IMPERIAL AGE - Ich vertraue anderen Leuten meine Musik niemals an!


Noch nie habe ich so lange auf ein Interview warten müssen wie dieses Mal. Das hat allerdings so seine Gründe. Unter anderem war die Band gerade auf Tour, und ein Erdbeben erschütterte kürzlich die Türkei, wo Sänger Alexander Osipov derzeit lebt. Dafür gab er aber lange und ausführliche Antworten als Entschädigung. Mir hat es auf jeden Fall Spaß gemacht, das Interview zu lesen und zu übersetzen.

logoDaniel: Hi Alex! Wie geht's Dir?

Alex: Hi Daniel! Entschuldigen bitte die späte Antwort, aber seit dem Kriegsbeginn vor zehn Monaten haben wir alle Hände voll zu tun. Im März müssten wir das Land verlassen, und im Moment ist es unmöglich, wieder in die Türkei zurückzukehren. Deswegen mussten wir ein weiteres Mal umsiedeln... 

Daniel: Bitte erzähl uns doch zunächst etwas über die Anfänge von Imperial Age!

Alex: Imperial Age wurden 2012 gegründet. Wir lernten Jane kennenund erschufen ein professionelles Musikprojekt mit Songs über alte Zivilisationen, Magie und individuelle Entwicklungen. Wir haben uns nicht nur für Symphonic Metal entschieden, weil wir diese Musik lieben, sondern auch, weil es der vielseitigste Musikstil ist, der es dem Komponisten ermöglicht, sich am besten künstlerisch auszudrücken. Und es passt perfekt zu unserem Thema. Ich hatte viele Songs für meine vorherige Band Revelance geschrieben, aber sie amateurhaft gearbeitet hat, habe ich sie aufgelöst und beschlossen, alles von nun an professioneller anzugehen.

Daniel: Stimmt es eigentlich, dass es sich dabei um Dein Soloprojekt handelt?

Alex: Imperial Age sind immer wir beide gewesen - Jane und ich. Viele Leute haben es vielleicht als mein Soloprojekt bezeichnet, weil ich der einzige Sänger war. Jane kam erst später dazu, und der Rest sind Mietmusiker. Aber selbst die professionellsten Bands mieten ihre Musiker. Das ist absolut normal. Also würde ich es nicht als Soloprojekt bezeichnen, sondern eher als Duo.

Daniel: Und wann wurdet Ihr dann zu einer richtigen Band?

Alex: Wie gesagt: Es kommt immer auf die Definition an, was man unter einer richtigen” Band versteht. Wenn Du meinst, dass alle Mitglieder gleichberechtigt sind, dann sind die meisten Bands nicht normal, hehe! Für gewöhnlich haben ein-zwei Leute etwas zu sagen, und die anderen gehen so mit. Das kommt immer auf die Verträge an und ist von Band zu Band unterschiedlich. Für mich ist eine richtige” Band eine Band, die Musik produziert und mit ihren Fans kommuniziert. Und ich denke, das haben wir von Anfang an so gemacht, hehe!  

Daniel: Warst Du denn zuvor schon in anderen Bands aktiv?

Alex: Nein, nur in den beiden, die ich bereits erwähnt habe.

Daniel: Welche Bands zählen zu Euren Haupteinflüssen?

Alex: Wenn es um unser Genre geht, dann natürlich Nightwish, Rhapsody Of Fire, Dimmu Borgir, Cradle Of Filth, Therion, Avantasia, und Epica. Ich ziehe mir aber auch viel aus dem klassischen Heavy Metal wie Iron Maiden und Manowar (vor allem gesanglich). Ich interessiere mich aber auch für Gothic Rock und -Metal wie The 69 Eyes, HIM, Tiamat usw. Von den neueren Bands mag ich vor allem Sabaton, Powerwolf und Alestorm. Ich würde aber auch noch Hollywood-Komponisten wie Hans Zimmer, John Williams und Howard Shore nennen, genauso wie einige Klassik-Komponisten: Vivaldi, Bach, Beethoven, Tschaikovsky und Wagner. Ich mag aber auch moderne Soundtracks von Computerspielen, wie „Assassin’s Creed" von Jesper Kyd und Brian Tyler, zum Beispiel.

Daniel: Wovon handeln Eure Texte?

Alex: Unsere Zivilisation ist nicht die erste auf diesem Planeten. Vor uns gab es die Steinzeit und noch weiter davor eine Apokalypse. Und vor dieser Apokalypse eine vorherige Zivilisation. Und davor noch eine. Die Mehrheit weiß das nicht, aber es gibt sehr viele wissenschaftliche Beweise für diese These. Und dieser Beweis ist der Schwerte, den man sich vorstellen kann. Sieh Dir nur die Pyramiden an oder andere megalithischen Strukturen auf der ganzen Welt, die heute mit modernster Technik nicht mehr gebaut werden können. Da kann man noch viel mehr drüber finden, wenn man sich näher damit beschäftigt. Eine dieser Zivilisationen, die wir heute kennen, war Atlantis. Es war keine Insel, so wie Plato sie beschrieben hat, sondern eine globale Zivilisation mit Kolonien im Weltraum, die unser Level der Entwicklung um etwa 5000 Jahre übersteigt. Diese Zivilisation kann man als Vorläufer der modernen Menschheit ansehen. Und ihr Wissen und Einfluss haben eine entscheidende Rolle bei weltlichen Ereignissen gespielt. Sie wurden über Jahrtausende hinweg in geheimen oder halbgeheimen hermetischn Gesellschaften wie den Orphikern, den Templern, den Rosenkreuzern, Freimaurern usw. Dieses Wissen kann man zu seinem großen Vorteil für sich selbst und unsere derzeitige Zivilisation nutzen, um große soziale und spirituelle Sichtweisen zu erhalten, und um individuelle Entwicklung und Freiheit zu erlangen. 

Daniel: Ich finde es immer faszinierend, wenn Metal-Musiker mit einem Orchester zusammenarbeiten!

Alex: Da stimme ich Dir voll zu! Ich finde sogar, dass Symphonic Metal, also Heavy Metal mit einem Orchester und einem Chor, das kraftvollste und fortschrittlichste Genre in der Geschichte menschlicher Musik ist. Sie kann jedes erdenkliche Instrument dabei haben. Es kann Dir jeden Grad der Power, Spannung und Emotion geben - von der kleinsten Kleinigkeit bis zum größten Sound-Erlebnis. Wir wollten immer schön mit einem Orchester und einem Chor zusammenarbeiten, und auf „Live New World" haben wir damit angefangen. Ich denke, dass wir nächstes Mal mit einem vollständigen Orchester und einem Chor auf einer großen Bühne stehen werden. 

Daniel: Hast Du denn eigentlich Musik studiert oder so?

Alex: Das kommt darauf an, was Du darunter verstehßt, hehe! Wenn Du ein richtiges Studium an der Uni meinst, dann nicht. Wenn Du aber meinst, dass ich mich intensiv mit den musikalischen Werken von verschiedenen Komponisten und Songwritern - von früher und heute - dann habe ich natürlich Musik studiert und werde dies auch weiterhin ausgiebig tun.  

Daniel: Auf dem neuen Album  „New World" habt Ihr mit einem echten Orchester gearbeitet. Welches war das? Und wie seid Ihr mit ihnen in Kontakt gekommen? 

Alex: Auf New World” und  „Live New World” haben wir mit dem Moskauer Staatskonservatorium gearbeitet. Wir kennen die Chorsänger und ihren Dirigenten seit vielen Jahren. , Und wir hatten auch vorher schon mit ihnen gearbeitet, auf unsererm Legacy of Atlantis”-Album und auf dem „Beloved Antichrist”-Album von Therion. Es war also kein Problem, an Orchestermusiker ranzukommen. Sie waren sehr interessiert an uns mochten unsere Musik. Einer von ihnen mit einem Doktortitel veröffentliche sogar ein Schreiben über uns und unsere Musik. 

imperial ageDaniel: es gibt von dem Album auch eine Doppel-CD mit einer komplett orchestralen Version, also ohne die Band. Was war die Idee dahinter? 

Alex: Es ist mittlerweile normal für Bands, Bonusmaterial für Deluxe Editions beizufügen. Diese orchestrale Version gibt es nur bei der „New World"-Mediabook Edition - zusammen mit einem doppelten Booklet, das Illustrationen zu jedem einzelnen Song enthält. 

Daniel: Werdet Uhr mit dem Orchester auch live auftreten? Oder werdet Ihr es bei der Studioarbeit belassen? 

Alex: Am 26.12.2021 spielten wir ein großes Online-Konzert mit Chor und Orchester. Wir nannten es „Live New World”. Es war ganz am Ende der Pandemie und des Lockdowns. Und 51.000 Menschen haben sich das in allen Teilen der Welt angesehen. Jetzt gibt es das auf CD, Blu-Ray und DVD, und Ihr könnt es in unserem Webshop oder bei Amazon bestellen. Ich denke, wir werden so etwas dieses oder nächstes Jahr noch einmal machen; dann aber mit einem großen Orchester und in einer großen Halle. Die Frage ist nur: wo? Hehe! 

Daniel: Hast Du die orchestralen Passagen eigentlich auf dem Keyboard geschrieben?

Alex: Ja! Ich vertraue anderen Leuten meine Musik niemals an! Jeder einzelne Teil und jedes einzelne Instrument würde von mir auf einem MIDI-Keyboard geschrieben. Wir haben jedoch für Aufnahmen und Live-Auftritte ein paar Spezialisten engagiert, um es auf Papier zu bringen, damit die studieren Musiker das verstehen könnten. Wir spielen nämlich nicht nach Noten, sondern nach Gehör, mit Tabulatüren und MIDI-Dateien. Ich habe das auch mal versucht, musste aber schnell feststellen, dass mir das zu zeitaufwendig ist und ich all die Einzelheiten nicht verstehe.

Daniel: Du bist von Russland in die Türkei gezogen. Was waren die Gründe dafür? 

Alex: Einige Tage vor Kriegsausbruch, als Putin von der Erkenntnis der „Erkennung” der Donbas „Bevölkerung” sprach, war uns klar, dass Scheiße passieren würde und haben Pläne für den schlimmsten Fall geschmiedet. Als es richtig losging, haben wir viel gegen den Krieg gepostet, und Jane und ich haben unsere Sachen gepackt. Wir müssten auch Papiere für die Katze bekommen. Wir hatten schon lange geplant, eines Tages auszuwandern. Russland ist nicht der beste Ort für eine internationale Metal-Band. Wir wollten es aber langsam angehen und gut vorbereitet sein. Aber als sie anfingen, Leute zu töten, das Land zu isolieren, beim Rest der Welt anzuecken und alles auf unsere Kosten zu rechtfertigen, gab es für uns und viele andere Millionen Russen kein Züruck mehr, die mit dieser totalitären Regierung nichts zu tun haben wollen. Es war eine einfache Entscheidung: entweder gehen oder mit Metal aufhören und einen normalen Job suchen und hoffen, dass man nicht dazu gezwungen wird, eingezogen zu werden und Verbrechen gegen unser Nachbarland zu begehen. Wir werden oft gefragt, warum dann gerade in die Türkei? Warum nicht Europa oder Nordamerika? Nun ja, Russen brauchen ein Visum, um in westlichen Ländern leben zu dürfen. Und es war schwierig, sie vor dem Krieg zu bekommen. Das ist jetzt sogar noch schlimmer geworden! Das ist keine Option, wenn Du sofort gehen musst! Die Kombination aus Anbindung nach Europa und Mittelmeer war eine gute Option für das vorübergehende Aussiedeln. Wir könnten das Geld bekommen und noch weiter nach Westen aussiedeln. Wir brauchten Zeit, um unser Album "New World" fertigzustellen, die Musikvideos zu drehen und auf Europa Tour zu gehen. All unsere Arbeit wurde durch den Krieg und die beinahe totale Isolation Russlands unterbrochen. Also müssten wir komplett von vorne anfangen. Das haben wir nun bewältigt, und da die Situation für Immigranten in der Türkei auch schlimmer geworden ist, bereiten wir uns darauf vor, ein weiteres Mal auszuwandern. 

Daniel: Hatte das Aussiedeln in die Türkei auch Auswirkungen auf die musikalischen Einflüsse, wenn es zum Beispiel um folkige Melodien oder so geht?  

Alex: Nein, kein bisschen. Für mich hat Geographie nichts mit musikalischen Einflüssn zu tun. 

Daniel: Wo habt Ihr das Album aufgenommen? Und wer hat produziert ?

Alex: Wir hatten fast alles schön vor dem Krieg fertiggestellt, aber wir mussten noch ein paar letzte Gesangsaufnahmen hier in Antalya machen. In Moskau haben wir wie immer in Studio von CDM Records mit Sergei Lazar als Sound Engineer gearbeitet. Ich produziere alle unsere Alben selbst. Wie gesagt: Ich vertraue anderen meine Musik nicht an, haha! Hier zu Hause habe ich mir ein kleines Studio eingerichtet, wo ich Gesang aufnehmen kann. Sergei sagt, die Qualität ist ziemlich gut, hehe! 

Daniel: Ich mag das Artwork von „New World“ sehr! Von wem stammt es? Und wie seid Ihr mit dem Künstler in Kontakt gekommen?

Alex: Vielen Dank! Ich erfand das Konzept mit dem Schiff im Sommer 2020. Jane machten ein paar Skizzen mit dem Bleistift. Ich bin leider sehr schlecht im Zeichnen, aber sie kann das richtig gut! Danach haben wir die Skizzen mit detaillierten Erläuterungen an Jan Yrlund weitergegeben, der von Anfang an alle unsere Artwors gemalt hat. Er ist ein bekannter Künstler und Gitarrist aus Finnland. Wir kennen uns seit 2012 und sind seitdem gut befreundet. 

Daniel: Ich finde ja, das sich das Artwork perfekt für eine Vinyl-Veröffentlichungeignet. Gibt es dafür konkrete Pläne?

Alex: Die LPs werden gerade gepresst. Es wird allerdings noch eine Weile dauern, wie bei Vinyl-Produktionrn im Moment so üblich...

Daniel: Bis jetzt habt Ihr drei Studio-Alben veröffentlicht. Sind sie alle noch erhältlich?

Alex: Na klar! Ihr könnt alle unsere Alben auf unserer Homepage https://shop.imperial-age.com und bei Amazon bekommen. Beide verschicken weltweit. Unser Lager befindet sich in Rom, in Italien. Ihr werdet Eure Bestellunen also in circa einer Woche bekommen. 

imperial ageDaniel: Wie sehen denn Eure Zukunftspläne mit Imperial Age aus?

Alex: Dieses Jahr planen wir, erneut in ein anderes Land auszuwandern. Gleichzeitig wollen wir aber auch auf einigen Festivals spielen und hoffentlich endlich unsere Tour durch Großbritannien nachholen, die seit 2020 immer weiter verschoben wurde. Wir kommen im September und Oktober auch nochmal auf Europa Tour, und wir werden ein Crowdfunding machen, um ein Visum für die USA Tour zu bekommen, die uns wahrscheinlich auch nach Kanada und Mexiko führen wird. Parallel dazu werden wir natürlich auch neue Songs für ein neues Album schreiben!  

Daniel: Na gut, Alex! Dann gebührt Dir noch das Schlusswort!

Alex: Ich kann nur sagen, dass wir ohne unsere Fans weder künstlerisch noch geografisch dort wären, wo wir jetzt sind. Danke für die unendliche Unterstützung und Geduld. Wir können das machen, was wir wollen und sein, wer wir sind und Euch unsere Musik geben! Danke für alles, was Ihr für uns getan habt! 



Autor: Daniel Müller