KIP WINGER, FLORIAN HOFER, TILL KERSTING, THORSTEN WILLER

Köln, Underground, 17.09.2012

KIP WINGER thorsten willer LIVE 2012Köln Ehrenfeld ist um die Uhrzeit meines Erscheinens rappelvoll. Nur findet sich niemand ins Underground ein, diesen urigen Schuppen, wo sich allerlei Charaktere treffen. Dabei soll doch heute Kip Winger, Kopf der ehemaligen Arena-Band Winger ein akustisches Stelldichein geben. Ja, die Poser werden alt und die von außerhalb können sich das Spritgeld für einen Kurztrip nicht mehr leisten. Da wird schon der akzeptable Eintrittspreis von achtzehn Euro zum Verhängnis. Dann lieber nach Mötley Crüe für das zigfache! Obwohl man fairerweise gestehen muss, dass Gigs mitten in der Woche meistens in die Länge gezogen werden. Nur da es zum Haupt-Act voller werden soll. Da sollen zwei Stars ab 20 Uhr auftreten und plötzlich sind es vier vor Ort. Somit kommt man recht spät Heim. Zu dumm für Gäste wie mich, die noch eine Stunde fahren müssen und um 5 Uhr aufstehen sollen. Wie dem auch sei. Kurz vor 20 Uhr stand ein Gitarrist namens Thorsten Willer (Foto oben) auf der Bühne (Bandmitglied von Soledown) und gab bereits seine beiden letzten Songs zum Besten. Schade, der Mann hat eine coole Stimme. Immerhin reichte es für ein paar tolle Fotos und der weiß Gott gelungenen Cover-Version „Free Fallin`“ von Tom Petty.

 

KIP WINGER till kersting LIVE 2012Der zweite akustische Axtschwinger auf der dreieckigen Bühne, war der relativ bekannte Sänger Till Kersting (Foto links). Das Publikum, mittlerweile auf zwanzig Mann aufgehäuft, hatte sichtlich Spaß an der Ausführung der Musik. Till ist ein Kölner Original und bringt sein Material mit einer gewissen Portion Lokalkolorit und Humor, der an diesem Abend einzigartig war. Sich selbst auf die Schippe nehmen ist ganz hohe Kunst. Als er dann seine Songs in Deutsch performte, kam noch mehr Spaß auf, da er selbst vor seinem Kölner Umfeld keinen Halt machte. Heimatstolz auf der ehrlichen Weise präsentiert. Till hatte die kleine Menge schnell und konstant im Griff und da machte es überhaupt nichts aus, dass viele die Lieder nicht kannten, diese halbe Stunde wird man so schnell nicht vergessen. Außerdem gibt es ja das Internet, wo man nach dem Auftritt recherchieren kann.

 

 

KIP WINGER florian hofer LIVE 2012

Groß angekündigt war der Frankfurter Interpret Florian Hofer (Foto rechts). Er machte zumindest optisch, und laut Aussage über seine ‚erlebten’ Lyrics, einen weltgewandten Eindruck. Florian machte den Eindruck einer dieser unterkühlten, androgynen Typen, wie Ville Valo von HIM oder Jonne Aaron Liimatainen von der Formation Negative. Er sang in sich gekehrt, stoisch und melancholisch. Seine Lyrics und Kompositionen waren auf einem ganz anderen Level als die der Vorgänger. Emotional, tiefgründig und gerade die Endungen der Songs raffiniert gewählt. Aber dieser sterile Auftritt erweckt keine Leidenschaft bei den Anwesenden. Auf die Frage ob man ihn gegoogelt hätte, verneint man leise, auf die Aufforderungen, näher zu treten oder gar mitzusingen, geht man gar nicht erst ein. Hofer bleibt für sich und bringt den Funken in keiner Weise zum Überspringen. Hallo!!! Hier sind Poser im Publikum, lustige Menschen! Da passt die traurige Stimme von Florian so gar nicht. Leicht verärgert hört man ihn noch Neil Youngs „Heart Of Gold“ anstimmen. Ich denke, Florian sollte seine Performance-Attitüde überdenken.

 

KIP WINGER steve LIVE 2012Allerhöchste Zeit für Kip Winger (auf dem Foto 2. v.l.). Mittlerweile haben sich sechzig Menschen eingefunden und Kip kommt lässig und locker auf die Bretter. Ein Joke, ein Anstimmen und es kann losgehen. Sichtlich gealtert aber mit kräftiger Stimme, Spiellust und Esprit, pfeffert der Barde seine Highlights der Karriere in die mitsingende Zuschauermenge. Ja und jetzt sind sie alle vorne und machen begeistert mit. Lauthals werden Klassiker gefordert und gespielt. „Rainbow In The Rose“, „Easy Come, Easy Go“, das von meinem Kollege Ayhan geforderte „Seventeen“, „Down Incognito“, das allseits begehrte „Headed For A Heartbreak“, sogar „Who`s The One“, vom nicht ganz so erfolgreichen Album „Pull“, sowie ein Track vom Solowerk „From The Moon To The Sun“, genannt „Nothing“. Als Kip dann fragte, wer hier Sänger ist, hob ich leicht die Hand. Dann gleich die nächste Frage, wer denn die Ballade „Miles Away“ mitsingen möchte. Da ging meine Hand wieder runter. Spielte aber keine Rolle, die Kumpels hinter mir schoben mich bereits gen Bühne und dann wurde die Frage noch mal an mich direkt gestellt. Zack und rauf auf die Bühne. Wir sangen das ganze Lied gemeinsam und die tobende Menge wollte mir wohl sagen, dass ich ganz ordentlich geschmettert hatte. Ein unvergessliches Erlebnis (Danke Kip, danke Sandra von Underdawg Promotion für den Video-Clip und danke Lars Sievers vom Rock It! Magazin). Hierauf gab es noch ein paar Tracks, bevor das Ende gegen Mitternacht eingeläutet wurde. Eine leise verlangte Zugabe wurde nicht mehr gewährt, dafür aber genug Zeit für ein Schwätzchen, Fotos und Autogramme des Stars. Und ich ließ mich auch noch zwei Minuten feiern, haha. Fazit: Ein wundervoller Abend entspannte mal, aber die dicke Zeit von Kip Winger ist mit einer solch kleinen Anzahl von Besuchern wohl vorbei.



Autor: Steve Burdelak - Pics: Steve Burdelak & Ayhan Akkaya