Es ist schon ein wenig deprimierend, wenn man nach einem zweistündigen Stauhopping, fünf Minuten vor Einlass, an der Venue ankommt und dort gerade mal eine Handvoll Leute steht. Aber so sind die Zeiten im Moment nun mal, keiner weiß ob da eine Besserung in Sicht ist. Man kann nur an die Menschen appellieren, auch Konzerte kleinerer und mittlerer Bands zu Besuchen. Sonst geht die Szene dort irgendwann baden. Die alten Dinosaurier sterben irgendwann weg und der Nachwuchs hat bis dahin das Handtuch geworfen.
Im Eingang lief mir schon Miss Telli über den Weg, so konnten wir direkt den geplanten Interview Termin für heute absprechen. Dann mal gerade an den Merchandise Stand, um zu schauen, ob es etwas Interessantes dort gibt. Noch flott ein Getränk und dann auf den Showbeginn warten.
Pünktlich, wie ein Schweizer Uhrwerk eben, erscheinen jetzt Seraina Telli und ihre Mitmusiker Mike Malloth an den Drums sowie Carmen Alexandra am Bass, auf der Bühne. Schlagzeuger Mike spielt auch bei Serainas Band Dead Venus. Und die Lady gibt dann sofort Vollgas, logischerweise mit den Songs ihres aktuellen Albums „Simple Talk“. Der Sound ist heute mal brillant, da habe ich in diesem Keller schon ganz andere Sounds erleben müssen. Die Drei auf der Bühne machen jedenfalls so richtig ein Fass auf und die durchaus radiotauglichen Songs rocken gewaltig. Schon das dritte Stück „Remedy“ ist so ein richtiger Nackenbrecher und lässt die Haare fliegen. Zwischendurch wird es mal kurz ruhiger und Seraina spielt eine Akustik Gitarre, während sich Drummer und Bassistin eine kurze Auszeit gönnen. Vor dem Song „Remember You“ verteilt die Bass Lady dann diese Knick-Leuchtstäbe im Publikum und fordert zum Schwenken derselben auf. Das spärliche Publikum hat definitiv Spaß, feiert die Band und ihre Lieder, die bis auf die Cover Version von „Fever“, alle aus eigener Feder stammen. Und bei „Modern Warrior“ singt dann die ganze Audience lauthals mit. Ein schicker Auftritt, der mit einer dreiviertel Stunde Spielzeit für meinen Geschmack eigentlich zu kurz ist. Nach der Show steht Seraina natürlich postwendend am Merchandise Stand bereit, um mit den Fans zu kommunizieren.
Setlist: Dreamer, I’m Not Sorry, Remedy, Not One Of Your Kind, Medusa, G.E.B. , Remember You, Fever, I Dare To You, Take Care, Modern Warrior
Jetzt wird umgebaut und dann heißt es Bühne frei für CoreLeoni, die Band des Gotthard Gitarristen Leo Leoni. Der Bandname ist ein Wortspiel aus dem Namen der sizilianischen Stadt Corleone und dem Nachnamen des Bandleaders, was so viel wie "Leonis Herz" bedeutet. Am Bass spielt Mila Merker, der auch schon von Gotthard bekannt ist. Ein weiterer Gotthard Veteran ist Igor Gianola an der Gitarre. Die Vocals steuert seit 2020 der aus Albanien stammende Eugent Bushpepa bei und am Schlagwerk sitzt Alex Motta. Ein perfekt aufeinander eingespieltes Quintett, das direkt in die Vollen geht. Auch hier wieder mit sehr gutem Sound, scheinbar sitzt heute ein echter Profi am Mischpult, oder die Halle klingt mit wenigen Zuschauern besser. Nun da ich kein Soundtechniker bin, kann ich das nicht beurteilen, sondern höre nur das Ergebnis. So macht ein Konzert echt Spaß, auch mit dem Nebel hält man sich etwas zurück. Diese Unsitte, Musiker und Bühne mit spärlichem Licht im Dunst verschwinden zu lassen, trifft mal leider immer häufiger bei Shows in Deutschland an. Manche Lichtmischer scheinen zu vergessen, dass eine Live-Show ein audiovisuelles Erlebnis sein sollte. Heute wird allerdings in der Beziehung erstklassig geliefert. Und es ist richtig was los, die Saitenfraktion schiebt sich die Bälle zu, der Sound ist knackig und die Songs kommen extrem Energie geladen rüber. Sänger Eugent ist auch ein echter Glücksgriff in der aktuellen Besetzung, ein durchaus würdiger Ersatz für seinen Vorgänger Ronnie Romero. Er bringt die Stücke mit viel Emotionen und voller Inbrunst rüber. Das hat schon etwas. Als traditionelle Hard Rock Kapelle hat man dann auch ein Drum Solo im Gepäck, noch so ein Gimmick, den ich häufig bei jüngeren Bands vermisse. Ob es nicht mehr angesagt ist, oder die Drummer es einfach nicht drauf haben etwas zu improvisieren, weiß ich nicht. Natürlich besteht das Dargebotene in der Hauptsache aus Gotthard Stücken. 
Aber man hat ja auf den ersten beiden Alben sowieso die alten Sahnestücken der Steve Lee Ära neu aufgelegt. So kommen lediglich vier neue Songs zum Zuge, als da wären „Purple Dynamite“, „Guilty Under Pressure“, „Let Life Begin Tonight“ und „Like It Or Not“ Auch der Zugaben Teil beschränkt sich auf Gotthard Material. Doch das ist genau das, was die Zuschauer hören möchten, auch wenn die neuen Songs deswegen keinen Deut schlechter sind und so richtig knallen. Sozusagen ein Rundum Wohlfühl Paket für meinen Geschmack, was ich ehrlich gesagt nicht so wirklich erwartet hatte. Das letzte Mal als ich diese Lieder live von Gotthard gehört habe, fehlte mir ein wenig die Power. Davon gab es diesmal reichlich!
Setlist: Sister Moon, Make My Day, Standing In The Light, Downtown, Movin' On, She Goes Down, Purple Dynamite, Guilty Under Pressure, Let It Be, Let Life Begin Tonight, Mountain Mama, Like It Or Not, Drum Solo, Firedance, Ride On, Here Comes the Heat, Fist in Your Face, Lay Down the Law
