Der Weg heute führt mich nach Bochum zur Matrix, eine Strecke die ich mittlerweile gerne vermeide. Der Staukollaps beschert einem auch heute wieder einen zweieinhalbstündigen Ritt dorthin. Aber zwei der insgesamt vier Bands heute, spielen erstmalig in unseren Breitengraden. Somit ist es quasi schon Pflichtprogramm, sich die Show anzusehen. Aufgrund eines ebenfalls geplanten Interviews, betrete ich die Venue bereits vor dem offiziellen Einlass und die nächste Überraschung stand an. Das Konzert heute findet im kleineren Rockpalast statt, nicht im größeren Saal der Matrix im Untergeschoß. Anscheinend sind wohl nicht so viele Tickets im Vorverkauf weggegangen. Und es bleibt tatsächlich überschaubar, mit geschätzten hundertfünzig bis zweihundert Zuschauern ist die Location nur mäßig gefüllt. Allerdings hätte ein wenig mehr Licht der Darbietung nicht geschadet!
Der Abend wird eröffnet von Catalyst Crime, eine Symphonic Metal Band, die 2017 als Projekt von Xandrias ex-Schlagzeuger Gerit Lamm und der amerikanischen Sängerin Zoe Marie Federoff (Live Keyboarderin von Cradle Of Filth) gegründet wurde. Keyboarder Jonah Weingarten (Pyramaze), Gitarristin Chëna Roxx und Gitarrist Kaelen Sarakinis sowie Bassist Matt Federoff vervollständigen das Line-Up. Alexander Krull (Leaves` Eyes, Atrocity) war von der Mischung aus dunklem Symphonic Metal mit progressivem Rock so angetan, dass er sich an die Regler setzte und das Debütalbum mitproduzierte. Und so zelebrieren Catalyst Crime ihren relativ kurzen Auftritt der ersten Deutschland Tour entsprechend motiviert und voller Elan. Auffallend ist, dass die beiden Damen die Durchschnittsgröße von Musikern im Allgemeinen deutlich überschreiten. Gitarristin Chëna strahlt dabei unentwegt in die Menge, was ihr unendliche Sympathie schenkt. Dazu bedient sie ihre Gitarre mit lässiger Perfektion. Die Stücke bewegen sich allesamt auf einem hohen Niveau und werden technisch perfekt in Szene gesetzt. Selbstredend rundet der glockenreine Gesang von Zoe, der in manchen Momenten an Simone Simons von Epica erinnert, die knackigen Melodien ab. Ohne Frage hat sich die Band sich in Deutschland schon eine Fan Gemeinde erspielt, wie die Reaktionen aus dem Publikum zeigen. Definitiv ist hier Potential für eine Karriere in höheren Sphären möglich, da sich die Truppe wohltuend aus der Masse hervorhebt.
Die zweite Runde wird von den aus Stockholm kommenden Metalite eingeläutet. Auch für diese Band ist die aktuelle Tour eine absolute Deutschlandpremiere. Waren doch mehrere geplante vorherige Tourneen ins Wasser gefallen, da Pandemie und kriegsbedingte Energiepreisexplosion es unmöglich machten auf Konzertreise zu gehen. Der Fünfer, bestehend aus der stimmgewaltigen Front Lady Erica Ohlsson, Edwin Premberg an der Gitarre, Robert Majd (Captain Black Beard) am Bass, Lea Larsson (ex-Imber) an den Drums sowie Robert Örnesved ebenfalls an der Gitarre geben auch direkt Vollgas und haben die Halle mit ihrem Dance Metal vom ersten Takt an im Griff. Das macht richtig Spaß und gute Laune. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich tatsächlich Befürchtungen, dass es sehr Disco lastig und so gar nicht Metalisch würde. Auf den bisherigen Long Playern, die nahe an Amaranthe oder auch Battle Beast liegen, allerdings mit deutlich kommerziellerem Einschlag, war man schon hart am Dance Bereich. Aber weit gefehlt, da ist Live ordentlich Druck und noch mehr Spielfreude am Start. Sängerin Erica gibt alles und auch die zweite Lady am Schlagzeug, Lea Larson haut ein gutes Pfund, während die Herren der Kapelle den Rest erledigen. Eine sehr schöne Show, die mich und auch den Rest der Halle zum mitrocken bringt. Da bleibt kein Fuß ruhig stehen und die Arme fliegen in die Luft, so geht Stimmung! Daher fliegt die Zeit rasend schnell vorbei, während die Temperatur in der Venue kontinuierlich steigt.
Weiter geht es mit einem alten Bekannten und seiner Kapelle NorthTale, deren Gründer Bill Hudson (ex-U.D.O., ex-Circle II Circle, Live-Mitglied bei Doro, I Am Morbid und unzählige weitere) sich mittlerweile einen festen Platz in der Metalwelt erspielt hat. Angesiedelt ist das Ganze im Powermetal, irgendwo zwischen Bands wie Stratovarius bis Edguy, nur mal so als grobe Einstufung. Interessant sind die verschiedenen Nationalitäten der Protagonisten, Bill Hudson ist Brasilianer, ebenso Sänger Guilherme Hirose (Traumer), am Bass werkelt der Slowenier Tilen Hudrap (Wartune), der Keyboarder Jimmy Pitts (Final Strike) ist Amerikaner und die Drums werden vom Schweden Patrick Johansson (Impellitteri) bedient. Gitarrist Bill geht natürlich wieder ab wie ein Zäpfchen und liefert seine bekannte Show ab. Bei dem Goldkehlchen Guilherme kann ich mir ein leichtes Schmunzeln allerdings nicht verkneifen. Mister Hirose kommt mir vor wie ein Miniatur Eric Adams (Manowar) mit der Fön-Frisur von Christian Anders (deutscher Schlagersänger). Ein aufgepumpter Blondie, dem die Natur allerdings eine hochgewachsene Statur verweigert hat. Aber das mindert natürlich nicht seine Qualitäten als Sänger. Spielerisch ist alles im Lot, der Fünfer liefert gut ab. Trotzdem finde ich die Besetzung im gesamten Line-Up des Abends nicht ganz geglückt. Sei es drum, alle hatten unter der Pandemie bedingten Ausfällen von Konzerten zu leiden und nutzen nun natürlich jede Möglichkeit das nach zu holen.
Setlist: Eternal Flame, Higher, Only Human, The Land Of Mystic Rites, Future Calls, Time To Rise, Shape Your Reality, Everyone's A Star, Outro
Nun ist es an der Zeit für den heutigen Headliner, die Wikinger Prinzessin Elina Siirala (Angel Nation) mit ihren Recken von Leaves` Eyes. Allen voran Mastermind Alexander Krull und dem Rest von Atrocity, ihrer zweiten Band sozusagen, allerdings dann ohne Elina. Und diese Truppe hat direkt die Meute im Griff, das Stimmungslevel steigt auf Maximum. Was natürlich zum Einem am phantastischen Gesang der Finnin liegt, sowie die harschen Töne von Herrn Krull. Aber auch der Klangteppich den die restlichen Musiker dazu weben, lässt die Menge hüpfen und feiern. Man ist soundtechnisch einmal mehr zusammengewachsen und egal ob alte oder neue Songs gespielt werden, es klingt wie aus einem Guss. Ein wahnsinniger Flow der dich packt und mitreißt. Es wächst von Mal zu Mal mehr zusammen. Mit Elina Siirala hat die Truppe einen echten Glücksgriff getan. Klar, die Thematik ist geblieben, es geht um große Schlachten, echte Männer, Wikinger und die von dieser Truppe gewöhnten Dinge halt.Es wird einfach eine geile Party gefeiert, mit allem was die Band an Trademarks im Programm hat. Natürlich auch die von den Fans erwartete Einlage, wenn Alexander Krull in Wikingermontur mit Schwert auf die Bühne kommt um Songs optisch zu untermalen. Zwischendurch gibt es dann noch eine Runde Vodka für die Musiker auf der Bühne und die Front Row. Und Elina, ganz Finnin, kippt mit einem herzhaften „Kipis“ das Gesöff auf Ex runter. Angestachelt durch Alex gibt sie dann auch eine Kostprobe ihrer perfekten Deutschkenntnisse zum Besten. Schließlich wohnt sie seit einigen Jahren im Süden der Republik. Alles in allem eine Show wie man sie von Leaves` Eyes erwartet und noch ein bisschen mehr. Logischerweise geht hier nichts ohne Zugabe, die auch gerne gegeben wird. Ein abwechslungsreicher Abend neigt sich dem Ende zu und die Musiker der verschiedenen Kapellen finden sich am Merchandise Stand ein, um Autogramme und Fotowünsche zu erfüllen. Hier werden keine überteuerten Meet and Greet Tickets verkauft, nein ganz im Gegenteil weiß man die Loyalität der Fans wertzuschätzen!
Setlist: Intro – Death Of A King, Chain Of The Golden Horn, Hammer of The Gods, Across The Sea, Serpents And Dragons, Edge Of Steel, Who Wants To Live Forever, Dark Love Empress, Sign Of The Dragonhead, My Destiny, Swords In Rock, Hell To The Heavens, Farewell Proud Men, Forged By Fire, Galeids Of The Vaeringjar