RAVEN THRONE - Die Definition eines Genres bedeutet mir nichts!


Wir wurden über Facebook angefragt, ob wir Interesse an einem Review und Interview von und mit Raven Throne aus Weißrussland hätten. Als alter Black Metal-Fanzine-Schreiber, der sich Themen auch gerne mal selbst aussucht, hörte ich rein und war begeistert. Die meisten heutigen Black Metal-Horden gehen in die Avantgarde oder Post-Ecke. Raven Throne spielen jedoch den frostigen, hasserfüllten Black Metal, den man in den Neunzigern so sehr mochte. Dabei haben sie auch immer auch slawische Wurzeln, die die Musik richtig böse ertönen lassen. Ich sprach mit Gitarrist und Gründer Chernotur.

logoDaniel: HELL-ö Chernotur! Bitte erzähl uns doch zunächst, wie es zur Gründung von Raven Throne kam! Wann war das ungefähr?   

Chernotur: Hallo. Raven Throne wurden 2004 in Polotsk gegründet, im nördlichen Teil von Weißrussland. Ein paar Leute, die sich für extreme Musik interessierten, trafen sich und wollten ein eigenes Projekt gründen. Und dieses Projekt wurde dann zu Raven Throne.   

Daniel: Hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Chernotur: Ich spielte vorher in einer lokalen Death-/Thrash Metal-Band, wo ich Gitarrist war.  

Daniel: Ende der Neunziger gab es bereits eine österreichische Gothic-/Black Metal-Band namens Raventhrone. Wusstest Du das? Und kam es da schon einmal zu Verwechslungen?  

Chernotur: Vielleicht gab es da in den Anfangstagen mal Verwirrung, heute jedoch nicht mehr so sehr. Unser Name entstand damals völlig spontan.   

Daniel: Welche Bands zählen zu Euren Haupteinflüssen?

Chernotur: Wenn wir von Black Metal sprechen, dann vor allem Gorgoroth, Burzum, Immortal, Darkthrone, Satyricon, Nocturnal Mortum und Lucifugum. Es gibt aber auch eine Reihe klassischer Death- und Thrash Metal-Bands, die mich persönlich sehr beeinflusst haben. Was andere Musik angeht, so gibt es auch einige andere Genres. Das können Blues und Gregorianische Chöre sein, aber auch Nu Metal oder klassische Symphonien. Ein bestimmter Stil ist nicht wichtig. Die Deifinition eines Genres bedeutet mir nichts.   

Daniel: Eure Musik hat sich im Laufe der Jahre etwas verändert: vom Pagan-/Black Metal hin zum Atmospheric Black Metal. War das eine natürliche Entwicklung, oder wie kam es dazu?   

Chernotur: Als Person entwickelt man sich, und auch die Musik entwickelt sich permanent. Wir geben der Wichtigkeit eines Stils keine bestimmte Beachtung. Wenn die Kritiker es wichtig finden, uns als Pagan zu bezeichnen, dann ist uns das egal. Für uns geht es nur um die Kunst in seiner pursten Form.    

raven throneDaniel: Ich verstehe leider gar kein Russisch. Worum geht es also in Euren Texten? Kannst Du mir etwas mehr darüber erzählen?   

Chernotur: Das derzeitige Raven Throne-Material ist auf Weißrussisch verfasst. In den Texten geht es vor allem um Symbolismus, Referenzen und Archetypen. Das ist ein Thema, über das wir jetzt stundenlang diskutieren könnten, haha! Ich wollte immer, dass der Hörer sich seine eigenen Bilder vorstellt, auch wenn er die Sprache nicht versteht.   

Daniel: Warum habt Ihr Euch dazu entschieden, Eure Landessprache anstelle von englischen Texten zu verwenden? Ist Englisch immer noch ein großes Problem in Eurem Land? Und warum habrt Ihr dann überhaupt einen englischen Bandnamen?   

Chernotur: Die weißrussische Sprache und die Musik von Raven Throne ergaben eine perfekte Kombination. Das hat etwas von Magie: ein atmosphärisches, mystisches und einzigartiges Gefühl. Das ist es, was wir mit der Übernahme der weißrussischen Sprache erreicht haben. In Weißrussland ist Englisch natürlich nach wie vor eine Fremdsprache, aber heutzutage beherrschen es hier viele Leute, und sie können sich gut verständigen. Was den Bandnamen angeht, ist diese Frage heute nicht mehr relevant, denn sie besteht bereits seit mehr als sechzehn Jahren.   

Daniel: Soweit ich weiß, bestehen Raven Throne eigentlich nur aus zwei Leuten. Sind Raven Throne also nur ein reines Studioprojekt? Oder spielt Ihr live mit Session-Musikern? 

Chernotur: Raven Throne machen beides: Studio-Arbeit und Live-Auftritte. Eins geht mit dem anderen Hand in Hand. Für Auftritte haben wir natürlich dann eine komplette Besetzung.   

Daniel: Ihr habt schon eine ganze Menge Zeug rausgebracht: sieben Alben und einige Demos und Split-Veröffentlichungen. Sind sie heute alle noch erhältlich? Und wie können  interessierte Leute, die dieses Interview gelesen haben, all diese Sachen bekommen?  

Chernotur: Das meiste kann man auf unserer Bandcamp-Seite bekommen. Ich denke, da kann man bei Interesse alles bekommen, was man sucht.  

Daniel: Viele Bands in der ehemaligen Sowjetunion und Polen spielen Pagan-/Black Metal: Drudkh, Zgard, Khors, Nokturnal Mortum, Astrofaes, KZOHH, Kroda usw. (Ukraine), Arkona, Alkonost, Temnozor, Devilgroth, Der Gerwelt (Russland), Skyforger (Lettland), Obtest (Litauen), Graveland, Iuvenes (Polen). Was glaubst Du, sind die Gründe dafür?

Chernotur: Ich kann da nur für Weißrussland sprechen: Heidnische Traditionen sind hier noch sehr weit verbreitet und sind im alltäglichen Leben heute immer noch allgegenwärtig, auch wenn moderne und christliche Traditionen hier mittlerweile auch zu finden sind. Alle vorchristlichen Traditionen sind immer mit der Natur verbunden, die den Menschen umgibt: Seen, Wälder, Tag, Nacht, der Weltraum und das Universum. Lass uns die Slawische Kultur dazugeben, um ein großes Ganzes zu erhalten: Das alles zusammen ergibt eine spezielle Einstellung durch kulturellen und geschichtlichen Hintergrund, die Dich umgebende Natur und die Atmosphäre. Das sind alles Faktoren, die zur Entstehung dieser Szene geführt haben.

Daniel: Gibt es den eine große Pagan-/Black Metal scene in Eurem Land? Gibt es viele Konzerte? Unterstützen sich Bands gegenseitig? Oder gibt es Rivalität untereinander? 

Chernotur: Vielleicht verfolge ich die Szene hier nicht so sehr, aber mir scheint, dass es nicht allzu viele Bands gibt, die in Weißrussland Black Metal spielen. Was die derzeitige Situation in der Welt angeht, gibt es gerade ja ohnehin nicht viele Konzerte.   

raven throneDaniel: Habt Ihr Kontakt zu anderen Bands in der Szene? Und welche anderen Bands aus Eurem Land kannst Du uns noch empfehlen?   

Chernotur: Natürlich haben wir auch Kontakt zu anderen Musikern, aus verschiedenen Gründen aber nicht mehr so viel wie früher. Von den Veröffentlicheungen, die ich zuletzt gehört habe, gefielen mir die Alben von Mora Prokaza, Vapor Hiemis und Veld am besten. Ich liebe vor allem die klassischen Neunziger Jahre-Alben von Gods Tower. Ich kann auch noch Infestum erwähnen, obwohl ihre Mitglieder heute nicht mehr in Weißrussland leben. Das ist natürlich alles subjektiv, aber wahrscheinlich reflektiert das nicht die Musik in Weißrussland zurzeit.  

Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Raven Throne aus?

Chenotur: Besser vorsichtig damit zu sein, zu weit in die Zukunft zu planen, hehe! Das wird die Zeit zeigen.   

Dnaiel: Na gut, Chernotur! Dann gebphrt Dir noch das Schlusswort!

Chernotur: Danke für Deine Unterstützung!  Pass auf Dich auf! Ich hoffe, wir sehen uns mal live!

https://www.facebook.com/raventhrone.by/

https://raventhrone.bandcamp.com/



Autor: Daniel Müller