POWER PUNK BIRTHDAY BASH

Köln, Trafic, 16.03.2024

uniporn einleitungDa gibt es doch tatsächlich in Köln noch Locations, die ich noch nie zuvor besucht habe, da sie mir bisher vollkommen unbekannt waren. So führte mein Weg heute ins Trafic, eine Diskothek mit einer kleinen Bühne, auf der wohl regelmäßig Veranstaltungen laufen. Unweit dieses Ladens befand sich der legendäre Empire Club, in dem Iron Maiden vor vielen Jahren mal eine warm Up Show unter falschem Namen gespielt haben. Aber das ist Geschichte. Praktischerweise kann man in der Tiefgarage des benachbarten Supermarktes für einen schmalen Taler parken. Die Anfahrt mit dem öffentlichen Nahverkehr ist dagegen eher eine Herausforderung. Organisiert wurde der heutige Abend mit insgesamt fünf Bands von Uniporn Front Lady Olga Love, die wenige Tage zuvor Geburtstag hatte. Da ich immer offen für neue Kapellen aus dem Underground bin, finde ich mich dementsprechend erwartungsvoll an der Venue ein. Zudem ergab sich kurzfristig auch ein Interview Termin mit Olga. Also bin ich sehr gespannt, was der Abend denn so bringen wird.

 

jana jindra live2024Als Opener hatte man die Künstlerin Jana Jindra, die ebenfalls vor einigen Tagen Geburtstag hatte engagiert. Die gebürtige Hamburgerin, die aber in Köln lebt, sieht sich selber als Botschafterin der Meere und kämpft für deren Erhalt. Jana Jindra möchte mit ihrer Musik und Kunst das Bewußtsein für den Zustand unserer Ozeane und den damit verbundenen Verhaltenswandel hin zu einem meeresfreundlichen Lebensstil schärfen. Treffenderweise bezeichnet sie ihre Musik so auch als Meerjungfrauen Pop, was sich in ihrem Bühnenoutfit ebenfalls zeigt. Die hochgewachsene Dame, die mit entsprechender Perücke und einem aus Muscheln gefertigten Bikini Top ihre Kompositionen präsentiert, begleitet sich dabei selber am Klavier. Ihre tiefgründigen Songs erinnern mich ein wenig an die Musik von Lana Del Ray oder auch Florence And The Machine. Schade, dass noch nicht mehr Zuschauer den Weg hierhin gefunden haben, so spielt sie ihr Set vor nur wenigen Menschen. Diese aber honorieren die Performance mit entsprechendem Applaus.

 

manic liberation live2024 Nach kurzem Umbau steigen nun Manic Liberation auf die Bühne. Eine ebenfalls in Köln ansässige Truppe, die ich anfangs nicht so recht zuordnen kann. Rein optisch hätte ich auf eine Lehrerband getippt. An sich eingängige Melodien, die plötzlich total zerstört werden, um dann wieder in eine komplexe Harmonie überzugehen. Je länger die Jungs auf der Bühne stehen, desto mehr findet man auch den einen oder anderen Tritt auf das Gaspedal. So richtig warm werde ich mit der Musik allerdings nicht. Nun ja, Geschmäcker sind eben verschieden. Da sie auch in Clubs wie das Kult 41 oder im Blue Shell unterwegs sind, scheint man aber eine entsprechende Zielgruppe gefunden zu haben. Und dafür gibt es auch heute mehr wie einen Anstands Applaus für den krautigen Punkrock der Herren.

 

uniporn live2024 1Jetzt wird es Zeit für den Gastgeber, The Uniporn Band aus der Domstadt, die ihre Musik als Sexy, Angry Glam Punk bezeichnen, legen gepflegt los. Übersehen kann man die Band jedenfalls nicht, steht doch Front Lady Olga Love im knallroten Lackkleid mit ebensolchen Overknees und einer roten Gitarre im Mittelpunkt des Geschehens. Hier zündet der Funke sofort und auch die Mitmusiker lassen erkennen, welchen Spaß sie auf der Bühne haben. Allen voran Gitarrist Marius, der wie ein aufgedrehtes Duracell Männchen das Publikum zu begeistern weiß. Bassist Mark Grossmann, der mich optisch unheimlich an Aliki Katriou, die Sängerin von Eight Lives Down, erinnert. Man könnte meinen sie wären Geschwister. Während seines Auftrittes glänzt er mit feinen Grimassen und zeigt, wieviel Spaß im das Ganze macht. Nicht zu vergessen natürlich auch der Mann an der Schießbude, Mister Wendel Ex , der schon bei den Yeti Girls aktiv dabei war. Übrigens, entgegen dem Namen, eine reine Männercombo. Für einen Newcomer liefern die Vier Musikanten hier eine klasse Show ab. Zwischendurch gibt Olga immer wieder kleine Ansagen zum Besten, natürlich auch ganz kokett in Anspielung auf ihren Geburtstag „Schon wieder fünfundzwanzig“.  Und bei dem Song „Miss Police“ trägt sie dann Polizeikappe und Dienstmarke. Einzig der Mann am Mischpult hat anfänglich seine Hausaufgaben nicht gemacht, daher bleibt der Gesang bei einigen Liedern auf der Strecke und ist nicht hörbar. Im Verlauf des Auftritts bessert es sich aber zum Glück dann doch noch. Allein für diese Band hat sich der Besuch mehr als gelohnt.

Setlist: Mess Around (Intro), The Neighbor John, About Ohio Boy, The Way You Are, Music in My Head, Coming Hard, Pushing Too Hard, Lost On An Island, Full Moon Song, Miss Police, She’s Gotta Right, Beauty Of The Music, Sex And Music

 

 

pizza death live2024Als nächstes sind nun Pizza Death aus Berlin an der Reihe und ich sage nur Hellyeah, was für ein Brett bläst mich da gerade weg. Bitte nicht verwechseln mit der gleichnamigen Truppe aus Melbourne in Australien! Eine hochenergetische Mischung aus frühen Metallica, gepaart mit alten Turbonegro oder ähnlichen Kapellen flutet wie ein Tsunami den Raum. Die Jungs machen keine Gefangenen, es gibt voll auf die Zwölf ohne Rücksicht auf Verluste. Allein die beiden Gitarristen, davon einer im zünftigen Metallica Shirt, sind schon eine Nummer für sich. So schnell kann ich gar nicht gucken, wie die Finger über die Saiten flitzen. Absoluter Wahnsinn! Dazu präzises Schlagwerk auf den Punkt und ein Sänger der den Laden entertaint. Das macht Laune und viel zu schnell ist die Spielzeit vorüber, naja keine Kunst bei den Hochgeschwindigkeit Songs. Sollte die Truppe mal wieder in unseren Breitengraden unterwegs sein, könnte sie schon mal einen Platz vor der Bühne für mich reservieren.

Setlist: Smash The Flies, TBI, Deaf Cat (R.I.P.), Kung Fu, Acid Metal Parking Lot, Insane, Tiger Song, Fun House, Nosestall Suicide, Selfdestruction, Stooges, Rifle Song, Wipers

 

wüt live2024Die Uhr rückt unnachgiebig Richtung Mitternacht und es erscheint die für heute letzte Band Wüt ebenfalls aus Berlin. Hier spielt nun ein gemischtes Doppel auf, Bass und Gesang sind von zwei Ladies besetzt, während Gitarre und Schlagzeug den Herren überlassen wird. Sängerin Ronki ist wohl mehr beim Growlen zu Hause, während Eizen am Bass, Gitarrist Raue und Schlagzeuger Olzn mit Vollgas durch ihr Programm knüppeln. Mächtig Druck und Aggressivität lassen sogar einen kleinen Mosh Pit entstehen. Die kritischen bis garstigen Texte sind zwar größtenteils in deutscher Sprache, allerdings aufgrund des Growlens für mich kaum zu identifizieren. Was allerdings bei der  stilistischen Ausrichtung in den meisten Fällen so ist, egal in welcher Sprache die Texte gesungen werden. Da haben mich persönlich die Vorgänger mehr begeistert. Aber man kann es nicht jedem Recht machen und wer heute für kleines Geld ein Ticket gekauft hat, der konnte fünf neue Bands erleben, das hat ja schließlich auch etwas.

Setlist: Produkt, Mordfabrik, Disco, Disrupt, Flucht, Party, Potato Crust, Soundcheck, Sucht



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Pistol Schmidt