TSAR STANGRA - Wir wollen unsere Kultur dem Metal näher bringen!


Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich las, dass Tsar Stangra aus Kanada kommen! Nicht nur das Bandlogo, auch alle Songtexte sind in kyriller Schrift verfasst. Der Ursprung der Band liegt in Bulgarien. Tatsächlich klingt diese eigenwillige Folk-/Black Metal-Band aber auch wie ähnlich gepolte Combos aus Osteuropa. Fans von Drudkh, Nokturnal Mortum oder Arkona sollten sich auf jeden Fall mal mit der Band befassen. Sänger, Bassist und Gründer Stanislav Stefanovski gab jedenfalls sehr tiefgründige und hochinteressante Antworten!

logoDaniel: Hi Stanislav! Wie geht´s Dir? Erzähl uns doch bitte zunächst, wann und wie es zu der Gründung von Tsar Stangra kam!

Stanislav: Hi! Mir geht es ziemlich gut. Vielen Dank dass Du uns für das Crossfire Metal Webzine interviewst! Tsar Stangra begann 2007 als Soloprojekt ohne eine bestimmte Mission. Der Sinn und Zweck dieses Projektes war es, meine persönlichen Aufnahmen bei MySpace zu versammeln. Ich habe diese Aufnahmen verwendet, um mich bei anderen Bands zu bewerben, entweder als Sänger oder als Gitarrist. Aber ich wollte immer schon Metal mit bulgarischer, traditioneller Musik verbinden. 2013 kam dann mein bulgarischer Freund Dobrin Stoyanov mit dazu, und wir gründeten diese Band. Dobrin hatte den Namen Tsar Stangra vorgeschlagen, weil es sich einprägsam anhörte; jedoch in kyrillischer Schrift geschrieben. Wir haben uns daraufhin eine komplette Besetzung gesucht. Der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt.

Daniel: Hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Stanislav: Ja, die meisten von uns (sowohl in der alten als auch in der neuen Besetzung) spiel(t)en schon viele Jahre in anderen Bands. Simon Vaillancourt-Girard, Olivier Vaillancourt-Girard, unsere Gastsängerin Fanny Grenier und ich spielen noch in der Symphonic-/Progressive Black-/Power Metal-Band The Lightbringer. Samuel Paré und ich sind auch noch in der Heavy-/Speed Metal-Band Ültra Raptör aktiv. Simon und Olivier haben ihre eigene Power Metal-Band Tales Of Destiny, in der Cindy Tecca eingeladen wurde, Piano zu spielen. Wayne war in der Black Metal-Band Dépérir, wo ich auch Session-Musiker war. Außerdem habe ich noch fast zehn Jahre bei der Black-/Thrash Metal-Band Phosphorus gespielt. Samuel Paré war ungefähr zur selben Zeit bei der Death Metal-Band Kaotik. Und zu guter Letzt spielt Dobrin Stoyanov, der immer noch Riffs für uns schreibt, in der Folk-/Atmospheric-Band Freija. Wir haben noch bei vielen anderen Bands und Projekten in all den Jahren gespielt, aber dies hier sind eigentlich die wichtigsten.

Daniel: Was bedeutet der Bandname überhaupt?

Stanislav: Der Name Tsar Stangra war eigentlich ein Wortspiel aus meinem Spitznamen (Stan) und dem Namen des bulgarischen Himmelsgottes Tangra. Weil ich ein großer Fan von King Diamond und King Crimson bin, wollte ich auch das bulgarische Wort für „König” verwenden. Außerdem hat mich der Künstlername Knjaz Varggoth inspiriert. Er ist ein ukrainischer Musiker aus der osteuropäischen Black Metal-Szene. Wie bereits erwähnt, schlug Dobrin den Bandnamen vor, aber auf Kyrillisch geschrieben, weil es so eigen und interessanter klingt. Man kann viel mehr hinein interpretieren. „Цар с Тангра” geschrieben, heißt es wörtlich „König (tsar) mit Tangra”. Historisch gesehen, ist es interessant, dass Bulgaren irgenwann damit anfingen, ihre Anführer Tsaren zu nennen, seit das Christentum dort herrschte. Der Tsar steht also auch auf Tangras Seite, die vom Christentum betrogen wurde. Daher ist der Name also auch durchaus ketzerisch.

Daniel: Ich war überrascht, als ich bei Metal Archives gelesen habe, dass Ihr aus Kanada seid! Schließlich behandeln Eure Texte die Slawische Kultur, und Ihr singt auf Bulgarisch. Was hat es damit auf sich?

Stanislav: Der Hauptgrund dafür ist, dass sowohl Dobrin als auch ich in Bulgarien geboren wurden und wir deshalb traditionalle bulgarische Folk-Elemente mit einbringen wollten. Mit anderen, „epischeren" Worten, wollten wir unsere Kultur dem Metal näher bringen. In den Augen der Nordamerikaner ist Bulgarien nur ein Underground-Land. Wir haben aber eine uralte Kultur seit der Zeit der Heiden. Und wir haben einen sehr eigenständigen Sound, der nicht der musikalischen Theorie der nordamerikanischen Schulen folgt.

Daniel: Ich mag die Idee, dass Ihr eine Balalaika, ein Akkordeon und Flöten in Eurer Musik verwendet. Welche Idee steckt dahinter?

Stanislav: Die Balalaika ist tatsächlich ein lustiger Irrtum. Dieses Instrument klingt Russisch, und das einzige, was die bulgarische Kultur damit zu tun hat, ist die Herkunft aus Osteuropa. In Wirklichkeit handelt es sich um eine bulgarische Tambura. Als wir das erste Album aufgenommen hatten, hatten wir noch keinen Zugang zu diesem Instrument, kannten aber jemanden, der eine Balalaika spielen konnte. Auf dem nächsten Album wird aber keine Balalaika mehr zu hören sein, den wir haben jetzt eine bulgarische Tambura. Was das Akkordeon und die Flöte angeht, wollten wir einfach bulgarische Folk-Elemente mit einfügen. Wir sind nämlich gleichzeitig eine Black- aber auch eine Folk Metal-Band. Du kannst also davon ausgehen, in Zukunft noch mehr solcher Instrumente bei uns zu hören.

tsar stangraDaniel: Welche Bands zählen zu Euren Haupteinflüssen?

Stanislav: Bands, die uns die Idee gaben, traditionellen Folk mit Metal zu kombinieren, sind Nokturnal Mortum (die dies mit ukrainischer Musik tun), Rotting Christ (mit griechischer Musik), Negură Bunget (mit rumänischer Musik) und ein paar Bands, die in dem Film „Global Metal” zu sehen sind. Die Bands aus dem Film haben uns zwar nicht so sehr beeinflusst wie die osteuropäischen, aber die Idee an sich schon. Unter anderem vermischen Melechesh ebenfalls Black-/Thrash Metal mit fernöstlichen Einflüssen. In Quebec City gibt es noch Aeternam, eine Band, von der Tsar Stangra versuchen, eine bulgarische Version davon zu werden.

Daniel: Wovon handeln Eure Texte genau? Und woher nimmst Du die Inspiration dafür?

Stanislav: Es ist eine Ansammlung von Texten, meist Poesie, aus der bulgarischen Literatur. Diese handeln oft von bulgarischer Geschichte oder von der Zeit des Heidentums. Wir nahmen die Idee auf, wichtige Texte der ukrainischen Band Drudkh zu verwenden. Der Text der Single stammt aus einem Gedicht mit demselben Titel, von einem wichtigen Autoren namens Dimtcho Debelyanov. Kurz zusammengefasst, geht es um die gespaltene menschliche Seele, die nach Demut, Harmonie und Wissen sucht und zwischen Leben und Tod wandelt. Wir haben das Leben und den Tod als Metapher genutzt, um ein Konzept darum aufzubauen. Das Artwork hat unser Schlagzeuger Simon Vaillancourt-Girard gemalt. Es ist in drei Hauptteile unterteilt; jeder davon in einer Farbe der bulgarischen Flagge. Der mittlere Teil ist hauptsächlich grün wegen der Vegetation. Der untere Teil zeigt einen toten Haiduk, der auf einem roten Land aus Rosen liegt. Und einige Rosen wachsen aus den Überresten des toten Helden. Der Himmel ist hauptsächlich weiß, und wir sehen, wie die heidnischen Götter zu seinem Leben nach dem Tod begrüßen. Rosen sind die Nationalblumen von Bulgarien. Und zum Schluss ist um das Bild herum das Motiv des traditionellen Lebens zu sehen.

Daniel: Ihr habt jetzt, ganze sechs Jahre nach Eurem letzten Album,eine neue Single auf Vinyl veröffentlicht. So lange musste man noch nie auf einen Tonträger von Tsar Stangra warten! Warum habt Ihr Euch dann dazu entschlossen, nur zwei Songs zu veröffentlichen, anstatt ein komplettes Album?

Stanislav: The Band hatte einige Besetzungswechsel, und natürlich kam auch die weltweite Pandemie dazwischen. Wir mussten strenge Vorschriften begfolgen und wohen zudem etwa eine Stunde auseinander. So war es uns unmöglich zu proben oder uns für dieses Projekt zu treffen. Wir hatten dann einen Song fertiggestellt, und wir fanden es besser, zumindest schon mal einen zu veröffentlichen, anstatt alles noch weiter hinauszuzögern. Das nächse Album ist aber auf dem Weg. Alle neuen Mitglieder waren ebenfalls am Songwriting beteiligt, und jedes Mitgleid hat sogar seinen eigenen Song. Der Song, den wir für die Single ausgewählt haben, ist etwas ganz Besonderes. Dobrin schrieb die Hauptriffs, während Olivier Vaillancourt-Girard und ich dem Song seine Struktur gaben. Wayne Barr schrieb seine Bass-Parts, Cindy Tecca die Keyboard-Melodien, und Simon Vaillancourt-Girard schrieb ebenfalls seine eigenen Parts. Der letzte Part wurde dann von Olivier Vaillancourt Girard komplett umgeschrieben. Genauer gesagt, war dies der erste Song, bei dem wir wirklich als gesamtes Team zusammen gearbeitet haben. Jedes einzelne Bandmitglied konnte sich selbst mit einbringen.

Daniel: Auf der Single habt Ihr einen Song von Arkona gecovert. Gehören sie auch zu Euren Haupteinflüssen? Der Song klingt nämlich ganz anders als Euren Eigenkompositionen, finde ich...

Stanislav: Sie sind definitiv eine Inspiration, wir sind jedoch nicht direkt vo ihnen beeinflusst worden. Wir wollten den Growlgesang und den weiblichen Klargesang zur Hälfte aufteilen. Dafür fehlte uns jedoch die Zeit, Unsere Freundin Fanny Grenier (die auch bei The Lightbringer singt) ist noch in vielen anderen (übrigens sehr guten!) Projekten involviert und liefert dort sehr gute Arbeit als Gastsängerin. Aber sie hat andere Prioritäten. Wir sind sehr glücklich darüber, dass sie auf dem Album zu hören ist. Und es war ziemlich cool, mit ihr zusammen zu arbeiten.Wir wollen aber nicht in Zukunft die “Bulgarischen Arkona” werden.

Daniel: Spielt Ihr eigentlich auch live? Oder handelt es sich bei Tsar Stangra um ein reines Studioprojekt?

Stanislav: Ja, tun wir. Wir haben mit der Single jetzt erst wieder angefangen, haben aber bereits Pläne für Auftritte im Hinterkopf. Ich kann es gar nicht abwarten, die neue Besetzung auch endlich live vorzustellen!

tsar stangraDaniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Tsar Stangra aus?

Stanislav : Wir haben immer noch viele Ideen, wie wir tradiutionelle bulgarische Musik mit Metal vermischen wollen. Und so lange das noch so ist, werden wir weiter neue Musik aufnehmen, die uns in den Sinn kommt. Und auch wieder live spielen. Ich habe das Konzept für das dritte Album bereits in meinem Kopf, obwohl das zweite Album noch nicht einmal fertig ist. Wir haben wirklich sehr viele Ideen, denn es gibt nicht viele bulgarische Metal-Bands, die solche Musik machen wie wir. Natürlich hat aber auch jeder noch seinen eigenen Projekte neben dieser Band, und somit sind wir alle sehr beschäftigt. Aber wir werden alles nach und nach veröffentlichen.

Daniel: Okay, Stanislav! Dann sind wir durch, und Dir gebührt noch das Schlusswort!

Stanislav : Im Namen der gesamten Band bedanke ich mich sehr für dieses sehr gute Interview! Beim Nächsten Mal wir können das ganze Interview auf Deutsch machen. Ich habe Deutsch in Quebec gelernt, und mein Niveau ist B2. Prost und auf wiedersehen

 

 

 

 

 

 

   

 

 

 

 

 

 



Autor: Daniel Müller