I CUT YOUR NAME - TESTAMENT DER DEKADENZ


Label:BASTARDIZED
Jahr:2024
Running Time:53:54
Kategorie: Neuerscheinung
 

Aus dem Dreiländereck, genauer gesagt aus Rheinfelden kommen I Cut Out Your Name mit ihrem ersten Langspieler. Ganze neunzehn Tracks haben die sechs Jungs hier in die Rillen pressen lassen, was zur beachtlichen Spielzeit von vierundfünfzig Minuten führt. Beachtlich ist auch der Sound, der hier auf die Welt losgelassen wird. Crossover; aber nicht einfach so der übliche Crossover Sound, wie man es kennt. Hier trifft schneller modern gerockter Metal auf räudigen DIY-Deutschpunk. Dazu kommen etwas 90er Hardcore und eingestreuter Rap / Sprechgesang und etwas böse Death Growls. Das Ganze als durchgeknallt abzustempeln wäre zu kurz gegriffen, um den schönen Wahnsinn, der hier fabriziert wird, gerecht zu werden. Ganz im besten Punkrock Sinne bekommt hier alles und jeder sein Fett weg. Herrlich bösartig, teilweise ein wenig bizarr und schräg, auch wenn das meiste leider den Nagel nur zu gut trifft.

Toll in Szene gesetzt, meist übelst wütend voller angepisster Ironie, aber auch manchmal verzweifelt wird jedes Thema gelungen rübergebracht. Die reingesampelten Sprachfetzen aus Filmzitaten,Nachrichten-Fragmenten und ähnlichen Unfug unterstützen gezielt die Massage. Das zeigt im Zusammenspiel mit den beiden Sängern schon Wirkung. Einer der Schreihälse hört sich dabei wie der Bastard Sohn vom alten Novotny TV Sänger, falls die wirr kreischende alte D-Punk Kombo noch wer kennt. An die Band erinnert teilweise auch die Art, wie die Südbadener an Ihre Arrangements rangehen. Der Track „Gönn Dir“ ist da ein schönes Beispiel. Da ist viel Großartiges dabei, und die gewünschte Aufmerksamkeit vermittelt die ganze Scheibe komplett. Gerade wenn der Deutschpunk um sich tretend, kratzend, beißend und spuckend sich Bahn in den Vordergrund bricht, kommt das bei mir am besten an. Die bedrohliche Metal Soundwand zeichnet ein fast schon greifbares Gefühlschaos dazu.

Mittendrin brechen immer wieder die Rap Einlagen dazwischen und meist verleiht das den Tracks einen ganz eigenen Charakter. Inhaltlich zwar immer ein schöner Tritt in die Weichteile, aber einige Tracks holen mich musikalisch echt nicht ab, „Emoboy“ und „MDMA“ zum Beispiel. Unterm Strich trotz ein paar weniger gelungenerer Tracks ein echt interessantes Album, weil es einfach aus dem üblichen Rahmen fällt. Ein kleiner Sockenschuss und ein gerütteltes Maß an Misanthropie sind zwar nicht Bedingung, helfen aber beim Anhören der Scheibe. Dann stellt sich schon ein kleines, fieses Dauergrinsen ein.

Note: 7.5 von 10 Punkten
Autor: Frank Billek


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