METAL BABES FESTIVAL

Bree (Belgien), Ragnarok, 03.09.2022

Metal Babes live2022Unser Weg führt einmal mehr ins Nachbarland mit den unzähligen Friterien, klar nach Belgien. Das kleine Städtchen Bree beherbergt nicht nur eine Filiale von De Potters, mit dem besten Eis in dieser Gegend, sondern auch den berühmten Ragnarok Live Club. Dieser kleine, aber feine Laden, bietet regelmäßig Konzerte bekannter Bands an. Heute allerdings steht die fünfte Auflage des Metal Babes Festival an, wobei mir da spontan Comic Heldin Barb Wire und ihr Ausspruch „Don’t Call Me Babe“ einfällt. Bei der Ankunft erst einmal ein großes Hallo, schließlich hat die Corona Zwangspause unglücklicherweise dazu geführt, dass man viele Leute seit fast drei Jahren nicht mehr gesehen hat. Dementsprechend groß ist die Wiedersehensfreude. Die Bühne steht heute im Außenbereich, was bei den sommerlichen Temperaturen sehr zu begrüßen ist. So ist die Chance auf ein wenig frische Luft gegeben. Ein paar Meter weiter stehen ausreichend Parkflächen zur Verfügung und einige Helfer sorgen dort für Ordnung. Überhaupt funktioniert alles wie am Schnürchen, eine kompetente Thekenmannschaft und belgische „Haute Cuisine“ vor dem Eingangsbereich, sorgen für das leibliche Wohl. Die Getränkepreise sind äußerst moderat, wenn man das mal mit anderen Veranstaltungen vergleicht. Da gehen 2,50 € für ein Bier mehr als in Ordnung. Die ebenfalls sehr entspannte Atmosphäre gefällt, und auch die Mitglieder der verschiedenen Bands bewegen sich ungezwungen zwischen den Fans. Geduldig erfüllen sie jeden Foto- oder Autogramm Wunsch. Auch wenn einige vor dem Auftritt vielleicht doch lieber ein paar Minuten der inneren Einkehr gehabt hätten.

Alles in allem eine klasse Organisation von Koen Rommelrock und Jeke Jan Hertog sowie der Crew. An dieser Stelle noch ein herzliches Dankeschön für die Einladung. Wir hatten viel Spaß!

 

Bleedskin live 2022Los geht es mit finsterem Death Metal von BleedSkin aus Belgien. Das gemischte Doppel bestehend aus Rémy Adam am Bass, Céline Mazay  an der Gitarre, Julien Vanhees am Schlagzeug sowie direkt aus den Tiefen der Hölle, Sängerin Anouk Debecq. Dem einlaufenden Publikum, immerhin ist es erst kurz nach Mittag, präsentiert man geradlinigen Death Metal im Stil von Malevolent Creation oder Krisiun. Eine Wand aus brettharten Riffs, die trotzdem eingängig sind und eine gewisse Affinität zur alten Schule des Todesblei erkennen lassen. Allerdings ohne dabei die neuen Einflüsse des Genres komplett zu ignorieren, gibt es viel heftiges Geballer, das immer wieder von groovigeren Parts aufgelockert wird. Genau die richtige Mischung zwischen Härte und Melodie. Die Leute haben Spaß, was wohl auch am ständigen Anheizen durch die Gitarristin liegt.

Setlist: Silence Is Your Only Way, No One, Rotten, Schizophrenia, Eternal, Physical Redemption, Bleedskin

 

Adligate live2022Nach der gerade erfolgten Grundreinigung der Gehörgänge, folgt nun mit Adligate eine deutsche Kapelle. Nun, um es direkt vorwegzusagen, so richtig passt die Kombo nicht hierhin. Ich könnte sie mir eher auf dem Freak Valley Festival, einer beliebigen Krautrock Veranstaltung oder auf einer Biker Party vorstellen. Die dargebotenen Songs wirken doch recht altbacken, spielerisch sowohl auch gesangstechnisch. Frontfrau Kerry Bollmann hat bestimmt schon einmal Gesangsunterricht genommen und auch eine kräftige Stimme, doch so richtig will der Funke nicht überspringen. Auch die Gitarrenarbeit von Michael Kusch klingt in meinen Ohren recht krautig, gut gespielt aber eben auf der falschen Veranstaltung. Am Anfang dachte ich zuerst, dass es sich um eine Cover Band handelt. So eine Mischung aus Iron Butterfly und ähnlichen Kapellen dieser Ära.

Es reicht eben nicht ein „Lemmy Forever“ Shirt zu tragen. So fällt dem aufmerksamen Zuschauer dann doch auf, das auch vor der Bühne recht wenig los ist.

Setlist: Fake, What You Want, You And I, Sleepless Night, See You In Hell, Sommer, Come On, Wild Child

 

Alia Tempora live2022Weiter geht es mit Alia Tempora aus der tschechischen Stadt Brünn. Ihre Musik ist von Pop-, Dance- und Dubstep-Musik beeinflusst. Allen voran die fleischgewordene Disco Kugel Markie Morávková, die nicht nur durch ihre Haarpracht in knalligem Pink auffällt. Dazu ein silberfarbenes Stage Outfit mit kurzem Lametta Röckchen, früher war mehr Lametta, um es mal mit Loriot zu sagen. Dieser optische Overkill zieht natürlich einen Haufen alte Männer vor die Bühne, die mit riesigen Rohren, also ich meine jetzt Teleobjektive, in die vordersten Reihen stürmen, um entsprechende Fotos zu schießen. Da die Band für ihr fanfreundliches Auftreten bekannt ist, gibt es auch entsprechend Betrieb vor der Bühne. Gegründet wurde Alia Tempora durch Markie Morávková und Gitarrist Štěpán Řezníček im Jahre 2012. Markie ist die Tochter von Miloš Morávek, Gitarrist der tschechischen Art Rock Band Progres 2, die immerhin seit 1968 existiert. Stimmungsmäßig ist jetzt gut was los und das Auge bekommt eine energiereiche Performance geboten.

Setlist: Dragonfly Effect, Black 'n' White, Bark On Me, Asking, Haul Of Fame, Leave You Behind, Ready Hun?, Get Well Soon, Fake It Till You Make It, Loser Like Me, Mockingjay

 

 

Imperia live2022Als nächste Kapelle steht Imperia auf dem Speiseplan. Hier zeigt sich einmal mehr, wie sehr die Optik die Denkweise oder Erwartung des Betrachters beeinflussen kann. Frontelfe Helena Iren Michaelsen hat in letzter Zeit deutlich Federn gelassen, vermutlich wohl auch gesundheitliche Probleme unterschiedlichster Art, da sie erschreckend abgemagert ist. Daher war meine Erwartung an die nun folgende Show fälschlicherweise recht niedrig. Aber dann ertönen die ersten Takte und ihre Wahnsinns Stimme setzt ein wie ein Orkan. Gänsehaut Feeling pur, die Dame hat es gesanglich richtig drauf. Da stimmt jeder Ton, jede Geste und auch die Mimik passt hervorragend zu den Songs aus ihrer langjährigen Karriere. Unter anderem hat sie vor der Gründung von Imperia bei der norwegischen Dark-Metal Formation Trail Of Tears gesungen. Diese Lady hat trotz allem eine unglaubliche Ausstrahlung und auch musikalisch bewegt sich alles auf einem hohen Niveau! Die Band, die immer noch in ihrer Urbesetzung unterwegs ist, bezeichnet ihren Stil selbst als Atmospheric Metal. Das trifft es insoweit gut, denn ein Runterbrechen auf Symphonic Metal würde der dargebotenen Leistung nicht gerecht. Sie kann clean singen, mit Kieksern, die einer Nina Hagen zur Ehre gereichen würden. Doch auch die dunklen Tonlagen, bis hin zum sparsam eingesetzten Growlen sitzen perfekt. Und wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen das diese Truppe mein persönliches Highlight auf dem Festival waren.

Setlist: Intro, Touched By, Broken Wings, Dream Away, Let Down, Secret Passion, Unspoken, Starlight, Flower And The Sea, The Calling

 

Edge Of Paradise live2022Nun folgt Edge Of Paradise mit der unglaublich liebenswerten Margarita Monet. Im Dezember 2019 hatten wir beide eigentlich einen Face To Face Interview Termin. Leider warf ein Todesfall in meiner Familie den Plan an diesem Tag über den Haufen. Wir haben es dann per Mail nachgeholt. Hier bei Crossfire nachzulesen

Margarita wurde in Eriwan, Armenien, geboren und zog schon in jungen Jahren nach Moskau, Russland bevor sie dann im Alter von elf Jahren mit der ganzen Familie nach Houston umzog. Gerade mal vier Jahre alt, startete sie bereits mit Musikunterricht und entwickelte sich schnell zu einer großartigen Pianistin.  Aber auch ihre kraftvolle Stimme und ihre unglaubliche Bandbreite sind ein Markenzeichen, der 2011 in Los Angeles gegründeten Edge Of Paradise. Die Zuschauer bekommen eine ausgefeilte Bühnenshow geboten, wo die Choreografie sitzt. Natürlich kommen einige Sound Elemente aus der Konserve, was sich bei dieser Art der Musik nicht vermeiden lässt. Es sei denn man will mit einem größeren Ensemble touren, was aber ein nicht zu unterschätzender finanzieller Aufwand wäre. In der heutigen Zeit kaum noch durchführbar, wenn man sich nicht auf dem Level von Bands wie Metallica oder Rammstein bewegt. So vereinen sich harte Gitarren mit klassischen Elementen und elektronischen Klängen, über allem thront die prägnante Stimme der Nachtigall. Wobei mir die Passagen mit etwas tieferem Gesang mehr zusagen. Leider ist der Klang in der ersten Reihe bei den Amerikanern etwas suboptimal, da die Stimme so gut wie nicht zu hören ist. Dann bewege ich mich halt in Richtung Bierstand, denn erstens muss man bei dem warmen Wetter auf seinen Flüssigkeitshaushalt achten und zweitens klingt es hier richtig fett. So lässt es sich aushalten, ein rundum ansprechender Auftritt, der auch durch die ganz langsam einsetzende Dämmerung in einem großartigen Licht erscheint.

Setlist: You Touch You Die, Digital Paradise, Tidal Wave, Fire, Believe, Leaving Earth, Bound To The Rhythm, One Last Time, My Method Your Madness, False Idols, The Unknown

 

Dust In Mind live2022Neblig ist es auf der Bühne, als jetzt die Franzosen von Dust In Mind die Bühnenbretter betreten. Diese Truppe habe ich zum ersten Mal als Support für Peter Tägtrens Pain gesehen und fand sie da schon beachtlich. Es folgten daher noch einige Auftritte mehr, bei unterschiedlichen Gelegenheiten. Zumal Sängerin Jennifer Gervais auch eine nette Person ist, die immer sichtlich erfreut ist, wenn sie bekannte Gesichter unter den Fans entdeckt. Es gibt auch kein langes Federlesen, die Jungs und die Lady zeigen den Zuschauern direkt wo der Bartel den Most holt. Und bei einer Discographie, die unter anderem bereits vier Langrillen und eine Live-Scheibe beinhaltet, hat man genug Material, um ein abwechslungsreiches Set zu gestalten. Von der ursprünglichen Besetzung aus 2013 sind nur noch Jennifer und Gitarrist Damien Dausch am Start, nichtsdestotrotz wirkt alles wie aus einem Guss. Dazu muss ich sagen, dass Frankreich kein Ort ist, an dem normalerweise Metal produziert wird, der meine Aufmerksamkeit erregt. Dust In Mind bilden da eine wohltuende Ausnahme! Alleine schon das Retro mäßige Drum Solo finde ich immer wieder Klasse! Davon abgesehen ist Jennifer auch eine hervorragende Persönlichkeit, die mit ihrem Publikum spielen kann.

Und allein diese Interaktion macht die Show zu etwas Besonderem. Tausendmal besser als ein stoisches dastehendes Publikum, das mit verschränkten Armen und aufgesetzter Coolness der Darbietung lauscht. Nein hier wird gehüpft, gebangt und Party gemacht. So soll das sein.

Setlist: Lost Control, Take me Away, Another Dimension, Get Out, Break, Day O, From Ashes To Flames, No Way Out, Empty, Speak For The Voiceless, Open Your Eyes, Synapses, This Is The End

 

Imperial Age live2022Jetzt ist es an der Zeit für den Headliner, die Musiker von Imperial Age betreten zu den Klängen ihres Intros die Bühne. Wie immer natürlich in fantasievollen Kostümen. Die russische Symphonic-Metal-Band, die 2012 in Moskau von Alexander „Aor“ Osipov und Jane „Corn“ Odintsova gegründet wurde, erlangte durch ausgiebiges Touren bereits internationale Bekanntheit. Bedingt durch die aktuelle politische Lage, gab es derzeit viele Probleme, die der Truppe zu schaffen machte. Ein Hals über Kopf Standortwechsel in die Türkei, zurückgelassenes Equipment, Merchandise das nicht verfügbar war und an Grenzen blockiert wurde und vieles mehr. Davon ist heute Abend allerdings nichts zu merken und die Damen und Herren geben ihre ausgefeilte Show zum Besten. Perfekt inszeniert mit passender Choreografie wird nichts dem Zufall überlassen, schon beim Soundcheck konnte man die Professionalität der Akteure erahnen. Das ist selbstredend eine gewaltige Ladung an Bombast und Theatralik, gewürzt mit Elementen von Speed und Power Metal. Die textlichen Aussagen beziehen sich hauptsächlich auf die großen Zivilisationen, die derjenigen vorausgingen, in der wir jetzt leben. Die drei Gesangsstimmen, Jane „Corn“ Odintsova (Mezzosopran), Anna „KiaRa“ Moiseeva (Sopran) und Alexander „Aor“ Osipov (Tenor) bilden eine dichte Wand gewaltiger Stimmen. Allein wegen dieser Stimmgewalt, sollten sie eigentlich in Stadien oder riesigen Hallen mit fünfstelligen Zuschauerzahlen spielen, um den Ausdruck ihrer Musik darzustellen. Auf kleineren Bühnen wirkt es manchmal ein wenig überfrachtet. Aber das ist mein persönlicher Eindruck, die Menge vor der Bühne feiert die Band gebührend und langsam neigt sich der abwechslungsreiche Tag dem Ende zu. Und am Ende gibt es sogar mit „Call Of The Towers“ noch eine Zugabe.

Setlist: Windborn, The Monastery, To The Edge Of The Known, Distant Shores, The Wheel, Shackles of Gold, The Way Is The Aim, Legend Of The Free, And I Shall Find My Home, Legacy Of Atlantis, Call Of The Towers

 

Bleibt zu sagen, dass es riesigen Spaß gemacht hat und die Organisatoren inklusive der Crew ganze Arbeit geleistet haben. Ich habe am gesamten Ablauf keinen Kritikpunkt gefunden, was in diesen Tagen nicht selbstverständlich ist. Und der Auftritt von Imperia bleibt mein Highlight des Tages, Punkt!



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Pistol & Andrea Schmidt