Heute mal eine Band, die mir bis vor kurzem noch total unbekannt war. Da aber ihre Deutschland Shows ausverkauft sind, scheint es ja doch eine Menge Anhänger zu geben. Allerdings in einer Altersklasse weit unter unserer. So registrierte ich erstaunt, dass trotz ausverkauftem MTC keine riesige Schlange vor dem Eingang zu sehen ist. Nur eine Handvoll Menschen sind zum Zeitpunkt des Einlasses anwesend, was sich aber kurz vor Beginn dann schlagartig ändert. Jetzt ist es proppenvoll und trotz der Menge an Fans bleibt der Einsatz der Klimaanlage aus. Fototechnisch ist das logischerweise eine absolute Katastrophe. Nicht nur, dass man die an der Decke hängenden Scheinwerfer sehr sparsam bis gar nicht einsetzt, klar außer den Roten natürlich. Es ist zudem dermaßen feucht im Saal, dass regelmäßig die Linse des Objektivs komplett beschlägt. Aber okay, was soll es. Die Show entschädigt dafür, wenn sie auch für meinen Geschmack viel zu kurz ist.
Pünktlich geht es dann auch schon mit den Niederländern von Swain los. Ursprünglich startete man als Trio unter dem Namen This Routine Is Hell. Dann benannte man sich irgendwann in Swain um und legte als neuen Standort Berlin fest. Dort erweiterte sich die Truppe in 2015 auf ein Quartett. Und die Vier geben auch ordentlich Gas, soweit man das hören kann. Die Sicht ist dank der dürftigen Beleuchtung doch sehr mager. Der recht krachige Sound, der mitunter ein wenig an Nirvana in ihren ruhigeren Momenten erinnert, kommt jedenfalls beim Publikum sehr gut an und wird dementsprechend lautstark mit Beifall honoriert. Bandleader und Frontmann Noam Cohen ist sehr bewegungsfreudig und treibt den Rest der Kapelle, Boris Brouwer am Schlagzeug, Boy Tillekens an der Gitarre und eben der Neuzugang am Bass, Steffen Leppin, kontinuierlich an. Die Jungs machen ihr Ding durchweg ordentlich und trotz des düsteren Sounds, strahlt ihr Gitarren lastiger Grunge Rock jede Menge Optimismus aus. Die halbe Stunde Spielzeit, die man den Jungs zugestanden hat, rast jedenfalls ultraschnell vorbei.
Setlist: Infinite Child, Half Asleep Half Awake, Punkrock Messed You Up, Monochrome, Hoping For It, Joy, Kiss Me Hard, Never Clean My Room
Nun wird die Bühne für Mannequin Pussy angerichtet, was relativ fix erledigt ist. Warum man die Fans dann allerdings eine dreiviertel Stunde warten lässt, weiß nur der Himmel. Aber dann geht es endlich los und Sängerin und Gitarristin Marisa „Missy“ Dabice, Schlagzeugerin Kaleen Reading, Bassist Colins „Bear“ Regisford, Gitarristin Maxine Steen, die derzeit ein Crowdfunding für eine geschlechtsbejahende Operation laufen hat, sowie Tour Gitarristin Carolyn Haynes erscheinen relaxt auf der Bühne, um ab jetzt einen Orkan vom Zaun zu brechen. Die Truppe aus Philadelphia wurde bereits 2010 gegründet und hat sich eine treue Fanschar erspielt. Die gewählte Marschrichtung ist Indie Rock mit wütenden Punk Einlagen. Wenn man genau hinhört, sind durchaus Parallelen zu Gruppen wie L7, Babes in Toyland oder auch Hole zu erkennen. Trotzdem ist die Musik eigenständig mit eindringlichen Melodien und Texten. So überzeugt Marisa durch eine aggressive und energiegeladene Show. Wirkt sie in einem Moment zart und zerbrechlich wie ein Heideröschen im Wind, offenbart sich wenig später eine tollwütige Hyäne mit dem Gebrüll eines Löwen. Wie ein Derwisch fegt sie über die Bühne, während ihre Mitmusiker doch eher weniger Aktion verbreiten. Das Publikum frisst ihr jedenfalls aus der Hand und die Temperatur im Saal steigt unaufhaltsam an. Sie hat einiges zu erzählen, was natürlich die Anzahl der Songs drückt. Ich bin immer lieber für Musik während einer Show, aber auch hier ist die Menge an ihren Erzählungen und Monologen interessiert, wie man unschwer an den Reaktionen erkennen kann. Zudem zieht die Band das Tempo im letzten Teil gewaltig an, so dass die Meute im Saal tobt und pogt. Kurz vor Schluss packt sich dann Bassist Colins „Bear“ Regisford das Mikrofon, während Marisa derweil den Bass spielt. Nach einem klaren Statement gegen die Vereinigten Staaten von Amerika, gibt Colins dann eine brachiale Gesangseinlage zum Besten. So geht es dann auch schon dem Ende zu, nach wenig mehr als einer Stunde verlassen die Pussys die Bühne. Eine Zugabe gibt es leider nicht, wird aber vom ausgepowerten Publikum auch nicht wirklich gefordert. Tja, da sind wir Oldies anderes gewohnt, aber anscheinen sind die Jüngeren damit zufrieden.
Setlist: I Don’t Know You, Sometimes, Nothing Like, Patience, Control, Softly, Loud Bark, I Got Heaven, Of Her, Aching, Everything, Perfect, Clams, OK?OK!OK?OK!, Pigs Is Pigs, Emotional High, Romantic