Daniel: Hi James! Lass uns mal ganz von vorne anfangen: Wann und wie habt Ihr zusammengefunden?
James: Die meisten von uns kannten sich schon durch die lokale Szene in Hull, wo man zum Teil schon gemeinsam musiziert oder im Laufe der Jahre mit anderen Bands zusammen gespielt hatte. Jim (Gesang) und Mike (Schlagzeug) sind etwas älter als der Rest der Band und haben bereits in den Neunzigern gemeinsam Musik gemacht. Phil und ich waren nach der Jahrtausendwende in einer lausigen Metalcore-Band, die niemals vorankam, haha! Um 2010 herum gründeten Jim, Mike und Phil eine neue Band, die aus vielen Musikstilen und Bandnamen hervorging und woraus 2013 dann schließlich Mastiff wurde. Ich kam 2016 hinzu, als sich ihr damaliger Gitarrist dazu entschlossen hatte, keine Musik mehr zu machen. 2017 stieß schließlich noch unser Basser Dan zu uns, der als einziger von uns nicht aus Hull kommt. Sein Vorgänger wollte sich lieber einer anderen Band widmen. Seitdem haben wir aber ein stabiles Line-Up!
Daniel: Hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt?
James: Ja, wie bereits erwähnt, gab es schon eine ganze Weile einige Kombinationen mit unserer Beteiligung. Allerdings kamen alle anderen Bands nie über den lokalen Bekanntheitsgrad hinaus, außer wenn wir an einem Wochenende mal in einer anderen Ecke gespielt haben. Dies ist das erste Mal für uns alle, dass bei einer größeren Menschenmasse Aufsehen erregen!
Daniel: Was bedeutet der Bandname Mastiff eigentlich? Und woher stammt er?
James: Mastiff ist natürlich der Name eines großen, grimmig guckenden Hundes (also eigentlich eher ein freundlicher Riese, was viel besser zu uns passt, haha!). Ursprünglich wurde die Band nur gegründet, um bei einem Battle Of The Bands aufzutreten. Ihr Bandname war damals aber sehr nichtssagend. Mastiff klang dagegen ziemlich gemein, also haben sie dann unter diesem Namen weiter gemacht. Es ist mit Sicherheit nicht der coolste Name von allen, aber wir sind da jetzt hineingewachsen und könnten uns nur noch schwer davon trennen. Wenigstens haben wir ein krankes Logo, sodass wir einfacher damit leben können, haha!
Daniel: Ich kenne mich mit Sludge und Hardcore, ehrlich gesagt, nicht sonderlich gut aus... Für mich wäre es also interessant ́zu wissen, welche Bands Euch musikalisch beeinflusst haben!
James: Wir reden hier wahrscheinlich von zwei Kategorien. Jeder von uns hat verschiedene Einflüsse. Aber es gibt auch Bands, mit denen wir alle fünf etwas anfangen können, wenn es um unsere Musik geht. Wir liegen in erster Linie im Heavy-/Alternative-Bereich. Phil ist dagegen ein großer Hardcore-Fan. Dan hört vor allem Noise und so experimentelles Industrial-Zeug. Phil mag The Acacia Strain und sogar Taylor Swift. Mike liebt alten Punk, und ich bin mehr so der angeschwärzte Hardcore- und Grindcore-Typ. Aber wir können uns alle auf Bands wie Napalm Death, Nails oder Converge einigen – Bands, die räudig klingen, aber auch wissen, wie man verrückt und Sludge-mäßig klingen kann.
Daniel: Wovon handeln Eure Texte? Und steckt eine bestimmte Kernaussage dahinter?
James: Unsere Texte legen den Fokus auf die negativen Aspekte des Lebens, falls Du Dir das vorstellen kannst, wenn Du Dir unsere Musik anhörst! Wir kommen alle aus der Arbeiterklasse aus dem Norden Englands, also ist bei uns vieles anti-konservativ veranlagt. Es geht um Erfahrungen des Verfalls der Wirtschaft, des generellen moralischen Bankrotts unserer Regierung usw. Das neue Album handelt von diesen Dingen, und ich würde sagen, es hat auch einen persönlichen Bezug. Es wurde inspiriert durch persönliche Traumata und Leiden, die bei uns hinterlassen wurden und die dazu geführt haben, dass wir uns hohl und leer fühlen.
Daniel: Bislang lagen zwischen all Euren vier Studio-Alben immer genau drei Jahre. Wie lange haben das Songwriting und die Aufnahmen zu Eurem neuen Album „Deprecipice” denn tatsächlich gedauert?
James: Weil es bei Vinylpressungen und bei Releasedates der Plattenfirmen immer wieder zu Verzögerungen kommt, lassen wir immer ein bisschen Spielraum zwischen den Aufnahmen und den Veröffentlichungen. Dieses Mal hat es aber noch etwas länger gedauert, weil ich ja zwischenzeitlich auch noch zur Band stieß. Es gab aber auch logistische Gründe. Normalerweise fangen wir nach einer Veröffentlichung nicht sofort wieder mit dem Songwriting an. Und auch das ist hier der Fall gewesen. Bei den alten Alben ist aber zwischendurch noch sehr viel mehr anderes passiert. Wir waren also nicht immer sofort auf das nächste Album fokussiert. Seit „Leave Me The Ashes Of The Earth" sind wir dreimal auf Tour durch Großbritannien gewesen. Eine davon war recht groß, als Opener für Avatar. Also haben wir 2021/´22 mehr Zeit mit den Proben für die Tourneen verbracht als normal. Es hat allerdings dieses Mal auch länger gedauert, neues Material für „Deprecipice” anzusammeln als sonst. Wir hatten das Studio schon für den Spätsommer 2022 gebucht und mussten noch einmal alles um acht Monate nach hinten verschieben, weil wir wirklich nur das beste Material haben wollten, bevor wir es aufnahmen. Wiir kamen daher erst im Frühjahr 2023 dazu. Wir haben demnach über ein Jahr an dem Album gearbeitet. Es fühlt sich für uns aber zum Glück immer noch frisch und neu an.
Daniel: Wo habt Ihr aufgenommen, und wer hat produziert?
James: Wie schon bei „Leave Me The Ashes Of The Earth" haben wir das Album im Nø Studio in Manchester mit Joe Clayton aufgenommen, der nicht nur bei den hervorragenden Pijn und Curse These Metal Hands spielt, sondern auch schon an den Reglern für tolle Bands wie Geist, Underdark, Wallowing, Ithaca und einigen anderen gesessen hat. Wir hatten ihn kennengelernt, als wir 2019 gemeinsam mit seiner Ex-Band Leeched auf Tour waren. Wir hatten das Gefühl, er wusste, wo wir herkommen, und wir hatten eine tolle Zeit, als wir gemeinsam an dem Album gearbeitet haben. Deswegen sind wir für „Deprecipice" auch nirgendwo anders hingegangen.
Daniel: Von wem stammt das Cover-Artwork? Und wie seid Ihr mit dem Künstler in Kontakt gekommen?
James: Wie auch bei „Leave Me The Ashes Of The Earth" wollten wir wieder mit demselben, intakten Team zusammenarbeiten. Wir waren nämlich sehr glücklich damit, wie die Dinge fürr das Album zusammenkamen. Deswegen haben wir auch für „Deprecipice" erneut auf Paul Holbrook-Phillips zurückgegriffen, der unter dem Namen True Spilt Milk Designs arbeitet. Er hat nicht nur an unserem letzen Album, sondern auch an unseren Merchandise-Artikeln gearbeitet. Wir konnten uns keinen Besseren als ihn dafür vorstellen. Er hat hervorragende Arbeit abgeliefert, denn wir hatten ihm nur minimale Vorgaben gemacht. Wir hatten ihm zu dem Zeitpunkt nur den Albumtitel genannt und ein paar Demos vorgespielt. Und er legte einfach los und hat uns seine eigene Interpretation vorgelegt. Heraus kam das Bild eines fallenden Mannes, der in der Leere zwischen zwei endlos aufgewühlten Meeren gefangen ist.
Daniel: Das Album wurde von MNRK Heavy veröffentlicht. Wie seid Ihr mit dem Label in Kontakt gekommen? Und kanntet Ihr bereits frühere Veröffentlichungen von ihnen?
James: Wir kamen über Vitamin B an MNRK Heavy ran. Unser Freund Smittens, der auch Bass bei Calligram spielt, arbeitet regulär dort. Wir spielten ein gemeinsames Konzert, kurz bevor die Corona-Pandemie ausbrach, und im Suff sagte er uns, dass er das, was wir als nächstes aufnehmen, bei der Plattenfirma einreichen würde, um vielleicht noch einmal gemeinsam touren zu können. Ende 2020 nahmen wir „Leave Me The Ashes Of The Earth" in Eigenregie auf und haben Smittens unsere ungemasterte Version geschickt, weil wir dachten, „Warum nicht?”, und ein paar Wochen später kam er zu uns und sagte, dass das Label unser Album liebte und gerne veröffentlichen würde. Das war natürlich ein Schock für uns, aber wir waren auch überglücklich. Und es macht wirklich Spaß, mit diesem Label zusammen zu arbeiten. Sie lassen uns freie Hand, und wir können machen, was wir wollen. Sie hatten vor uns schon Bands unter Vertrag, die wir lieben, unter anderem High On Fire, Crowbar, The Contortionist, Creeping Death – aber seit wir dort unter Vertrag sind, sind noch viele weitere, unglaubliche Bands dazugekommen: Darkest Hour, Underoath, Rolo Tomassi und The Callous Daoboys. Das ist uns wahrlich eine Ehre!
Daniel: Das Album wurde auf CD und LP veröffentlicht. Wie wichtig ist es Euch, Eure Alben noch in physischen Formaten rauszubringen? Ist es für einen Musiker nicht viel schöner, einen richtigen Tonträger in den Händen zu halten? Oder ist Euch das egal?
James: Für uns ist das sehr wichtig, unsere Alben in physischen Formaten zu haben! Die Streaming-Dienste behandeln Bands nicht gerade gut. Auch wenn es natürlich dumm wäre zu sagen, dass sie keine wichtigen Mittel wären, um unsere Musik zu verbreiten und überall zugänglich zu machen. Aber wir sind alle auch Sammler mit Herzblut. Aber ich wunder mich auch immer, wie unbeständig digitale Plattformen sind und Dinge einfach entfernen können. Du kannst ein Album nur dann besitzen, wenn Du eine CD, eine LP oder ein Tape kaufst! Das erste Mal, als eines unserer Album auf Vinyl gepresst wurde – das war 2019 – war für uns ein bahnbrechender Moment! Jeder kann eine CD mit einem Drucker und einem Brenner im Prinzip zu Hause herstellen. Aber eine farbige LP in unsere Händen zeigte uns dass wir schon so etwas wie eine richtige Band waren, haha!
Daniel: Spielt Ihr eigentlich auch live? Und habt Ihr vielleicht auch scjon einmal bei uns in Deutschland gespielt?
James: Wir spielen so viel wie möglich, aber wir sind schon relativ alt, verglichen mit anderen Bands in der Szene, und sind nicht so flexibel mit unseren Zeitplänen, wie wir es gern wären. Die meisten von uns haben Kinder, und jeder hat einen normalen Job. Wir können also nicht wochenlang auf Tour sein. Wir müssen also schon genau planen, wann und wo wir spielen. Ich hoffe, dass wir eines Tages mal aus Großbritannien rauskommen, um ein paar Shows in Europa zu spielen. Das ist auf jeden Fall noch eines der Ziele, die wir auf unserer To-Do-Liste stehen haben!
Daniel: Euer Bassist Daniel Dolby und Euer Schlagzeuger Michael Shepherd spielen zeitgleich noch bei Catafalque, die - ebenso wie Ihr – Doom- und Sludge-Einflüsse verarbeiten. Wo liegen für Duich genau die Unterschiede zwischen beiden Bands; sowohl musikalisch als auch textlich?
James: Catafalque sind auf jeden Fall ein völlig anderes Beast als Mastiff. Während es bei Mastiff eher um direkte Aggressionen geht, sind Catafalque eher esoterisch und ausufernd, wenn auch auf eine sehr grimmige, unerbittliche Art und Weise. Zu den textlichen Unterschieden kann ich Dir nichts sagen, weil ich nicht weiß, worüber Dan bei Catafalque singt. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es da um sehr unangenehme Dinge geht.
Daniel: Könntet Ihr Euch vorstellen, mit beiden Bands gleichzeitig zu touren? Oder ist das vielleicht schon einmal passiert?
James: Wir haben letztes Jahr zusammen auf einem Festival in Edinburgh gespielt. Wir waren Headliner auf einer Bühne, und danach hatten Dan und Mike etwa vierzig Minuten Zeit, um ihre Sachen zu packen, alles rüber zu karren und wieder aufzubauen. So schnell habe ich die beiden noch nie ackern sehen, haha! Sie haben allerdings eine geile Show abgeliefert! Sie haben alles gegeben, konnten nach unserem Gig aber auch gut runterfahren. Es steht außer Frage, dass wir noch mehr gemeinsame Gigs spielen würden, aber ihr drittes Mitglied wohnt sehr weit von uns entfernt. Ich denke, dass Ihr Probezeitplan daher sehr knapp bemessen ist. Außerdem ist es schon echt körperliche und emotionale Arbeit, mit Mastiff live zu spielen. Deswegen glaube ich nicht, dass Dan und Mike das auf Dauer überleben würden, sich zweimal am Abend den Arsch aufzureißen, haha!
Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Mastiff aus?
James: Wir haben das letzte Jahr fast ausschließlich damit verbracht, an diesem Album zu feilen. So lange hat es bislang noch nie gedauert. Deswegen sind wir auch froh, dass es jetzt endlich fertig ist und das Licht der Welt erblicken wird. Wir starten unsere Tour durch Großbritannien am Tag der Veröffentlichung. Ansonsten sind aber nicht so viele weitere Auftritte geplant bisher. Wir werden also vermutlich wieder neue Songs schreiben, wenn die Tour vorbei ist. Und wir hoffen, dass es dieses Mal wieder weniger Zeit in Anspruch nehmen wird. Damit werden wir also wohl bald schon beginnen.
Daniel: Na gut, James! Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast! Dann gebührt Dir noch das Schlusswort!
James: Vielen Dank dafür, dass Du unserer dummen Band so tiefgründige Fragen gestellt hast, haha! „Deprecipice” erscheint am 22.03.2024. Bitte klickt auf unsere Seiten, nehmt Kontakt zu uns auf, und erzählt uns, ob Ihr es mögt oder nicht!