DANNER - EGOISM
Label: | NEWSTYLE |
Jahr: | 2022 |
Running Time: | 45:54 |
Kategorie: |
Neuerscheinung |
In der Kulturszene ist es seit geraumer Zeit still, auch in Aschaffenburg und Umgebung. Kaum Live-Auftritte und sonstige Veranstaltungen. In dieser Gegend ist man auch im Bereich von Studioveröffentlichungen nicht sehr verwöhnt. Das muß sich ändern, dachte sich Chris Danner und hat sein Projekt Danner, also nach ihm selbst benannt, ins Leben gerufen. Mit dabei sein Sidekick aus Jugendzeiten Didi Beck (Boppin’B) am Bass, Manu Stein (Drums), sowie die faszinierende Ina Morgan (Udo Lindenberg, Avantasia) und der reichlich stadtbekannte Sebastian Bogensperger am Mikro, welches sich die beiden im Verlauf des Albums abwechselnd zustecken.
Chris Danner sorgt natürlich neben Songwriting und Produktion für das Gitarrenspiel, welches, soviel vorweg, mitunter recht heftig ausfällt. Live holt er sich hier noch Unterstützung von Thomas Mayer (Cervet), der für heftigere Saitenanschläge ja auch bekannt ist. Die Jungs und das Mädel spielen aber auf „Egoism“, so der Titel des Albums, nicht einfach irgendwelche Stadtfest-Klimperei oder Session-Kram, sondern handfesten Progmetal, moderner Art. Danner selbst nennen das Ganze zwar Progressive NuMetal, aber ich würde das Nu weglassen und eher als komplexen Progmetal mit Industrialanflügen bezeichnen.
Mit Stimmengewirr, Brummen und harschen Geräuschen herrscht sofort düstere Atmosphäre, aufgelockert durch ein melodisches Gitarrenthema. Nach diesem Intro geht es mit „Back Then“ moll-lastig weiter, Beck und Stein legen düster wuchtige Bass-bzw. Drumbasics. Ina Morgan darf den ersten Song einsingen und tut dies in wunderbarer Art und Weise. Einfach eine tolle Stimme die Frau, die von klar und ein wenig soulig bis kratzbürstig intensiv alles beherrscht. Moderne Riffs und Rhythmen treffen im Bereich der Gitarren auf saubere Melodien, die unweigerlich ins Ohr gehen.
Fast schon fröhlich beginnt „Where Blackbirds Fly“, es begegnen sich etwaige Samples und eine feine Gitarrenmelodie. Erstmals greift Sebastian Bogensperger zum Mikro und begeistert im Wechsel mit dunklem, leicht wavigem und hohem, intensiverem Gesang. Ein wenig erinnert er mich an Geoff Mann, den ehemaligen Sänger der Progband Twelfth Night. Auch bei diesem Track herrscht düstere Atmosphäre, verstärkt durch verzerrte Vocals zwischendurch. Die von mir bereits angesprochenen Industrial-Vibes kann man beispielsweise bei „Narcissm“ nachvollziehen. Stakkato-Riffs und sehr vertrackte Parts vereinen sich mit sphärischen Gitarren und dem immens düsteren und teils kreischigen Gesang von Ina Morgan.
Vielleicht die meisten Essenzen eines Nu Metal beinhaltet „Snake Woman“, das nach Computersamples mit tiefer gestimmten Saiten durch die Gegend zupft. Erneut darf Ina ihr Können beweisen und vereinzelt wuchtige Klänge schieben die Nummer ein wenig in Richtung Technik-Prog. Sehr hart und weiterhin mit Tieftönen geht’s weiter mit „Egoism“, dem Titelsong. Sebastian zelebriert die düsteren Gesangslinien sowohl solo als auch mehrstimmig. Nach einem Break mit Piano und diversen Beats erheben sich Keyboards im Background, begleitet von etwas kratzigen Gitarrenklängen. Es wurde kein Keyboarder genannt, somit kann hier von Inanspruchnahme der Studiotechnik ausgegangen werden.
Für Entspannung der spannungsgeladenen Progmetal Eruptionen sorgt danach „Burned“. Sebastian Bogensperger zeigt auch in ruhigerer Art seine Klasse, lässt sich aber Intensität im Refrain nicht nehmen. Unterstützt von wuchtigen Drums, abgerundet durch feinste Akustik-Gitarre. Sehr eindrucksvolle Nummer. Leicht getriggerte Drums und straighte Riffs sorgen wieder für mehr Härte bei „In Chains“, ein recht hoch angesetzter Chor unterstützt Ina’s Gesang im Background. Mystisch und mit ruhigem Geklimper beginnend artet „Like A Flower“ wieder in komplexen Progmetal mit Stakkato Rhythmen und immens starken Drums aus. Ein letztes Mal lässt Sebastian einen melodischen Refrain vom Stapel. Denn bei „Never Ending Game“ darf nochmals Ina Morgan ran. Eher im Midtempo gehalten, gerät der Song recht eingängig, verbleibt in der Grundstimmung, wie fast das ganze Album, düster.
Zum Abschluß zaubern Danner mit „Peace And War“ noch ein reines Instrumental in die Rillen. Eine schöne Gitarrenmelodie, aber auch etwas funkige Momente, sowie generell saustarke Gitarrenparts bilden einen äußerst gelungenen Abschluß eines überraschend homogenen, aber anspruchsvollen Albums.
Wie es mit der Pandemie weitergeht, weiß man nicht. Ebenso wenig wie mit Danner. Das eine geht hoffentlich bald (Pandemie), das andere bleibt bitte erhalten (Danner). Denn Chris Danner hat es geschafft, regional hochwertige Musiker aus ganz unterschiedlichen Genres auf den Punkt für ein ProgMetal Projekt zu begeistern. Und diese bedanken sich für das Vertrauen mit sauberen Leistungen und versiertem Können. Der einzige Kritikpunkt, den man anführen kann, ist der Gitarrensound, dem etwas die Wärme oder auch das Volumen fehlt. Hier hätte man beim Mix mehr den Fokus setzen können, um noch mehr Atmosphäre rauszuholen.
Trotzdem ist „Egoism“ eine echte Überraschung, da man solch ein Album von regionalen Musikern aus heiterem Himmel mal gar nicht erwartet hat. Danner schlagen mit voller Wucht in die Szene, gerne bald auch live.
Note: 8 von 10 Punkten
Autor: Erich Robbers