SIX FEET UNDER , DEW-SCENTED, GORGUTS, DEADBORN

Essen, Turock, 15.08.2012

Wenn ich weiß, dass ich zu einem Konzert in Essener Turock gehe, dann weiß ich auch, dass gutes Wetter sein wird. Gemessen an den Events zuvor ist das verlässlicher, als jede Wettervorhersage. So zeigt das Thermometer heute sonnige 28°C, und zum Glück wird die Luft im aufgeheizten Turock vor der Bühne klimatisiert. Am Vortag spielte man auf der dreizehn Dates umfassenden Tour in der Galerie im schweizerischen Pratteln. Heute stand das Turock auf dem Plan, wo DEADBORN git LIVE 2012man für passable 19,00 € an der Abendkasse Zeitzeuge werden konnte.

 

Den undankbaren Slot des Eröffners kam Deadborn (Foto rechts) aus Baden Baden zu. Musikalisch in Bereichen des Brutal Death beheimatet, mühte sich das Quartett redlich ab. Gitarrist Jo Morath, der Dimebag Lookalike an der Pantera Gitarre im Style der Südstaaten, verbrachte die Stagetime scheinbar permanent breitbeinig. Leider wurde ihr Klang leicht verwaschen aus den Boxen gedrückt, dass die Growls von Mario Petrovic im Sound fast untergingen. Sein zackiges Stageacting besaß einige Anleihen aus der Core Ecke, wobei einige Moves auch von Phil Anselmo hätten sein können. Nach einer halben Stunde Spielzeit war die Stagetime der Süddeutschen vorüber. Bei einem Blick auf das Merchandise verriet ein Zettel, dass die Klamotten von Six Feet Under bereits ausverkauft sein sollen. Shirts der anderen drei Bands waren jedoch reichlich vorrätig, und für Preise zwischen 15 und 20 Euro zu erstehen. Motivsieger dabei war eindeutig das Tourshirt von Gorguts.

 

GORGUTS git LIVE 2012Und Gorguts sollte auch als nächstes auf die Bretter. In unseren Breitengraden sind die vier Kanadier eher seltener zu sehen, und seit ihrem „Live In Rotterdam“ Album hat man auch nichts mehr von ihnen gehört. Nach einem Intro begann urtümliches Geprügel, und Basser Colin Marston wechselte nach jedem zweiten Song von einem auf den anderen sechssaitigen Bass. „Nostalgia“ vom 1998er „Obscura“ Album schloss sich an, welches der bereits gut gefüllte Raum, in dem so einige Shirts von Gorguts auszumachen waren, begeistert aufnahm. In den Songs schoss gelegentlich die Doublebass, hatten aber sonst kaum etwas in einem 08/15 Rhythmus zu bieten. Die Drums waren sehr damit beschäftigt, irre Wirbel und Beats abzusondern, die man sonst eher im Prog findet. Shouter und Gitarrist Luc Lemay, auch auf dem Griffbrett dippend eine gute Figur machend, verlautete öfters „Let Me Fucking Hear You“, und hielt damit stets Kontakt zum Publikum. Und öfters verlautet wurden auch Intros, die schon für längere Unterbrechungen sorgten. Luc bedankte sich innigst bei den Fans für die gehaltene Treue über 22 Jahre, bevor mit „The Erosion Of Sanity“, dem Titelstück ihres zweiten Albums, das Ende des Sets nahte. Nach etwas über einer dreiviertel Stunde war dann schon Schluss.

 

DEW-SCENTED vox LIVE 2012Vor dem Auftritt von Co-Headliner Dew-Scented, die runderneuerte Truppe um Shouter Leif Jensen und Songwriter Marvin Vriesde, lag ähnlich wie beim Headliner besondere Spannung in der Luft, wie sich die Band in neuer Besetzung präsentieren wird. Mit dabei sind Gitarrist Rory Hansen, Joost van der Graaf am Bass und Koen Herfst an den Drums. Man zeigt sich sofort selbstbewusst, und eröffnet mit „Sworn To Obey“ vom neuen Album “Icarus“. Zwei ältere Songs folgten in Form von „Turn To Ash“ und „Soul Poison“, bis wieder mit „Storm Within“ ein Track der neuen Platte folgte. Leif shoutete was das Zeug hielt, Haare flogen durch das fast ausverkaufte Turock und alles war in bester Ordnung für alle Beteiligten. “Thrown To The Lions”, das dritte Stück des aktuellen Albums “Icarus”, das sie heute auf die Bretter legen, ist auch bereits die zweite Singleauskopplung. Mit „Acts Of Rage“ wurde der letzte Song gezockt, und man darf behaupten, Dew-Scented haben mehr als nur für den Headliner gut angeheizt. Shouter Leif wünschte vor verlassen der Bühne nach 45 Minuten noch viel Spass mit Six Feet Under. Nach dem Gig treffen wir Shouter Leif am Tresen, der stimmlich etwas angeschlagen schien. Am Liebsten wollte ich ihm noch sein weisses Shirt von Grave vom Leib reißen.

 

SIX FEET UNDER bass LIVE 2012Anfänglich waren anhand von Stimmen aus dem Publikum zu vernehmen, dass die durch ihre Coveralben in der Beliebtheit angeschlagenen Six Feet Under heute nicht die allermeisten Fans in der Halle haben. Auch das Besetzungskarussell drehte sich derart, dass Shouter Chris Barnes mit einer komplett neuen Mannschat antrat und das neue Album „Undead“ eintrümmerte, was ebenfalls nicht bei allen Fans einstimmig für Enthusiasmus sorgte. Also wurde es spannend, wie sich die neue Truppe live machen würde. Das Turock sollte heute Abend die Antwort liefern. Nach der etwas längeren Umbaupause kamen Six Feet Under auf die Bretter, und nutzten zunächst nicht den platztechnisch möglichen, größeren Bewegungsspielraum, da nun das zweite Drumkit abgebaut war. Doch das Publikum stand auch so schon nach dem ersten Song hinter den fünf Deathern aus Tampa/Florida, dass Chris Barnes die Zufriedenheit ins Gesicht geschrieben stand. Klar, das war ja auch „Stripped, Raped And Strangeled“ von seiner alten Band. Der ex-Growler von Cannibal Corpse trug seine Dreadlocks bis in die Kniekehlen, die er ohne Rücksicht auf seine Mitstreiter und des Publikums, das sich bis zwischen die Monitorboxen am Bühnenrand presste, fliegen ließ. Während man dem neuen Album noch anhört, es mit einer Gruppe neuer Musikern zu tun zu haben, SIX FEET UNDER vox LIVE 2012machten die Gitarristen Ola Englud und Steve Swanson, der bärtige Jeff Hughell am Siebensaiter Bass und Drummer Kevin Talley jedoch musikalisch einen gut eingespielten Eindruck. Nur in Sachen Stageacting wurde etwas weniger getobt, was leichte Abzüge in der B-Note zur Folge haben konnte. Barnes dagegen war komplett in seinem Element, growlte und quiekte wie ein Schwein, und fühle sich offensichtlich so wohl wie die Sau in der Suhle. Insgesamt wurde eine mehr als solide Show auf die Bretter gelegt, die erwartungsgemäß mit dem Cover von AC/DC’s „T.N.T.“ endete.

 

Der nächste Stopp des Tourtrosses sollte am nächsten Tag der Rock Tempel im holländischen Kerkrade sein. Es würde mich nicht wirklich wundern, wenn Teile der heutigen Audienz morgen dort wieder anzutreffen sein werden, denn auf dem Weg nach draußen waren mehr zufriedene Gesichter zu sehen, als vorher, wenn auch die Luft nicht kühler war, als die im Turock. An dieser Stelle noch einmal Lob und Dank an das Team vom Essener Turock, die abermals einen reibungslosen Ablauf gewährleisteten. 



Autor: Gabriele Meyer/Joxe Schaefer - Pics: Daniel Horlbogen