Eins weiß ich genau, nie mehr zu dieser Location mit dem Auto. Es ist fast unmöglich, in den Abendstunden hier einen Parkplatz zu ergattern. Nachdem ich zigmal um den Block gefahren war, und mein Auto endlich abgestellt hatte waren die Supernova Plasmajets bereits mit der vorletzten Nummer zugange. Knapp hundert Leute waren ins Helios 37 gekommen um Reckless Love plus Vorband zu sehen. Kein riesiges Publikum, aber die Location ist auch nicht so groß, dass es ungemütlich leer aussah. Der Altersdurchschnitt lag geschätzt mit so um die dreißig, außergewöhnlich tief. Wenn man bedenkt, dass hier eher die Musik meines Jahrgangs gespielt wird. Dies aber von vergleichsweise jungen Bands eben.

Es geht los mit den umtriebigen Supernova Plasmajets, welche schon oft im Vorprogramm von John Diva und anderen Acts zu sehen waren. Vom Stil her eigentlich genau mein Ding und passend zum Hauptakt. Jedoch muss man das Organ von Sängerin Jennifer Crush schon mögen. Besonders wenn sie sich bei den Refrains in höhere Regionen wagt, ist die Stimme der sonst sympathischen Frontfrau doch hart an der Grenze des Erträglichen. Aber am Gesang scheiden sich nun mal die Geister. Dem Großteil der Anwesenden gefällt es auf jeden Fall. Trotz, dass die Band über zwei Gitarristen verfügt, unterlegen die Plasmajets ihren Sound noch mit Keyboards aus der Konserve. Ein Merkmal das ich nicht mag, aber welcher Nichtmusikern eher weniger ausstößt. Die Band gibt auf der Bühne alles und Jennifer ist eine Rampensau vor dem Herrn. Die Stimmung war gut aufgeheizt für die Rocker aus dem hohen Norden.

Nach kurzer Umbaupause legten die Finnen von Reckless Love los. Durch Corona und andere Umstände bedingt waren sie lange nicht mehr auf Tour und auch das neue Album „Turborider“ ist das erste Lebenszeichen seit einer Ewigkeit. Lustig ist, dass ich Reckless Love ungefähr einhundert Meter vom Helios 37, vor exakt genau zehn Jahren im nun nicht mehr existierenden Live Club Underground, zum ersten Mal gesehen hatte. Geändert hat sich bei der Band seit damals nicht viel. Die neue Scheibe „Turborider“ kommt bekanntlich mit neuen Synthesizer-Sounds nach 80er Vorbild daher. Einige dieser neuen Songs standen nun auch auf dem Liveprogramm. Bei diesen Tracks kamen auch die elektronischen Sounds, wie schon bei der Support Band, vom Band. Die alten Tunes wurden ohne jegliche Untermalungen pur präsentiert. Für meinen Geschmack sollte man sich wieder umbesinnen und auf die synthetischen Klänge verzichten. Die Band hatte sich, wie schon erwähnt, sonst aber nicht verändert. Was auch gut so ist. Oli Hermann ist eine junge Ausgabe von Dave Lee Roth und Vince Neil, war stimmlich und auch mental in Hochform. Absolut atemberaubend auch Gitarrist Pepe Reckless. Er spielt die Soli Note für Note, wie von den Platten.

Und jedes Solo ist ein sogenannter Song im Song, einfach brillant. Neben den schon erwähnten Nummern vom neuen Release wie dem Titeltrack oder dem Ozzy Osbourne Cover „Bark At The Moon“, fanden sich auch Reißer der vorherigen Alben wie „Monster“, „Like A Cobra“, „Eyes Of Maniac“, „Night On Fire“ in der Setlist wieder. Die Meute war außer Rand und Band. Da es der letzte Gig der Tour war, bat Oli Herman am Ende die Supernova Plasmajets, als auch alle Mitglieder der Crew auf die Bühne. Zu guter Letzt lässt sich nur hoffen, dass Reckless Love die Fans nicht wieder so lange auf die nächst Tour und Platte warten lassen. Die Band gehört definitiv in größere Hallen. An Hits mangelt es nicht. Für mich war dies auf jeden Fall eines der besten Konzerte der letzten Zeit!