PUNK PARADOXON - von Greg Graffin


Label:HANNIBAL
Jahr:2022
Running Time:416 Seiten
Kategorie: Neuerscheinung
 

Hier ist also die deutsche Ausgabe der Autobiografie von Greg Griffin, Sänger und Mitgründer von Bad Religion. Zur Band brauche ich wohl kaum etwas zu sagen, stehen die Jungs seit über vierzig Jahren ja als eine der dienstältesten US-Punkbands, quasi als Vorbilder und Blaupause für Generationen neuer Formationen in Sachen (Melodic-) Punkrock. Mit dem Buch arbeitet Greg mal sein ganzes Leben auf. Dabei zeigt sich schön, dass eine Wissenschaftliche Karriere und Punkrock kein Widerspruch sein muss. Dr. Griffin ist als Professorenkind erziehungstechnisch natürlich etwas vorbelastet, was auf der einen Seite eine sehr eloquente und reflektierte Sicht der Dinge hervorbringt. Das macht einen Großteil des Charmes dieses Buchs aus.

Auf der anderen Seite entstehen durch die oft in zu vielen Worten ausufernde, akademische Betrachtungsweise leider sehr viele Längen, bei denen man sich wünscht, dass Greg endlich mal zum Punkt kommt. Die deutsche Übersetzung macht dies phasenweise nicht gerade besser, um den geneigten Leser bei Laune zu halten. Trotz einiger Längen hält die Lektüre den Spannungsbogen recht hoch. Für mich ist im Buch einer der Höhepunkte auf jeden Fall die Retroperspektive zur amerikanischen Punkszene im Großraum Los Angeles zu Anfang der 1980er Jahre super spannend, da sich kaum jemand in Europa vorstellen kann, beziehungsweise konnte, was es damals in den Vereinigten Staaten von Amerika bedeutete Punk zu sein.

Eine sehr nüchterne, aber schonungslose Darstellung der Szene und der amerikanischen Gesellschaft dieser Zeitperiode. Dabei kommt trotz allem weder Gregs ganz eigener Humor zu kurz, noch wird der Einfluss anderer Szenegrößen wie Black Flag oder Circle Jerks auf sein Leben unterschlagen.Ein weiteres Highlight ist sicher die Entwicklungsphase bis zur Veröffentlichung des legendären Bad Religion Albums „Suffer“ das 1988 eine ganze neue (weltweite) Punkwelle auslöste und daher Gregs Leben und seine Karriere ordentlich durchwirbelte. Diese zugleich sachliche als auch persönliche Darstellung seiner eigenen Entwicklung, seiner musikalischen und akademischen Karriere, seine Einstellung zum Leben und zum Punk sein, mit der einhergehenden Analyse Gesellschaftlicher und natürlich im Kontext auch szenerelevanter Entwicklungen und Veränderungen, bis in die zweite Dekade des Einundzwanzigsten Jahrhunderts ist der rote Faden der Autobiografie und endet in einem sehr guten Epilog.

Mein Fazit: Ein klasse Buch von einem sehr intelligent reflektierenden Menschen, der sehr offen mit allen Facetten seines Lebens umgeht, ob Punkrocker, Pazifist, Akademiker oder Familienmensch und Systemkritiker. Einige Abschnitte der verschiedenen Kapitel sind zwar eher stinklangweilig zu lesen, aber trotzdem interessant zugleich, eben ein Punk Paradoxon.

Note: Keine Wertung
Autor: Frank Billek


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