Mein Gott, ich werde alt. 1977 erschien in Groß-Britannien dieser Meilenstein der Punk-Geschichte. Und ganze zwei Jahre später, ich war zarte zwölf Jahre alt und zog gerade nach Toronto, Kanada, schwappte die europäische Punk-Welle über die neue Welt. Es erwischte mich nicht nur musikalisch, sondern gerade die Einstellung dieser Szene imponierte mir, samt Look. Der ewige Wunsch nach einem Irokesenschnitt (dabei kamen die Irokesen doch auch von hier, knappe fünfzig Kilometer über den Ontario-See), abgewetzten Springerstiefeln und einer Armeehose blieb unerhört und mein Revoluzzertum versetzte Mutter in Angst und Schrecken. Die Sex Pistols liefen mindestens so häufig auf dem Plattenspieler wie Dead Kennedys, The Ramones, Uk Subs und The Clash. „Anarchy In The UK wurde die Hymne einer ganzen Generation, oftmals gecovert und für jeden Schund missbraucht aber nie wieder so authentisch und räudig-rotzig gesungen wie von John „Johnny Rotten“ Lydon (später Public Image Ltd.), mit der ewig hohen Zitterstimme. Man darf zu diesem Werk allerdings skeptisch stehen. Ist doch bereits alles Wertvolle von der Formation auf dem Markt. Oder nicht? Die originalen Masterbänder von „Nerver Mind The Bollocks, Here`s The Sex Pistols“ galten als verschollen. Jetzt hat man sie bei einem Unzug gefunden. Tim Young hat sie unter Aufsicht des ersten Produzenten Chris Thomas neu bearbeitet. Der Aufwand hat sich gelohnt. Schön, das man unsere Redaktion mit der Deluxe-Ausgabe bedacht hat aber der Fan und Sammler sollte wissen, dass es auch eine Super Deluxe Edition gibt. Die enthält zusätzlich die Lyrics, eine Kopie der original handgeschrieben Textseite zu „God Save The Queen“, einen“Never Mind The Bollocks“ – Prom Sticker, ein Replica Poster, eine Single Replica von „God Save The Queen“, das 1977er Tagebuch (hundert Seiten lang), eine 1977er Live-DVD und den Song „Belsen Was A Gas“ (der bis heute umstritten bleibt. Obwohl die Pistols nie rechtsradikal waren, galt es damals in England, so kurz nach dem Krieg noch nicht als uncool mit Devotionalien und Ähnlichem der NS-Zeit zu kokettieren), sowie weitere unveröffentlichte Recordings aus dem Jahr 1977. Beide Ausgaben bieten die überarbeiteten Original-Songs, die B-Seiten der Singles, die sich zeitlos an die Album-Tracks anschließen, elf Live-Aufnahmen vom Auftritt im Happy House in Stockholm (1977) und drei Tracks aus den Winter Gardens in Penzance, Cornwall (1977). Beigefügt wurde ein ziemlich fettes Booklet und mit etlichen Pics. Alles im originalem Artwork und einem dicken klappbaren Sleevework und auf zwei CD`s gebannt. Sehr schöne Aufarbeitung eines Stücks musikalischer Geschichte.

Note: 10 von 10 Punkten
Autor: Steve Burdelak

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