Es ist Sonntagmittag und der Weg führt einmal mehr ins De Bosuil nach Weert, in unserem netten Nachbarland mit dem prächtigen Käse und für den einen oder anderen, die recht geruchsintensiven Kräuterzigaretten. Sehr angenehm ist dazu der Umstand, dass in dieser Location die Sonntags Konzerte schon am frühen Nachmittag beginnen und dementsprechend auch zeitig Schluss ist. Wenn dann Montag Früh die Werksirene ertönt, ist das ein klarer Vorteil. Schließlich musste man nicht die halbe Nacht für die Heimfahrt opfern. Parkplatzmangel ist hier ebenfalls ein Fremdwort. Auf dem Gelände gibt es diese in Hülle und Fülle. Eigentlich ideal um hier mit dem Camper zu parken, nur leider ist das Übernachten im Fahrzeug auf öffentlichen Plätzen nicht gestattet. Und die niederländische Polizei ist da recht humorfrei. Eine halbe Stunde vor Showbeginn ist der Einlass und die Menschen strömen in den Saal. Auch das läuft hier absolut stressfrei ab, dazu eine bewachte Garderobe zum Nulltarif. Schöner kann es kaum sein.
Dann geht es auch schon los mit dem Opener Ché Aimee Dorval und ihrem Gitarristen. Der aufmerksame Musikfan weiß natürlich, dass die junge Dame Teil des Country-Rock-Duos Casualties of Cool ist. Der Duo Partner dieser Formation ist kein geringerer als Mister Devin Townsend himself. Natürlich ist er heute nicht mit von der Partie, aber mir als geborener Kölner erschließt sich hier eine unserer Lebenseinstellungen „Man kennt sich, man hilft sich“ Schließlich hat Anneke van Giersbergen schon etliche Kooperation mit dem Kanadier Townsend in ihrer Vita. Also gibt es hier für seine Kollegin auch einmal die Chance auf einen Support Slot. Das zierliche Mädel aus Vancouver betört mit einer wunderbaren klaren Stimme und gefühlvollem Gitarrenspiel. Obwohl ich mir solch einen Auftritt in einem kleinen intimen Club weitaus besser vorstellen kann, als hier vor ein paar hundert Zuschauern in einem fast ausverkauften Saal. Denn leider hat nicht jeder die Disziplin, eine solche Darbietung einmal leise und mit dem nötigen Respekt zu genießen, ohne lautstark mit seinen Nachbarn zu plappern. Doch so lausche ich dem, ich nenne es mal Erwachsenen Pop, was die beiden da auf der Bühne zum Besten geben. Natürlich kommt einiges vom Band, wie die Percussion und anderes, da der Rest der Band in Kanada sitzt und es zu teuer gewesen wäre alle einzufliegen, wie Ché erklärt. Nach einer knappen Dreiviertelstunde ist der Auftritt dann auch schon vorbei und ich denke die Lady hat sich den einen oder anderen neuen Fan ersungen und erspielt.
Setlist: Try, Sorta Loves, Buried, Art Of Dying, Flight, Loveless, Blood Red, The Crowned
Nach kurzem Umbau, oder besser gesagt Abbau des Materials der Vorband, erscheinen nun die Mitglieder der Band um Anneke van Giersbergen oder einfach nur Annie, wie sie hier liebevoll genannt wird und auch für sich selbst diesen Namen benutzt. Nicht weniger als sieben Mitstreiter, besetzen nun ihre Posten, während Annie unter kräftigem Beifall als Letzte auf der Bühne erscheint. Heute mal ganz ungewohnt in schwarz, bis auf die farbenfrohen Stiefeletten in knalligem lila. Natürlich werden die anderen Musikanten dem Publikum zu einem späteren Zeitpunkt vorgestellt, aber ich greife hier mal vorweg. An der Violine geigt die wunderbare Allie Summers und steuert auch die Backing Vocals bei, die fantastischen Gitarristen Daan Koch (ebenfalls an den Backing Vocals) und Gijs Coolen, am meisterhaft gespielten Saxophon Mister Edward Capel, der Virtuose am Bass Roel Blommers und Keyboarder Thijs Schrijnemakers, sowie laut eigenem Bekunden der Niederländerin, die „Love Of My Life“ Mister Rob Snijders am Schlagzeug. Diese Besetzung lässt keine Wünsche offen. Die Bühnenausstattung wirkt auch optisch sehr interessant, durch eine Vielzahl diagonal aufgestellter Leuchtelemente, die wie riesige Leuchtstoffröhren aussehen, die allerdings auch als Lauflicht steuerbar sind. Das Set startet mit zwei Songs ihres Albums „Drive“ aus dem Jahr 2013. Diese Songs hat man lange nicht gehört und doch sind sie sofort wieder präsent. Man muss kein großer Merker sein, um zu sehen das hier gerade ein Heimspiel stattfindet. Textsichere Zuschauer intonieren jeden Song mit und so geht es auf eine Reise durch die Alben „Everything Is Changing“ und natürlich der letzte Solo Coup „The Darkest Skies Are The Brightest“ Wer sich schon länger mit Anneke auseinandergesetzt hat, weiß natürlich auch um die Zeit, als sie noch bei The Gathering gesungen hat. Daher darf eine Hammer Nummer wie „Saturnine“ keinesfalls im Live Set fehlen. Frenetischer Jubel macht sich breit, die Anwesenden feiern ihren Star. Dafür gibt es dann später im Zugaben Teil noch einen weiteren The Gathering Song. Aber ganz egal welches Lied gerade gespielt wird, die Band alleine ist schon eine wahre Freude. Spielfreudig und perfekt liefern sie ab, keine Spur von gelangweilter Routine die man immer wieder bei manchen Musikern beobachten kann. Nein hier passt alles harmonisch zusammen, man spürt förmlich die Energie und den Spaß. Dann kommt mit „Running Up That Hill“ ein Kate Bush Chart Breaker, wunderschön gesungen im Duett mit Ché Aimee Dorval. Bevor man sich dann endgültig für heute von der Bühne verabschiedet, gibt es noch drei Zugaben. Und ehe man sich versieht, sind anderthalb Stunden vergangen wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Unterm Strich bleibt ein wunderbarer Nachmittag mit hervorragender Musik und einer äußerst motivierten Truppe auf der Bühne.
Setlist: You Will Never Change, She, Too Late, The May Song, My Promise, The Soul Knows, I Saw A Car, Survive, Agape, Hey Okay, My Girl, Saturnine, You Want To Be Free, Stay, Running Up That Hill, We Live On, Strange Machines, Hurricane, Mental Jungle, W