SVARTA - BEFREIUNG
Label: | CRAWLING CHAOS |
Jahr: | 2020 |
Running Time: | 62:07 |
Kategorie: |
Neuerscheinung |
Das erste, was an Svartas viertem Album auffällt, ist dass das Digipack verkehrt herum aufzuklappen ist. Mein innerer Monk rebelliert ein wenig, während ich die CD in den Player lege. „Experimental Black Metal“ lässt ja im ersten Augenblick immer Schlimmes vermuten, jedoch hier läuft der Hörer nicht Gefahr, seine geistige Gesundheit zu verlieren, für die seelische Gesundheit jedoch sollte keine Haftung übernommen werden. Dass die vier Österreicher sich nicht nach einem Ikea-Hochbett benannt haben, sondern „Svarta“ auf Schwedisch auch „schwarz“ bedeutet, spiegelt sich bereits in den ersten, schleppenden Takten des Openers wider: der gedoppelte Gesang, untermalt von simplen, aber wirkungsvollem Riffing, nimmt direkt die Geschwindigkeit aus dem Tag und lässt innehalten. Musikalisch erinnert es mich an eine Mischung aus Amestigon und Lacrimosa, beziehungsweise aus Samsas Traum und Falco. Klingt merkwürdig? Ist es auch irgendwie. „Befreiung“ ist kein Werk, dass man mal soeben beim Bügeln hört und den Zugang sofort findet. Hier wird glaubwürdig ein Einblick in eine gequälte Existenz gewährt, vertonte Ausweglosigkeit mit wenigen Momenten der Hoffnung. Gitarren, die sich meist im Mid-Tempo aufhalten, treibendes Schlagzeug und echt bemerkenswerter Gesang.
Die gesprochenen Passagen, die im Wechsel mit beinahe Bethlehem-Mäßigen Geschrei recht poetisch philosophische Fragen, über die Sinnlosigkeit des eigenen Seins transportieren, sind klar verständlich und schaffen es gekonnt, auf dem sehr schmalen Grat zwischen Pathos und Kitsch zu balancieren. Sogar die österreichische Mundart tut der Stimmung keinen Abbruch. Die Texte sind sowohl auf Deutsch, wie auch auf Englisch. Es finden sich wenige zeitgenössische Bands, die so authentisch Hoffnungslosigkeit und mentale Erkrankungen vertonen wie Svarta auf diesem Album. Ich würde jetzt nicht so weit gehen, die Band als Österreichs Antwort auf Lifelover zu bezeichnen, dennoch ist es wirklich Großes, was hier geboten wird. Man muss sich einlassen können, dann bekommt der Hörer hier eine wahrlich niederschmetternde Auszeit vom Alltag geboten. Die letzten Takte von „Befreiung“ bringen nicht ebendiese, sondern lassen eine melancholische Leere zurück, die den Tag über nachhallt. Sehr empfehlenswert!
Note: 9 von 10 Punkten
Autor: Andreas Sprack