TOKYO BLADE / IRON KOBRA / ATTIC

Oberhausen, Helvete, 14.10.2011

ATTIC 2011-10 OberhausenIm Oberhausener Helvete spielen heute Attic, Iron Kobra und Tokyo Blade bei kostenlosem Eintritt. Da gibt es nichts mehr zu diskutieren, da geht man hin. So dachten auch einige Kuttenträger und haufenweise Nachwuchsmetaller. Als erste Band heute Abend durfte die Menge die Gelsenkirchener Horrormetaller von Attic bejubeln. Attic, das sind fünf geschminkte Metaller, die sich schnurgerade an die 80er Wurzeln halten. Das gilt auch für die Optik mit Lederjacken, Bandshirts, Flying V’s, Patronengurte. Musikalisch wurde messerscharfer Old-School-Metal serviert, mit Doppellauf-Riffs, Arschtritt und zu guter Letzt mit einer Stimme wie, wie der vom King der erhabenen Mercyful Fate. Und sie sind so undergroundig, dass mir weder ein Demo, noch eine Internetpräsenz bekannt ist. Doch die Menge saugte das auf, wie ein trockener Schwamm, so war es doch schon zu Beginn recht eng vor der Bühne. Diese Combo konnte gnadenlos überzeugen, da sollte man ihre nächsten Gigs im Auge behalten! Als letztes Stück heute Abend warfen die Nachwuchstalente “Dying World“ von der ersten Pentagram-Platte in den Zuschauerraum, und sorgten bis zuletzt für fliegende Haare. Leider verhallten die Zugaberufe, und das Licht mit der Pausenmusik ging an. Letztere muss noch lobenswert erwähnt werden, denn Aneinanderreihungen solcher Klassiker von Ufo, Thin Lizzy, Scorpions, Saxon, Judas Priest wie an diesem Abend, bekommt man in den Umbaupausen selten.

 

IRON KOBRA 2011-10 OberhausenFür die nächsten fünfzig Minuten war dann freie Bahn für illustre Namensfetis, die auf die Pseudonyme Don Viper, Sir Serpent, Lightning Lord Python und Ringo Snake hören, aka Iron Kobra, ebenfalls aus Gelsenkirchen. Für erste Schmunzler sorgten sie schon beim Soundcheck, sind sie doch eine der größten Partymetaller der Region, und auf jedem Event ein Stimmungsgarant. Auch bei der Optik mussten wiederum gnadenlos die 80er herhalten, trug man doch gestreifte Stretchjeans, Bandshirts und Kutte. Zusätzlich tauchten der Bassmann und der Drummer noch ihr Gesicht in den Schminktopf. Die beiden Gitarreros, die bereits in frühen Tagen bei einer Kapelle namens Minjar zockten, teilten sich beide den hellen Gesang. Sänger Sir Serpent glänzt jedoch nicht mit einer coolen Ansagestimme, klingt er dabei doch eher ein wenig nach Kermit dem Frosch. Schon zu Beginn gibt’s es einige Zwischenrufe, die lautstark Manowar Songs fordern. Die Band kontert zunächst mal mit „Steamhammer“, und rumpelt „Valhalla Rock“ vom ersten Demo. Dabei reißt dem Sir eine Saite, legt seine zur Fünsaitigen gewordene ab und überzeugt durch Frontmannqualitäten mit dem Mikroständer im Anschlag. Zusätzlich betritt Attic und Erazor Gitarrist Katte die Bühne und darf einen Song mit seinen Kumpels zocken. Danach wird mit „Avenger“ ein neues Stück angesagt, welches mir heute Abend am Besten gefallen hat. Ein Fan, der zum Stagediven die Bühne enterte, wirft bei „Speedbiker“ erstmal einen Beckenständer um, was aber niemanden wirklich stört, wie die teils schiefen Chöre der beiden Ex-Minjar-Klampfer. Das ist bei der Stimmung hier im Keller echt allen so was von egal heute Abend. Auffällig oft wird die Textzeile „Heavy Metal“ benutzt, was die beiden Tracks „Metal Invader“ und „Metal Daze“ (das Manowar Cover) zum Abschluss unterstreichen. Kein Wunder, denn genau um das ging es ja auch.

 

TOKYO BLADE 2011-10 OberhausenGegen 23:00 Uhr sollten Tokyo Blade loslegen, nur hatte der Amp von John Wiggins was dagegen, und musste erstmal abrauchen. Kurze Zeit später wurde der Schaden behoben, während Nicolaj Ruhnow zur Überbrückung Singspielchen mit dem Publikum veranstaltete, zu dem noch im Back laufenden „Breaking The Law“. Gitarrist und Founder-Member Andy Boulton nahm derweil entspannt auf dem Drumpodest Platz, während ich grad feststellen muss, dass Tokyo Blade die erste Band des Abends sind, die komplett ungeschminkt auf die Bühne kommen. Nach einem kurzen Intro wird endlich mit „Night Of The Blade“ und „Break The Chains“ losgelegt, und alles steht wie erwartet Kopf, schließlich stehen dort vier New Wave Of Britisch Heavy Metal-Legenden auf den Brettern. Sänger Nikolaj glänzt mit perfektem Deutsch, klar, ist ja auch von hier, der Ex-Domain Sänger. „Dead Of The Night” schließt sich an, und mit „Lunch-Case“ wird der erste Track vom aktuellen Album “Thousand Men Strong” zum Besten gegeben, für das mein schlanker Schreiberkumpel Steve mal zehn Punkte vergab. Von diesem werden „Forged In Hell’s Fire“ und „Condemned In Fire“ und das Titelstück nachgelegt. Klassiker wie „Mean Streak“ vom ersten Album zünden trotz Drumsolo, das nahtlos in „Love Struck“ übergeht. „Lightning Strikes“, ebenfalls vom Zweitling „Night Of The Blade“ aus 1984, ist der beste Beweis dafür, wie sehr mit dieser Band noch zu rechnen ist. Wenn sie die Klassiker spielt, ohne sich selbst mit Akustikeinlagen von Leader Andy oder mit Drumsoli selbst auszubremsen, kommt sie erst richtig in Fahrt und überträgt eine Unmenge Energie auf die Audienz. Andy Boulton ist zwar nicht grad ein Fan von Stage-Divern und Crowd-Surfern, hat aber sonst schlicht die Ruhe weg und spielt grinsend seine flammende Sechsaiter. Die hell röhrende Stimme von Nicolaj kommt wegen mangelnder Schärfe nicht immer ganz passend, und wenn sie nur in einer Tonlage singt, wie den Refrain von „Unleash The Beast“. In diesen Momenten vermisst man die Ursänger Vicky Wright oder einen Alan Marsh. Nach „Midnight Rendez Vous“ verabschiedet sich eine Legende, die noch mehr kann, als sie heute gezeigt hat. Mit ihrem größten Hit “If Heaven Is Hell” als letzte Zugabe verabschieden sich Tokyo Blade nach etwa 65 Minuten, während zwei Chicks, die unter ihren Kutten nicht viel tragen, dazu auf der Bühne Tanzeinlagen geben. In der langen Warteschlange vor der Kasse werde ich noch einmal an die weisen Worte meines langhaarigen Kumpels Vasili erinnert, welcher mir noch einmal die Stärke vom Opener Attic erklärte.



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer