Mr. Big kommen, warum auch immer, zum letzten Mal auf Welt-Tournee. Behauptet haben das schon viele Acts...manche sogar des Öfteren. Wie dem auch sei. Heuer habe ich mir den Stress eines Gigs in Köln gespart (zu viele Staus, kaum Parkplätze, das dumme Getue mit den Akkreditierungen) und bin gleich nach Maastricht gedüst, wo man überfreundlich behandelt wird. Außerdem haben wir das mit einem schönen Ausflug verbunden. Der wurde allerdings durch eine kleine dämliche Situation geschmälert, denn der Besuch der Höhle außerhalb der Stadt fiel ins Wasser, da man um 14:30 Uhr die letzte Führung macht (hier will man wahrscheinlich nach Corona immer noch kein Geld verdienen), Ist ja auch verständlich, der Lorenz knallt, die Leute sind vor Ort...da kann man schon mal dicht machen. Egal. Ich war zum ersten Mal in dieser Location zum Konzert, und mit der coolen Bar vorne an ist der Ort eigentlich vom Feinsten.
Aber es geht ja um die Musik, und mit Jared James Nichols, der in unserer Redaktion seit Jahren kein Unbekannter ist, wurde gleich Tabula Rasa gemacht. Ein beeindruckender Hüne, dieser Gitarrist und Sänger aus den Vereinigten Staaten von Amerika, der es genau wusste, wie er seine Präsenz auszuspielen hat. Jared hat im letzten Jahr eine selbstbetiteltes, immer noch aktuelles Album auf den Markt gebracht, das es zu promoten gilt. Ergo war das gesamt gespielte Material nicht mehr ganz so neu. Außer natürlich für die ganzen Leute, die ihn bislang nicht auf dem Schirm hatten. Und das waren komischerweise gar nicht so wenig Zuschauer. Und dennoch gab es für die energiegeladene Performance, die den Schweiß die Wände herunterlaufen ließ, frenetischen Applaus. Die Niederländer sind einfach mehr als höflich. Auf jeden Fall schien Jared´s „Pick-Less“-Gitarrentechnik in Maastricht auf fruchtbaren Boden zu stoßen. Acht Kracher gab der Meister mit seinem Team zum Besten, wobei Nummern wie zum Beispiel „Easy Come, Easy Go“, „Threw Me To The Wolves“ und „Bad Roots“ nicht fehlen durften. Nur den Cover-Track „War Pigs“ (Black Sabbath), verbunden mit „Mississippi Queen“, hätte ich nicht haben müssen. Jared James Nichols...gerne wieder.
Mr. Big wurden vom ersten Ton an in den Himmel gehoben. Man muss aber auch neidlos zugeben, dass mit Billy Sheehan am Bass, Paul Gilbert an der Gitarre und Live-Drummer Nick D´Virgilio (ex-Spock´s Beard), drei Ausnahme-Instrumentalisten am Werk sind. Zudem können sie singen, was dem Fronter Eric Martin am heutigen Abend ganz besonders in den Kram gepasst hat. War er anfänglich noch relativ gut bei Stimme, baute er im Verlauf des Konzertes deutlich ab und ließ die schwierigen Stellen weg oder übergab das Mikrofon an das Publikum. Ein weiterer Aspekt, der mir nicht ganz so lag, aber nur am Rande zu erwähnt werden braucht, war das unpassende Outfit von Mister Gilbert und seinem uncool gescheiteltem Altherren-Schnitt. Brauner Anzug, braune Schuhe...ganz wie Schauspieler Dan Aykroyd, wenn er eine konservative Rolle im Film übernimmt.
Aber für die Zuschauer war eh alles egal, denn jeder Song wurde komplett mit „Standing Ovations“ gefeiert, was schwierig zu erkennen war, denn es standen sowieso alle, haha. Dass man eine Best-Of-Compilation anstreben würde, war jedem von vornherein klar, und so gab es für die Meute vor der Bühne die handelsüblichen Beiträge wie „Addicted To That Rush“, „To Be With You“, „Alive And Kickin´“, „Just Take My Heart“, „Daddy, Brother, Lover, Little Boy“ mit dem obligatorischem „Electric-Drill“ Gitarrensolo, als auch die Cat Stevens-Cover-Nummer „Wide World“, die sich die Band zu Eigen gemacht hat. Was mir absolut auf den Senkel ging, waren fünf weitere Cover-Tracks, die ich jetzt hier nicht alles aufzählen möchte, und das Ewig-Solo von Billy Sheehan. Okay, „30 Days In The Hole“ (im Original von Humble Pie) wurde von Gästen unterstützt, und auch Mister Nichols kam hierzu noch mal zurück auf die Bretter, aber die Truppe hätte durchaus mehr eigenen Tunes ins Programm aufnehmen sollen. Dennoch war es für viele eine emotionaler Abend, und darum ging es ja.