro Shizma. Wir haben mit Celestial Season zusammen gespielt. All das endete in den Aufnahmen unseres „Sensitive To Autumn“-Albums in dem Studio, das dem Vater von einem der Leute von Delirium gehörte. Er produzierte für das Label Foundation 2000, wo auch The Gathering, Gorefest, Sempiternal Deathreign, Carbonized usw. unter Vertrag waren. Später, als ich nach Argentiniern ging, landete ich in einer Band, in der auch Lars Rosenberg von Entombed und Carbonized spielte. Und dann gingen wir mit Therion auf Tour. Es war eine tolle Szene. Wir hatten alle untereinander Kontakt und waren sehr fanatisch!

Daniel: Ihr habt damals nur ein einziges Album veröffentlicht, nämlich „Sensitive To Autumn" im Jahr 1994 über Foundation 2000, die auch andere niederländsiche Bands unter Vertrag hatten, wie The Gathering, Gorefest, Mourning, Occult, Sempiternal Deathreign und ein paar andere. Wie kam der Kontakt damals zustande?

Alex: Wir verschickten unser 1992er Demo und bekamen einen Vertrag über zwei Alben, haben aber nur eins gemacht. Das ergab sich so, weil Foundation 2000 wollten, dass wir mehr nach Paradise Lost klingen, nachdem wir ihnen auch unser 1995er Demo geschickt hatten. Wir wollten Paradise Lost aber nicht stumpf kopieren und haben uns dann auch unsere Songs konzentriert, so wie wir sie mochten!

sad whisperingsDaniel: Das langweilige Artwork sieht total untypisch für Doom-/Death Metal aus. Welche Idee steckte dahinter?

Alex: Zu dem Zeitpunkt war diese Art Kunst modern. Ein lokaler Künstler hatte es für uns gemacht, und wir mochten es damals. So einfach ist das. Wir wollten auch authentisch sein. Deswegen hatten wir auch kein typisches Death Metal-Logo. Wenn ich heute zurückblicke, würde ich natürlich alles anders machen, haha!

Daniel: The Band existierte in den Neunzigern immer nur sporadisch. Warum hattet Ihr damals so viele Probleme?

Alex: Tja, zuerst haben wir kein zweites Album gemacht. Dann ging ich nach Argentinien und habe dort anderthalb Jahre gelebt. Ich hatte dort, wie bereits erwähnt, auch eine Band namens Mental Distortion mit Lars Rosenberg von Entombed. Als ich zurückkehrte, haben wir einen Neunanfang mit zwei Sängerinnen versucht, aber Jurgen kam mit ihnen nicht zurecht und beendete die Zusammenarbeit. Sein Don Juan-Verhalten hatte einige Besetzungsprobleme verursacht.

Daniel: 2005, hast Du ein Demo mit der Doom-/Stoner Metal-Band The Bleeding gemacht. Warum war nach der einen Aufnahme direkt wieder Schluss?

Alex: The Bleeding war die Band, die wir nach der Auflösung von Sad Whisperings gestartet hatten, weil das mit den Sängerinnen nicht geklappt hatte. Wir beschlossen daher, keine Sängerin mehr zu nehmen und entschieden uns für Jurgen.

Daniel: 2023 gab es plötzlich eine Reunion von Sad Whisperings. Wie kam es dazu? Und wer ist heute überhaupt noch von früher dabei?

Alex: Wir haben uns wiedervereinigt, weil Roel von Vic records eine Compilation mit all unseren unveröffentlichten Demos rausbringen wollte, die jetzt „Return To Autumn“ heißt. Und er sagte uns, wir sollen auch ein neues Album machen! Das konnten wir uns nicht entgehen lassen, denn Aad, Jurgen und ich sind seit sehr langer Zeit befreundet, und wir fanden die Idee toll, noch ein Album zusammen zu machen! Beide waren lange Zeit bei Sad Whisperings. Menno konnte allerdings nicht mehr dazustoßen, weil er Gehörprobleme hat.

Ihr habt kürzlich sowohl Euer einziges Album als die Demo Compilation beide über Vic Records rausgebracht. Wie seid Ihr mit Roel van Reijmersdal, dem Inhaber des Labels, in Kontakt gekommen?

Alex: Steve Willems von Rock Tribune kontaktierte mich für sein Buch „Streams Of Ancient Wisdom“ und erzählte mir, dass Roel die Rechte von Foundation 2000 aufgekauft hattem um die Sachen neu aufzulegen. Ich wusste davon gar nichts, also mussten wir darüber reden. Und dann nahm ich zu ihm Kontakt auf.

Daniel: Beide Re-Releases beihalten das erste Demotape von 1992 als Bonus, allerdings zweigeteilt und nicht komplett. Warum?

Alex: Das Demo von 1992 passte, von der Laufzeit her, nicht mit auf die Demo-CD. Deswegen wurde es auf beide aufgeteilt...

sad whisperingsDaniel: Wie sehen denn Eure Zukunftspläne mit Sad Whisperings aus? Werdet Ihr wieder live spielen? Wird es ein neues Album geben? Werdet Ihr nur ab und zu als eine Art Nebenprojekt für zwischendurch existieren? Klär uns doch mal auf!

Alex: Wir spielten bereits auf den Baroeg Rotterdam Dutch Doom Days. Wir werden auch auf dem Dordrecht Metalfest im Oktober und dem Dutchmetalheads Fest im Februar 2025 spielen. Wir wurden schon nach mehr Shows gefragt, werden also weitermache, und nicht nur zwischendurch. Neben Sad Whisperings spielen Aad und ich auch noch in einer Rammstein-Tribute-Band, die ebenfalls eine Menge Shows spielen. Und Jurgen ist Braumeister. Wir haben also alle viel zu tun. Wir werden aber eine große Auswahl an Shows spielen! In diesem Jahr konzentrieren wir uns aber hauptsächlich auf das neue Album. Wir haben elf Songs fertig. Die Demo-Aufnahmen finden im Juli statt. Ende des Jahres werden wir dann ins Studio gehen und das Album aufnehmen!

Daniel: Na gut, Alex! Danke für Deine Zeit! Dir gebührt noch das Schlusswort!

Alex: Alles traurige Flüstern geht an Euch!



Autor: Daniel Müller