Udo Dirkschneider ist das Aushängeschild für deutschen Metal seit fast fünfzig Jahren. Der Mann der vor zwei Jahren seinen Siebzigsten gefeiert hat, gibt auch im Alter Gas ohne Ende. Neben regelmäßigen Alben-Veröffentlichungen tourt er auch weiter unermüdlich durch die Welt. Leider sind seit zwei Jahren ein großer Teil der normal üblichen Tour-Dates, durch den Russland/Ukraine Krieg weggebrochen. Denn in beiden Ländern hat der Tank auch eine Menge Fans. Das dieses Jahr gebündelte Tour-Package hat es in sich. Keine geringeren als Primal Fear, die Power-Metal Band um Ralf Scheepers und Mat Sinner geben sich als Special Guest die Ehre. Eine für den Metal-Fan sehr interessante Kombination. Somit war auch ein Großteil der Konzerte ausverkauft. Auch die Turbinenhalle platzt aus den Nähten. Ralf Scheepers war bekanntlich in den Neunzigern, als Rob Halford auf Abwegen und vor der Gründung von Primal Fear, einer der heißesten Kandidaten für den Job des Judas Priest Sängers. Das Rennen machte dann Ripper Owens, aber Ralf wäre ein gleich guter Ersatz gewesen.
Die Stimmung war erwartungsvoll in der Turbinenhalle und um Punkt zwanzig Uhr legten Primal Fear mit "Chainbreaker" vom ersten Album los. Das letzte Werk "Code Red" erschien im September letzten Jahres und der Stil von Primal Fear wurde darauf konsequent weitergeführt. Warum die Truppe jedoch bisher nicht den Status vom heutigen Headliner erreichen konnte, ist mir schleierhaft. Mat Sinner als auch Drummer Michael Ehre wurden temporär für diese Tour aus gesundheitlichen Gründen durch Drum-Tausendsassa Andre Hilgers (ex-Rage) und Alex Jansen (ex-Mennen) am Viersaiter ersetzt. An der Stelle gute Besserung für die beiden. Als dritter Song wurde mit "The World Is On Fire" die erste Nummer der aktuellen Langrille gespielt, welche sich nahtlos in die bisherigen Gassenhauer einfügte. "Finale Embrace" vom "Jaws Of Death"- Album folgt als weiterer Hammer von ganzen dreizehn Titeln heute Abend. Der Sound von Primal Fear war aber leider der typische Vorgruppen- Sound. Die Songauswahl des Fünfers bestand jedoch nicht nur aus Powermetal-Geballer. Die Setlist beinhaltet auch getragene Titel die durchaus in die Ecke Queensryche hätten passen können. An den Gitarren agiert für mich eine der besten Gitarren-Duos der Welt: Alex Beyrodt und Tom Naumann. Die beiden sind Könner ihres Faches wie wenige andere. Schon in den Neunzigern waren sie zusammen bei Sinner aktiv und hatten mich schier umgehauen. Insgesamt betrachtet war dieser Gig eine saubere Leistung einer nach wie vor sehr guten Band. Als Zugabe gibts noch "Running In The Dust" vom ersten Album zu hören und eine begeisterte Headbangerschaft war bestens für den Headliner aufgewärmt.
U.D.O. legte nach der Einleitung in Form vom AC/DC Song "Thunderstruck" und darauffolgendem Intro mit "Isolation Man" vom neuen Longplayer "Touch Down" voll los. Die Band um den Tank war wie immer in Hochform und der Chef präsentierte sich wie gewohnt bewegungstechnisch etwas betagter aber in stimmlich bester Form. "Break The Rules" aus der ersten U.D.O-Phase folgt und zeigt, dass die Songs von Udos Solo-Alben den Accept -Kompositionen in nichts nachstehen. "Forever Free", ebenfalls vom neuen Album ist eine typische U.D.O-Nummer beweist die beständige Qualität seiner Alben. "Independence Day" - der Song vom 1997er Comeback-Album, mit dem Udo damals die neue Ära seiner Band einläutete, ist eine unverzichtbare Hymne. So auch "The Wrong Side Of Midnight" und "Fight For The Right" vom aktuellen Opus mit einem Gitarren-Solo von Andrey Smirnov. "Heart Of Gold", einer der U.D.O- Songs für die Ewigkeit vom „Faceless World“ Album, bringt die Fans dann so richtig zum Toben. Auch das getragene "In The Darkness" darf nicht fehlen inmitten dessen sich dann Gitarrist Dee Dammers ebenfalls mit einem Solo präsentiert. Der Stampfer "Man And Machine" vom gleichnamigen Album, "Pain", "Metal Never Dies" folgen und geben den Fans keine Chance zum Verschnaufen. Die "Steelfactory" Hymne "One Heart One Soul" und "Touchdown" sind das Ende des offiziellen Teils. Als Zugaben kommen "I Give As Good As I Get“, Supersong "Holy", "They Want War", "Animal House" vom Erstling und das Queen-Cover "We Will Rock You" von Udos Solo Scheibe 2022 zu seinem 70sten. Bei den letzten drei Songs kam Ur-Gitarrist Matthias Dieth mit auf die Bühne und bewies, dass er trotz langer Abstinenz nichts von seinem unfassbaren Können verlernt hat. Für viele, mich eingeschlossen, ist und war Mathias nicht nur einer der besten Gitarristen weltweit, sondern auch der U.D.O-Axeman überhaupt. Kein anderer hat den Sound der Band dermaßen geprägt wie der gebürtige Schwabe. Alle anderen die nach ihm kamen waren auch Könner vor dem Herrn aber Mathias hatte bei U.D.O eben einen Stellenwert wie Steve Stevens bei Billy Idol. Wie schön wäre es, wenn er wieder fest zur Band zurückkehren würde. Dies wird aber nicht eintreten, da Mathias als promovierter Anwalt etabliert ist und ihm somit dazu die Zeit fehlt. An der Gitarre ein Genie und noch im normalen Leben noch eine Top-Karriere, das gibt es so schnell nicht. Udo, Peter Baltes und Mathias mal auf einer Bühne zu erleben war wahrlich schon eine Wonne. Bei Peter Baltes möchte man gar nicht glauben, dass der Mann schon Mitte sechzig ist so wie er über die Bühne fegt. U.D.O, auch ohne einen einzigen Accept-Song in der Setlist, sind nach wie vor eine Bank und der Chef noch lange nicht in Rente. Hoch lebe U.D.O!