ALL STAR FEST

Antwerpen (Belgien), Kavka Zappa, 25. - 27.11.2022

Die Veranstalter des Glam Slam Festivals haben noch ein anderes Event in petto. Das dreitägige All Star Fest. Ganz in den Händen des 80er-Jahre Sounds samt verschiedener Genres, zwischen Poser, Glam, Melodic Rock AOR und ganz einfach einen Teil der New Wave Of British Heavy Metal Bewegung. Das Billing konnte sich sehen lassen, obschon Vorab viele Unstimmigkeiten zwischen den Acts und dem DMC-Team entstanden sind, was zu etlichen Absagen führte. Ich sprach mit dem Promoter und einigen Bands, Fans vor Ort und Musikern, die trotzdem aufgetreten sind. Es gab Kanadier die extra für Alien angereist sind und ins Leere schauten, Musiker die stundenlang nicht wussten was noch bis kurz vor dem Gig abging, VIP-Gäste denen das Essen nach drei Tagen zu Halse raushing, Mitarbeiter ohne Akkreditierung und Mitarbeiter die mit Begeisterung die Kehrseite aufzählten. Hier gibt es eine Menge Handlungsbedarf trotz der positiven Aspekte. Leider fielen Formationen wie Mad Max, Alien, Holocaust, Caught In Action, Sweet Savage, Vanexa aber auch so große Nummern wie Ten und Treat ins Wasser. Bitter, wenn man Karten lange im Voraus gekauft hatte.

Wir kamen leider erst kurz vor knapp an die Halle, die Gott sei Dank außerhalb von der Stadtmitte lag, da es Kontrollen wegen einer Bombendrohung in der Nähe gab. Übrigens hatten fast alle Bands eine Lightshow, die zum Kotzen war, das muss ich hier mal ganz deutlich sagen. Keine Ahnung, was für Statisten da angeworben werden. Aber für die Fotografen ein reines Fiasko und die Bands können im Nachhinein auch keine guten Bands zur Promotion haben. Wie lernresistent kann man nach mehreren Ansagen seitens der Fotografen und Mitarbeiter sein? Dieser Lightman war völlig fehl am Platz. Vielleicht auch ein Grund, warum viele Presseleute und Fans die kleinen Gigs und Festivals scheuen. Danke an Fabian Zeitlinger (metalinside.de), der uns mit dem Bericht für Demon ausgeholfen hat, damit ich alter Mann zeitig heimkonnte. Aber jetzt Bühne frei für The Midnight Devil´s.

 

Tag 1, Freitag, den 25. November

 

Dieses Trio aus den Vereinigten Staaten von Amerika war völlig neu für mich, aber der perfekte Opener. The Mignight Devil´s spielen Glam-Rock ´n´ Roll und kleiden sich passend in die sündigsten und schrillsten Kostüme der 80er-Jahre, samt Make-Up. Da wird der Hund in der Pfanne verrückt. Sam Spade am Bass sorgte ebenfalls für die Glam-Vocals und war sich selbst für ein ausgiebiges Bad in der noch lichten Menge nicht zu schade. Überhaupt waren die Action und die Tuchfühlung mit dem Publikum auf dem höchsten Level. Die Songs hatten Biss und knallten dem Mittagspublikum gleich die Ohren sauber. Mit Sniper an der Gitarre und dem extra-schrillen Drummer Jimmy Mess, gab es eine rockige Bad-Ass Lipstick Party, haha. Da mussten nicht wenige schmunzeln. Da man, obschon hierzulande fast völlig unbekannt (was ebenso für das aktuelle Album „Never Beg For It“ gilt), fand man schnell neue Fans.

Seraina Telli, die sich gerade mit ihrem Album „Simple Talk“ in die Herzen der Fans spielte, kam als Ersatz für Mad Max. Da sie wohl stundenlang vor dem Venue im Bus verbrachte, ohne zu wissen, ob sie auf die Bühne gehen würde, war ihre Laune vorab nicht gerade lustig. Das ließ sich Madame und ihre beiden Mitstreiter/Innen zu keiner Sekunde anmerken. Die ex-Burning Witches Sängerin schwang selber die Axt höchstpersönlich und gab stimmlich ein gutes Zeugnis ab. Bei der aktuellen Single „Modern Warrior“ gab es seitens der Fans auch kein Halten mehr. Carmen Alexandra bediente groovend den Bass und gab ein gutes Bild ab. Der Mann im rockenden Trio ist Drummer Mike Malloth, der ordentlich kesselt, aber den Ladys das Feld überlässt. Ich hoffe, ich bekomme diese Formation nochmals im besseren Licht vor die Flinte.

Enuff Z´Nuff habe ich seit circa dreißig Jahren auf meine Live To-Do Liste. Obschon mittlerweile nur noch Namensgeber und Basser Chip Z´Nuff, von der Originalbesetzung, als auch vom der Mark II Line-Up übriggeblieben ist und nun auch den Lead-Sänger Posten innehat. Das macht die Sache natürlich nicht besser. Kult-Shouter Donnie Vie, mittlerweile Solomusiker seit dem Jahr 2003, war schon das Aushängeschild mitunter und fehlt nun. Die neuen Musiker machen ihre Sache nicht schlecht, aber man merkt schon den Unterschied im Feeling zu vergangenen Jahren. Die Show ist einfach lahm und enttäuschend. Zu den bereits sehr The Beatles affinen Songs der Vergangenheit mischen sich zu viele Cover-Tunes der Briten und lockern die schlechten Songs des aktuellen Silberlings „Finer Than Sin“, nur bedingt auf. So bleibt der ältere Fan verzweifelt an alte Klassiker wie den Überflieger „Fly High Michelle“ kleben, während die Nachwuchs-Poser glücklich sind, wenigstens einige Oldschool-Sounds aus der Zeit, die sie nie erlebt haben, zu feiern. Schade! Für mich war es Zeit für ein Interview mit dem Opening-Act.

Grand Slam gehören nicht unbedingt zu meinen Live-Favoriten, obgleich sie heuer ein solides Set ablieferten. Sie haben mal ziemlich berühmt angefangen. Hier war nämlich Phyl Lynott Gründungsmitglied (1984), nachdem er bei Thin Lizzy ausgestiegen war. Das war genau zwei Jahre vor seinem Tod. Übrig geblieben ist bis dato nur noch Gitarrist Laurence Archer (ex-UFO). Na ja, auf jeden Fall war ich von der Musik nicht so überzeugt, was vielleicht dem Aspekt geschuldet ist, dass im Jahr 2019 gerade Mal das erste und einzige offizielle Album auf den Markt kam und das hatte mich irgendwie nicht abgeholt. Die Live-Show plätscherte derart an mir vorbei, dass für mich mit Grand Slam der erste Filler des Festivals angekommen war.

Immer mal wieder tauchten die Electric Boys aus Schweden mit einem Release in unserer Redaktion auf. Das letzte Album „Upside Down“ aus dem Jahr 2021, schipperte allerdings an uns vorbei und somit hatte ich die Jungs rund um den Sänger und Gitarristen Conny Bloom (ex-Hanoi Rocks) seit gewiss fünf Sommern bestimmt nicht mehr auf dem Schirm. Das macht solche Festivals interessant, die das übliche Allerlei an Bands auf der Bühne anzutreffen. Mit dem letzten Release kam auch der alte Drummer Martin Thomander zurück ins Line-Up. Auf den Brettern gab man sich lasziv cool und spielte ein entspanntes Set, dass die Zuschauer durchaus auflockerte und jede Menge gute Laune verbreitete. Die Electric Boys haben jetzt keine Songs, die unbedingt zu meinen Highlights gehören, aber ihr routiniertes „Easy Going“ machte deutlich Spaß und kam nach den beiden letzten Acts noch besser zur Geltung.

CoreLeoni habe ich nie wirklich verstanden. Eine Gotthard Coverband, mit siebzig Prozent an Gotthard-Member (Tourmitglieder mitgerechnet)? Dazu ein Sänger (mittlerweile seit 2020 ausgestiegen) Ronnie Romero (Rainbow) der sich zu neunundneunzig Prozent so anhört wie der verstorbene Gesangs-Gott Steve Lee? Und alles, obschon Gotthard mit Fronter Nic Maeder noch fleißig am Start ist. Drummer Hena Habegger glänzte heute mit Abwesenheit. Habe es durch die Ritzen flüstern hören, dass er keinen Bock mehr hätte. Wer weiß. Nun hat sich das Besetzungsrad gedreht. Es sang Eugent Bushpepa (kommt aus Albanien und mir völlig unbekannt) und zwar mit einer Inbrunst und hohen Leistung, dass ich blass wurde. Ein kompetenter Nachfolger für Ronnie. Neuer Mann am Schlagzeug ist Alex Motta (hat bereits die Drums auf dem Gotthard Album „13“ eingespielt). CoreLeoni spielte sich hier den Allerwertesten ab und die Gitarrenarbeit zwischen Kopf Leo Leoni und Igor Gianola (ex-U.D.O.) ist formidabel. Alle haben lauthals mitgesungen und die Stimmung war riesig aber nächstes Mal bitte mehr CoreLeoni und weniger Gotthard.

Und nun zum ersten Headliner des Festivals Nestor. Seit Monaten im Munde aller meiner Kumpels, Freunde und Kollegen. Mit ständigen Superlativen gepriesen hatte ich eine dementsprechende Erwartung: hatte ich doch noch keinen Ton der Formation vernommen. Dann kam die, na ich will nicht sagen Katastrophe, aber mitunter eine der langweiligsten Performances seit Langem. So bieder wie man in Weiß, samt Trampeltreter auf die Bühne kam, so war auch die Darbietung der Songs. Und nein, heuer stand ich mit meiner Meinung ausnahmsweise mal nicht alleine vor den Brettern. Natürlich gab es genug Fans, die übermütig feierten, aber das ist bei allen Headlinern so, oder? Elf Nummern weiter, wovon mich gerade mal die Ballade „Tomorrow“ mit Gastsängerin Chez Kane begeistern konnte und ich war kein Iota schlauer. Die fiese Lightshow und der nicht so gute Sound taten ihr Übriges. Hoffentlich kommt da, sollte ich die Schweden erneut live antreffen, noch eine Schippe drauf.

 

Tag 2, Samstag, den 26. November

 

Steelover eröffneten den zweiten Tag. Sie gehören zu den ewigen Geheimtipps des Landes, denn eigentlich hatten sie bis dato nur ein Album auf dem Markt (Glove Me“) und das erschien bereits im Jahr 1984. Erst 2016 und einen Sommer darauf veröffentlichte man ein und dieselbe EP in zwei Versionen. Mit „Stainless“ ist man seit 2022 wieder im Rennen und das man es durchaus ernst meint, zeigte man mit jeder Menge Biss und Spielfreude auf der Bühne. Da wurden keinen Gefangenen gemacht. Das Besondere an diesem Opening Act war der Aspekt, dass ich an dieser Stelle niemanden aus der Band hervorheben muss. Alle vom Sänger Vince Cradillo (ex-Danger), über den beiden Originalmitgliedern Nico Gardi am Bass und Pat Fréson (Gitarre), bis hin zum zweiten Klampfer Calim Uram (ex-C.A.S.H.) und Drummer Nikko Konikiewicz (ex-Dark Ages, ex-Insomnia), hatten Hunger bis unter den Achseln. Ein guter Start für den zweiten Frühling, der sich hoffentlich auszahlt. Sympathische Jungs!

Auch der nächste Act war live für mich Neuland. Chez Kane (ex-Kane´d), deren Alben ziemlich gut knallen. Madame, die in ihren Videos mit Haut nicht geizt, legt auch auf der Bühne diesbezüglich die Latte ziemlich hoch. Zumindest was den Glanz in den Augen der männlichen Zuschauer erkennen lässt. Aber die Lady ist genauso super bei Stimme und vor allem Laune. Die Femme Fatale weiß was sie ihren Jüngern schuldig ist und liefert prompt ab. Ratzfatz ist das Haus voll und die Stimmung kommt am frühen Nachmittag zum ersten Mal zum Siedepunkt. Material mit fetten Ohrwurmcharakter ist gut vorhanden. Gerade das Zweitwerk „Powerzone" kann diesen Punkt live mehr als gut untermauern. Wenn die Lady das Niveau halten kann, ahne ich Großes.

Meine Freunde von Age Of Reflection hatte ich das letzte Mal auf dem legendären H.E.A.T. Festival gesehen. Eine Freude ihre coolen Sounds ein weiteres Mal zu erleben. Auch das anwesende Publikum war begeistert und feierte die Melodic Rocker gebührend und mit großer Anwesenheit. Die Schweden gaben ihr Bestes, obwohl sie kein neues Album in den Taschen hatten. Man musste immer noch mit den hervorragenden Songs der Veröffentlichung „A New Dawn“ Vorlieb nehmen. Aber dafür kannten die Fans die Lieder in- und auswendig. Der sympathische Sänger Lars Nygren war zwar etwas heiser, was ihn aber nicht davon ab brachte solide abzuliefern. Diese Jungs sind eine wahre Bank aus Skandinavien, haben in der Corona-Phase nichts verlernt und ich bin schon gierig auf den Nachfolger-Release, Hoffentlich bald!

Hartmann stellt nach wie vor live ein Problem für mich dar. Wie schon oft gesagt, mag ich seine Alben...zu Hause für das Wohnzimmer...toll. Auf der Bühne hat der Sänger, Gitarrist und Performer einfach zu wenig Ausstrahlung und seine Präsentation ist einfach nur fade. Das ist natürlich schade, aber ich sehe ihn immer auf aufregenden Festivals, wie die Schwarte kracht, getanzt und gefeiert wird. Aus diesem Rhythmus will man nicht herausgerissen werden. Der Barde passt trotz guter Bandmusiker wie Markus Kullmann (Alex Beyrodt´s Voodoo Circle) an den Drums und Armin Donderer (ex-Freedom Call) am Bass, besser in einen kleinen Club als Headliner. „Get Over It“ ist das neue sehr gute Werk der Formation, das es heuer zu promoten gab, aber wie gesagt, trotz allem Profitum auf den Brettern und den recht begeisterten Zuschauern, ist mir die Konserve lieber.

Was nun kam, sprengte völlig den Rahmen des Erwartenden...sowohl für die Fans als auch für die Band selbst. Roulette aus Schweden spielten auf. Und das so geil und intensiv, was sich sofort auf das Publikum übertrug, das man sich gegenseitig in den Himmel pushte. Auch die Jungs aus Sundvall leben von den Ergüssen ihres letzten Releases („Now“ aus dem Jahr 2019) aber die Titel hatte hier jeder lauthals auf den Lippen. Das erstaunte die Formation und so wurde auf den Brettern ein Melodic-Feuer entfacht, das seinesgleichen sucht. Als Antwort feierte man mit den Fans eine interaktive Party. Das war eine Stimmung wie ich sie seit Langem nicht mehr erlebt habe und so richtig 80er-Jahre Vibe-mäßig. Davon kann ich noch jede Menge mehr vertragen. Sänger Thomas Lundgren ist ganz unfassbar gut bei Stimme und Bassist Hansi Fellbrink kriegt sich vor lauter Begeisterung gar nicht mehr ein. So geht live! Danke dafür. Der beste Act des Festivals.

Egal welcher große Event ich in den letzten Jahren in Belgien oder den Niederlanden besucht habe, Valentine mit Namensgeber und Sänger Robbie war in irgendeiner Form immer dabei, haha. Heuer spielte Valentine aber nicht das unsägliche Queen Tribute Set, sondern eigene Ergüsse. Und obwohl ich noch nie eine Show wirklich mochte, überrannten mich die Sounds hier und jetzt. Mag es dem Vorgänger geschuldet sein, dass ich noch in perfekter Laune war oder der wirklich guten Performance des Niederländers, der stimmlich verstärkt mit Maria Catharina, der ewigen Power-Röhre, glänzte. Ganz egal, heute war ich begeistert und vor allem von der Ballade „Over And Over Again“, die ich zufällig ein paar Stunden vorher in Stadtmitte für einen halben Euro erwerben konnte. Da Robbie fast nichts mehr sieht, wird die Live-Action auf die anderen Bandmitglieder übertragen, damit ihr Bescheid wisst. Aber jetzt habe ich erst Mal wirklich genug von der Truppe gesehen, haha.

Auch die Schweizer China habe ich das letzte Mal in den 90er-Jahren live gesehen und jetzt ist es laut Line-Up eine völlig andere Band. Na ja, Marc Lynn war auf der ersten Platte (1988) dabei. Er ist ja bekannt von Gotthard wie ein weiteres Member, Freddy Scherer, und mit Ur-Gitarrist Claudia Matteo, die Bühne betreten. Die Begrüßung seitens der Fans ist relativ euphorisch. Zuerst sang Chef Matteo selbst, was jetzt nicht unbedingt ein Highlight darstellte. Für mich war der alte Shouter Patrick Mason immer das Aushängeschild in Sachen Gesang. Immerhin wurden die Vocals später von Hardy Hartmeier übernommen und das klappte ganz gut. Spielfreude, gute Handhabung der Songs aber irgendwie ist diese nicht die gleiche Band wie früher. Manche Formationen kann man nicht ersetzen.

FM aus Großbritannien ist immer eine sichere Bank. So war der Veranstalter sich bestimmt sicher, den Samstag in trockene Tücher zu bringen. Es ist aber auch ein fettes Melodic-Brett, dass die Insulaner stets abliefern. Allein der Gesang von Kopf Steve Overland, dessen Bands Shadowland und The Ladder, ein jeder Fan kennen sollte, ist absolut göttlich und unverkennbar. Man geizte nicht mit den handelsüblichen Chartbreakern und der Formation und fasst jede Silbe wurde vom hungrigen Publikum lauthals mitgesungene. Mittlerweile ist selbst das „neue“ Mitglied, Gitarrist Jim Kirkpatrick mehr ein fester Bestandteil des Line-Ups. Natürlich bieten diese Jungs keine schweißtreibende Show im direkten Vergleich mit manch anderem Act auf diesem Festival, aber dafür ist die Melange an Musik und Gesang fehlerfrei...zumindest soweit ich das beurteilen kann. Und bei den treuen Anhängern können die Boys eh nichts falsch machen.

 

Tag 3, Sonntag, den 27. November

 

So, ich hoffe, ich bekomme das zusammen. Highway Chile war ist eine der ersten Heavy Rock Bands der Niederlande. Später gingen ein paar der Jungs in der Formation Helloise auf. Dann gab es die üblichen Auflösungen und schlechte Zeiten und nun spielen Member beider Gangs unter dem Banner Highway Chile als Opener für den dritten Tag des All About Rock Festivals. Korrekturen bitte an die Redaktion, haha. Wie dem auch sei, die älteren Recken gaben Vollgas und Fronter Stan Verbraak ist noch äußerst sympathisch, wenn er die Reihen vor der Bühne aufmischen will. Neu an dem Drum-Kit ist Kesselflicker Jaimy Quite. Jener ist mir bislang jedoch noch nicht zu Ohren gekommen. Eigentlich sollte Vanexa die Bretter betreten, aber ich denke, die Jungs aus Rotterdam waren mit ihrem soliden Set ein adäquater Ersatz. Gespielt wurden Songs beider eben genannten Acts, was für etwas Verwirrung bei den Zuschauern sorgte, die erst zum Ende des Gigs etwas begeisterter wirkten.

Weapon UK ist eine von diesen Formationen, die ewig und überall dabei sind, aber für mich selten eine bleibende Duftmarke hinterlassen haben. So ist es auch am heutigen Sonntag, der anfängt, sich etwas wie schmelzender Käse zu ziehen. Kommt noch dazu, dass ich nicht ein Lied der Mannschaft wirklich im Gedächtnis habe. Man hatte es uns mit dieser Band auch nicht ganz leicht gemacht. Des Öfteren benannte man sich um, brachte erst dreiundzwanzig Jahre nach der Gründung das erste Album auf den Markt und löste sich ständig wieder auf, um Jahre später erneut durchzustarten. Und dennoch waren hier etliche Hardcore-Fans, Neugierige und Skeptiker am Start die mal etwas New Wave Of British Heavy Metal der seltenen Art sehen wollte. Für mich war es ebenfalls der erste Gig der Gruppe. Solide war es ohne Überraschungen, straight durch die Bank. Mehr kann ich mir für diese Beschallung nicht aus den Rippen leiern.

Und doch gibt es sie, wenn man Glück hat auf jedem Festival einmal!!! Eine Formation, die man überhaupt nicht auf dem Schirm hatte und die einen völlig aus den Socken blasten. Heuer geschehen mit der coolen Truppe Tytan. Auch sie haben der New Wave Of British Heavy Metal etwas Atem eingehaucht waren aber nur von 1981 bis 1983 aktiv. Dann kam man im Jahr 2010 wieder an die Sonne. Und mit Sänger Tom Barna am Start, konnte für die Mannschaft heuer aber auch nichts schief gehen. Welch geile Stimme, welch coole Songs! Melodisch mit geilen, einprägsamen Refrains und dennoch straffen Gitarren-Riffs. Selbst die alte Bass-Wand von Gründungsmitglied und Viersaiters Kevin „Skids“ Riddles konnte überzeugen. Eine dreiviertel Stunde, die endlich, nachdem ich mich „drölf“ Mal wegen der Beleuchtung beschwert habe, mit wesentlich besserem Licht untermalt wurde, durften wir Nummern wie „Cold Bitch“; „Money For Love“ und „Blind Men And Fools“ lauschen und einem völlig emotionalen Basser erleben, der mal kurz ein paar Tränen vergoss. Auch das ist Rock ´n´ Roll.

Witch Cross kommen aus dem wunderschönen Nachbarland Dänemark und waren bislang auf meiner Live-To-Do Liste. Kaum zu glauben, so oft ich unterwegs bin, aber wahr. Da kommen die Hörer dem Sound der New Wave Of British Heavy Metal ein weiteres Mal ziemlich nah. „Fit For Fight“ hieß ihr 1984er Release, der für ordentlich Wirbel sorgte. Davor und danach musste die Fangemeinde sich mit Demos und Singles begnügen. Erst im Jahr 2013 legte man mit „Axe To Grind“ amtlich nach. Dennoch blieb man der ewige Geheimtipp. Kein Wunder bei der Release-Politik, die sich hierauf leider nicht änderte. Der Auftritt selbst war ziemlich gelungen und man war mit Begeisterung dabei, aber es gab einfach zu wenig Zuschauer, die mit dem Material der Dänen vertraut waren. Das stoppte die anfängliche Euphorie des Vorgängers vor der Bühne. Schade.

Sortilège entern die Bühne relativ unscheinbar. Sänger Christian „Zouille“ Augustin will heute Abend die Ansagen in Englisch machen, verkackt aber ordentlich und geht wieder ins Französische über. Aber im Heimatort Paris erwarten, dass jeder Tourist die Landessprache kann, haha. Die Anfangs- und Hochphase der Franzosen war zwischen den Jahren 1981 und 1986 aber seit 2019 legt man wieder richtig los. Natürlich hat sich auch hier das Besetzungsrad gedreht. Die Band kam in der Menge recht gut an, obschon man mit Publikumsnähe ziemlich sparsam umging. Es wurde amtlich aber unspektakulär abgeliefert und genauso unspannend man anfing, so war der knapp über eine Stunde lang dauernde Gig zu Ende. Irgendwann stand niemand mehr auf den Brettern. Häh?

Nun war es Zeit für meine persönlichen Tages-Favoriten. Backstage haben wir erst mal das Foto nachgestellt, das von den Troy-Brüdern vor etlichen Jahren auf dem Balinger Bang Your Head Festival zufällig geschossen wurde. Das war so cool. Wir sehen immer noch geil aus...nur älter halt. Praying Mantis kam, sah und siegte. Allein schon der Sympathiefaktor der Formation ist unschlagbar. Die Band hatte bereits eine ganze Reihe geiler Shouter im Team (John Gary Barden, Dougie White, Bernie Shaw und Damian Wilson. Mir Paul Di´Anno, Dennis Stratton und Clive Burr, waren sogar mal insgesamt drei Mann von Iron Maiden irgendwann im Line-Up. Wie dem auch sei, kann ich diesen Auftritt gar nicht genug loben. Gitarrist Chris Troy teilte sich die Ansagen mit Fronter John, der seit 2013 aktiv dabei ist. Nicht unbedingt mein Favorit bei den Briten aber er hat es zumindest ordentlich drauf. An den Drums sitzt Mister Hans in´t Zandt. Der niederländische Allrounder, war schon fast in jeder Band, haha. Praying Mantis durften gerne Mal als Headliner um die Ecke spielen. Wer dies nicht gesehen hat ist selber Schuld.

Heimspiel für das Trio Killer, die heuer mit ihrem feurigen Motörhead-Sound ordentlich Gas gaben. Ich glaube, die Truppe habe ich das letzte Mal in den 80er-Jahren gesehen. Einfach war es mit dieser Formation auch nicht, die sich mindestens zweimal reformierte. Aber heute Abend ist heute Abend und da wurde riffgewaltig geballert was das Zeugs hielt. Da sieht man immer wieder, ein Drei-Mann Team kann genauso gewaltig sein wie fünf Metaller auf der Bühne. Die Fans waren dankbar und das spiegelte sich dann bei der Band wieder, die noch einen draufsetzte. Leider blieb man den Zuschauern neues Material schuldig, da die neue Scheiblette erst im nächsten Jahr das Licht der Welt erblicken soll. Mal schauen, was das Versprechen wert ist. Aber mal ehrlich, eigentlich waren doch alle wegen der alten Klassiker hier, oder? Röchtööööööööööch!

Demon und insbesondere der Meister der Grimassen, Dave Hill, gaben noch einmal alles, auch wenn sich die Reihen gegen Ende schon sehr lichteten. Aber Demon ließen sich nicht beeindrucken und jagten einen Klassiker nach dem anderen ins überschaubare Rund. Leider war wieder nichts von "Taking The World By Storm" im Set. Würde man das Ende von "Life On The Wire" etwas kürzen, welches gefühlt eine halbe Ewigkeit dauerte, wäre da noch was gegangen. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau. "One Helluva Night", "Liar", "Sign Of Madman" und natürlich "Night Of The Demon" und "Don't Break The Circle" sorgten neben anderen Hits, dass niemand enttäuscht nach Hause ging. Dass Dave Hill seine berühmte Dämonenmaske einzelnen Fans auslieh oder demjenigen einen Freigetränk versprach, wer eine rote "Liar" 7-Inch sein Eigen nennen kann, erhöhte den Sympathiefaktor der Briten nur. Ein würdiger Abschluss des dritten Tages. (Fabian)



Autor: Steve Burdelak, Fabian Zeitlinger - Pics: