GRAVE DIGGER - Wir werden da sein, wenn es wieder machbar ist, richtige Metal-Konzerte zu spielen!


Grave Digger sind schon ein Phänomen! Seit vierzig Jahren sind sie nun schon unterwegs und haben zwanzig reguläre Alben veröffentlicht, die alle durch die Bank ein hohes Level halten! Da sollte sich die eine oder andere Stadion-Band mal eine dicke Scheibe von abschneiden! Es war für mich schon seltsam, von Sänger Chris Boltendahl pünktlich um 18 Uhr zu Hause angerufen zu werden und seinem sympathischen Plauderton zu lauschen, bin ich doch schon seit Mitte der Neunziger - während meiner Realschulzeit - mit seiner Musik sehr vertraut. Kommt also mit auf unsere muntere, chronologische Grave Digger-Zeitreise!

logoDaniel: Hi Chris! Kannst Du Dich noch erinnern, wie es 1980 zur Gründung von Grave Digger kam?

Chris: Ja, das war in einem Jugendzentrum in Gladback. Und da habe ich Peter Masson, den Gitarristen, kennengelernt und Lutz Schmelzer, den Schlagzeuger. Die zwei spielten unten mit jemand anders zusammen Motörhead-Coversongs. Da war ich so beeindruckt von, dann haben wir ein bisschen gejammt und gesagt, ´Komm, wir machen mal eine Band´. Und dann kam eins zum anderen.

Daniel: War Grave Digger eigentlich Deine erste Band?

Chris: Ja, eigentlich schon. Ich hatte vorher so eine Zwei-Mann-Band mit Namen Destroyer. Aber wir waren nur zwei Gitarristen und haben uns gegenseitig die Ohren weggeblasen, haha! Und Grave Digger war die erste Band mit Schlagzeuger dann.

Daniel: Ihr hattet zunächst zwei Demos gemacht. War es eigentlich Zufall, dass Euer zweites Demo „Born Again“ hieß, genau wie das gleichnamige Black Sabbath-Album, welches ebenfalls 1983 erschienen war?

Chris: Hehe, ich habe keine Ahnung mehr, wie wir auf diesen Titel gekommen sind. Das kann ich Dir leider nicht beantworten.

Daniel: Übrigens habe ich kürzlich gehört, dass Vic Records aus Holland eine Compilation mit allen Demos der Band planen. Weißt Du da etwas von? Hat Dich das Label mal kontaktiert? Und besitzt Du überhaupt noch alle alten Demos irgendwo in digitaler Form?

Chris: Ja, da bin ich mit denen in Kontakt. Ich habe selber aber überhaupt keine Demos mehr. Das einzige, was ich noch habe, ist die CD „For Promotion Only!!“. Aber die ganzen Demos liegen mir nicht mehr vor. Bei den ganzen Umzügen und dem Überspielen von Kassette auf CD sind die alle mal untergegangen… leider!

Daniel: Wie seid Ihr damals an den Plattenvertrag bei Noise Records herangekommen?

Chris: Wir haben da ein Demo hingeschickt – ich weiß allerdings nicht mehr, welches – und das fanden die so geil, dass die uns mit auf den Sampler „Rock From Hell“ genommen haben.

Daniel: Kennst Du eigentlich das Buch über Noise Records, das vor ein paar Jahren erschien? Da gab es ja sehr viele interessante Anekdoten der Bands zu lesen…

Chris: Ja, ich bin da auch interviewt worden von dem Kollegen. Aber selber gelesen habe ich es nicht, nein. Aber Richtung Noise Records gibt es für mich auch nichts mehr zu sagen, weil da habe ich meine eigenen Erfahrungen gemacht mit Kaul-Ulrich Walterbach. Und das habe ich auch schon einige Male in der Öffentlichkeit gesagt, dass ich da nicht begeistert bin von der ganzen Situation, wie das gelaufen ist. Ich musste für meine Rechte von Plattenfirma zu Plattenfirma wandern. Von daher bin ich da der falsche Ansprechpartner.

Daniel: Nach nur drei Alben in den Achtzigern war das Pulver schnell verschossen. Was war da los?

Chris: Das lag auch an Noise Records. Sie haben gesagt, wir müssen auf den amerikanischen Markt und nicht mehr Grave Digger heißen, sondern nur noch Digger. ´Macht mal ein paar kommerziellere Songs. Hier habt Ihr einen Produzenten´. Und da ist dann das Album bei rausgekommen. Ich sag mal, wenn man so 21-22-jährigen Jungs so etwas erzählt, ´Ihr habt das Zeug. Ihr könnt auf dem amerikanischen Markt durchstarten. Ihr müsst nur das und das dafür tun.´, dann ist das natürlich leicht gefundenes Fressen. Und so war es dann halt auch. Das wurde dann nach außen nicht wirklich akzeptiert. Ja, und dann gab es erstmal eine Pause. 

Daniel: Ihr hattet danach noch ein kommerzielles Album unter dem Namen Digger mit dem selbstironischen Titel „Stronger Than Ever“ veröffentlicht. Wie stehst Du heute zu diesem Album? Ich hatte Euch vor ein paar Jahren mal in Bochum gesehen, und da hattet Ihr sogar einen Song davon gespielt!

Chris: Ja, dieses „Stand Up And Rock“ hatten wir ja mal gecovert auf der „Exhumation (The Early Years)“ CD. Ja, da sind schon ein paar ganz coole Songs drauf. Lustigerweise, wenn ich das Demo mal bekommen würde, was vor dieser Platte war, das war nämlich Grave Digger pur! Aber dann hat der Produzent das alles zerhackt und auseinander gepflückt. Ich sollte dann nicht mehr schreien und lieber mit meiner normalen Stimme singen. Ja, und dann kam das dabei heraus. Aber das Demo würde ich gerne nochmal hören! Das war echt Metal pur, was wir da gemacht haben!

Daniel: Was ich total abgefahren fand, war die Phase danach! Von 1988 bis 1991 wart Ihr unter dem Namen Hawaii aktiv und habt ein Demo mit dem seltsamen Titel „Bottles And Four Coconuts“ veröffentlicht! Sehr „true“ klingt das ja nicht, haha! War das überhaupt Metal? Was war da los?

Chris: Na ja, wir haben halt immer nur stramm zu der Zeit, haha! Das war irgendwie so der letzte Strohhalm, die Band umzubenennen, und im Vollrausch kommen Dir die dollsten Ideen, obwohl das alles natürlich total der Schwachsinn war! Aber die Songs vom Hawaii-Demo sind ja größtenteils auch alle auf dem „The Reaper“-Album.  

Daniel: Seit 1991 seid Ihr wieder unter dem Namen Grave Digger aktiv. Wie kam es damals zu dieser Rückbesinnung?

Chris: Na ja, wir haben einfach gesagt, wir starten mal wieder durch mit Grave Digger und hatten dann die Besetzung Peter Breitenbach, Tomi Göttlich, Uwe Lulis und ich. Und dann haben wir diese „For Promotion Only!!“ CD gemacht, die auf 500 Stück limitiert war. Und wir sind dann wieder durch die Lande gezogen. Dann kam es 1993 zu dem Plattenvertrag mit Gun Records, und den Rest kennt man. Dann kam im selben Jahr noch „The Reaper“ raus. Und dann sind wir wieder durchgestartet. Dann kam eines zum nächsten, und, tja, heute sind wir immer noch da!

grave diggerDaniel: Ich finde, dass Grave Digger in den Achtzigern ein bisschen wie Accept klangen, aber seit den Neunzigern einen völlig eigenen Stil mit Wiedererkennungswert entwickelt haben, der auch bis heute nie wirklich kopiert wurde. Inwieweit hatten sich Eure musikalischen Einflüsse seit den Achtzigern verändert? Und war das ein bewusster Schritt, den Ihr damals gegangen seid, oder hatte sich das eher zufällig ergeben?

Chris: Ja, ich glaube, wir sind so die einzige Metal-Band, die epische Alben hatte in dem Stil, wie wir es machen. Es gibt zwar auch Blind Guardian oder Rhapsody mit den Klargesängen, aber keine Band, die mit den Stilmitteln arbeitet, mit dem wir unsere Konzept-Alben machen. Das haben wir jetzt durchgezogen bis zur „Fields Of Blood“. Es war halt mal so, mal so, aber im Endeffekt war alles Grave Digger, und das ist auch nicht kopierbar. So wie ich bei der Band singe, was sicherlich noch einige Zeit sein wird, kann das kein Mensch kopieren, sage ich mal. Dass wir auf einmal unseren eigenen Stil hatten, war aber Zufall. Da denkt man auch nicht drüber nach in dem Moment. Nachdenken kommt mit höherem Alter irgendwann. Da haben wir bestimmt auch ein paar „verkopftere“ Alben aufgenommen, wo es dann nicht so war wie zum Beispiel bei „Tunes Of War“ oder auch „Excalibur“.  

Daniel: Ich persönlich finde ja, dass die „mittlere Phase“ der Band (1993 bis 1996) Eure stärkste war (vermutlich weil ich Euch in dieser Zeit kennengelernt habe). Kannst Du das nachvollziehen? Und welchen Bezug hast Du heute zu den Alben in dieser Zeit?

Chris: Das war ja dann bis „Heart Of Darkness“ und „Tunes Of War“. Danach kame ja noch „Knights Of The Cross“ und „Excalibur“ in den Neunzigern. „Tunes Of War“ und „Excalibur“ waren ja so mit die erfolgreichsten Alben zu der Zeit. Ja, ich denke „Heart Of Darkness“ war auch schon so ein „verkopfteres“ Album; sehr ausgeprägt. „The Reaper“ war einfach nur „auf die Fresse“: ab ins Studio, aufnehmen, und los geht´s! „The Reaper“ kann man, denke ich, am besten mit „Heavy Metal Breakdown“ vergleichen, so von der Unbeschwertheit her, sage ich mal. Alles was danach kam, da wurde sehr viel nachgedacht und durchkomponiert.  

Daniel: Wie kommt es eigentlich, dass seit „Tunes Of War“ (1996) so sehr auf Schottland fixiert seid? Und woher nimmst Du die ganze Inspiration für die Texte?

Chris: Ja, wenn Du auf so ein Thema stehst, sage ich mal. Ich stehe da tierisch drauf! Ich bin ein großer Schottland-Fan, bereise das Land auch immer wieder, und ich finde die Geschichte des Landes einfach fantastisch. Es gibt kein Land auf der Welt, wo der Drang nach Freiheit so ausgeprägt war wie bei den Schotten, und wo das geschichtlich auch so überliefert worden ist. Das ist wirklich Klasse!

Daniel: Stimmt es eigentlich, dass Ihr zu Ehrenbürgern von Schottland gekürt wurdet? Wie kam es dazu? Hattet Ihr angefragt, oder hat Schottland tatsächlich etwas von Grave Digger mitbekommen? Wie lief das ab?

Chris: Es gab mal so einen „Clan Of Cavanaugh“, die dann meinten, sie müssten uns zu ihren Clan-Mitgliedern machen. Die kamen auf uns zu, aber es wurde von der Plattenfirma so ausgelegt, als wären wir jetzt „Clans-Mitglieder“. Was dieser Clan Of Cavanaugh“ bei uns jetzt wirklich war, kann ich Dir gar nicht mal sagen. Aber wir waren froh, dass wir die hinterher wieder los waren, haha!

Daniel: Erst 2010 gab es eine direkte Fortsetzung von „Tunes Of War“, nämlich „The Clans Will Rise Again“. Warum so spät?

Chris: Das war damals die Idee von Axel, wo er gesagt hat, ´Komm, lass uns doch nochmal so ein Schotten-Album machen!´. Da haben wir uns dann mehr mit den Legenden und den Mythen des Landes auseinandergesetzt, wobei „Tunes Of War“ ja mehr so dieser leibhaftige Geschichtsunterricht war. Wir haben halt geguckt, was wir noch machen können und hatten auch Bock, das nochmal zu machen. Mit dem neuen Album liegt es da ganz anders. Die Idee ist mir wirklich wieder in Schottland gekommen, als ich vor zwei Jahren dort war und meinem Sohn die ganzen Sachen gezeigt habe. Er war da gerade zwölf. Und da waren wir an vielen Orten, wo ich zu „Tunes Of War“ auf Reisen war. Und da habe ich gesagt, ´Nein, die Geschichte ist noch nicht auserzählt.´ Dann habe ich das Konzept nochmal etwas anders zurechtgelegt und Axel angerufen und gesagt, ´Wir müssen das nochmal machen. Zieh Dir den Kilt an, Bruder, und los geht´s!´, haha!

Daniel: 2009 erschien mit „Ballads Of A Hangman“ das einzige Grave Digger-Album mit zwei Gitarristen. Wie kam es dazu? Und wieso habt Ihr danach nie wieder so weitergemacht?

Chris: Auch ein sehr frisches Album, finde ich, „Ballads Of A Hangman“! Thilo Hermann hatte schon viele Einflüsse mit reingebracht damals. Leider hat die Chemie zwischen Thilo (ex-Running Wild) und Manni Schmidt (ex-Rage, heute Refuge) nicht wirklich gestimmt hinterher. Und dann habe ich gesagt, ich will das nicht mehr. Das Experiment mit zwei Gitarristen reicht mir auch! Grave Digger ist eine Ein-Mann-Gitarristen-Band, und das soll auch in Zukunft so bleiben!  

Daniel: 2015 erschien „Exhumation (The Early Years)“ mit Neuaufnahmen alter Klassiker der Band (soweit ich weiß, weil die Rechte noch bei Noise Records lagen), ein Jahr später dann die Doppel-CD „Let Your Heads Roll“ mit den alten Original-Aufnahmen der Band, eben über Noise Records. War das im Nachhinein vom Timing her ein ungünstiger Zeitpunkt? Und habt Ihr Euch darüber nicht geärgert?

Chris: Na ja, ich sage mal so: Die Rechte sind irgendwann von Noise Records zu Sanctuary gewandert. Sanctuary wurde dann aufgekauft von Universal. Dann haben die wiederum die Rechte vertickt an BMG, und dann landeten die aber irgendwie doch wieder bei Universal… Zwischendurch hatte ich auch mal versucht, die Rechte freizukaufen. Aber da wurden Summen aufgerufen, wo ich gesagt habe, ´Wir sind doch nicht Metallica!´ Da habe ich gesagt, ´Komm, leckt mich doch am Arsch!´ Vor zwei Jahren ging das Ding aber wieder zurück an BMG England. Die haben mich dann auch noch kontaktiert. Aber ich habe nur gesagt, ´Ach Leute, wisst ihr was? Schickt mir einfach nur das Geld, wenn Ihr irgendwelche Einnahmen habt.´ Aber auch da musste ich wieder hinterher rennen. Na ja, jetzt sind die Rechte halt bei BMG in England, und dort werden sie wahrscheinlich auch verrotten irgendwann…

Daniel: Auf „Let Your Heads Roll“ fehlten von jedem alten Album immer nur ein-zwei Songs. Hätte man alle vier Alben nicht komplett auf die Doppel-CD packen können? Von der Spielzeit her hätte das locker gepasst, und alle vier Alben sind ja auch nur schwer erhältlich…

Chris: Ich habe keine Ahnung. Ich habe kein Exemplar davon. Die haben haben mir irgendwann mal ein paar LPs zugeschickt. Die „Heavy Metal Breakdown“ haben sie auch gestreckt mit irgendwelchen Samplertracks und die „Witchhunter“ dann auch. Ansonsten geht mir das, ehrlich gesagt, am Arsch vorbei. Ich habe mich wirklich jahrelang darum bemüht, die Rechte zu Grave Digger zurück zu holen, aber die Companies haben es einfach nicht für nötig gehalten…            

Daniel: Wie stehst Du überhaupt zu solchen Compilations? Findest Du es gut, dass zu spät geborene Fans endlich an die Songs dran kommen? Oder empfindest Du dies eher als Rip-Off?

Chris: Na ja, aber es gibt ja auch immer Leute, die das kaufen. Wenn es einer kauft, dann hat es seine Berechtigung. Wenn es keiner kauft, dann hat es keine Berechtigung.  

Daniel: Trotz der Gradlinigkeit in Eurer Musik wurde Euer letztes Album „The Living Dead“ zum Teil heftig diskutiert. Da gab es nämlich den Polka-Song „Zombie Dance“. Welche Idee steckte dahinter?

Chris: Wir haben ja immer mal auch Songs aufgenommen, die in die Spaßrichtung gingen. Wir sind zwar jetzt nicht J.B.O., aber wir haben ja auf „Heavy Metal Breakdown“ zum Beispiel auch einen Song aufgenommen, der gar keinen Text hat. Da habe ich nur das gesungen, was mir gerade eingefallen ist! Da gibt es sogar Leute, die den Text rausgehört haben, wo kein Text ist, haha! Bei „Zombie Dance“ habe ich gedacht, ´Hey, lass uns doch mal wieder etwas Anderes machen!´ Ich dachte eigentlich, unsere Fans wären etwas offener in Teilbereichen, aber da gab es auf einmal einen riesigen Shitstorm! Witzigerweise ist „Zombie Dance“ aber der zweitmeist gehörte Grave Digger-Song bei Spotify; weit vor „Heavy Metal Breakdown“, „Excalibur“ oder den ganzen Klassikern!

grave diggerDaniel: Meinst Du, dass das vielleicht auch daran liegt, dass sich Russkaja-Fans diesen Song ebenfalls angehört haben, die ja sonst nicht so mit Grave Digger mit der Musik von Grave Digger am Hut haben?

Chris: Ich glaube, das sind schon Grave Digger-Fans, die sagen, die finden den Scheiße, und den trotzdem hören, hehe!  

Und wie seid Ihr mit den Österreichern Russkaja in Kontakt gekommen, die diesen Track mit Euch gemeinsam aufgenommen haben? Habt Ihr Euch eigentlich persönlich im Studio dafür getroffen, oder nur Dateien hin und her geschickt?

Chris: Der Kontakt kam über Napalm Records. Die haben uns dann mit denen in Kontakt gebracht. Ich habe die aber noch nie getroffen, die Jungs! Die haben ihre Sachen bei sich in Österreich aufgenommen und uns dann zugeschickt. 

Daniel: Nun steht mit „Fields Of Blood“ ein neues Album in den Startlöchern! Wie kommt es, dass Ihr erst jetzt Eure „Schottland-Trilogie“ vollendet habt?

Chris: Ja, aber da ist soweit nichts mehr geplant. Die Vorbereitungen zum nächsten Album laufen schon. Da kann ich schon mit Gewissheit sagen, dass es nicht mehr um Schottland geht. Wir schauen mal, wo die Reise hingeht. Aber Schottland wird es nicht mehr geben! Das Thema ist wirklich ausgereizt. Wir werden nächstes Jahr noch einmal so ein paar Special Shows spielen und die 40 Jahre-Jubiläums-Tour, die dank Corona leider zum Opfer gefallen ist, nachholen. Dafür werden wir uns dann noch einmal länger mit dem Album beschäftigen. Aber Schottland wird es nicht mehr geben! Das ist für uns eigentlich jetzt abgeschlossen.  

Daniel: Ihr habt mittlerweile zwanzig (!) reguläre Studio-Alben veröffentlicht, also mehr als noch ältere Bands wie Kiss, AC/DC oder ZZ Top! Gibt es irgendeins, auf das Du besonders stolz bist, oder vielleicht sogar eins, mit dem Du heute vielleicht im Nachhinein nicht mehr so zufrieden bist? Und wenn ja, warum?

Chris: Wir sind vielleicht besonders kreativ. Wir haben einfach Bock, Musik zu veröffentlichen. Wir haben auch gesagt, dass wir uns nicht den allgemeinen Streaming-Konzerten oder Autokino-Konzerten anschließen. Und wir warten so lange, bis man wieder normale Metal-Konzerte spielen kann. Ein Album, auf das ich besonders stolz bin? Nein! Es war jedes Mal das beste Album, das Grave Digger zu der Zeit veröffentlichen kann. Ich finde, dass alle Alben ihre Berechtigung haben, und eigentlich sind ja auch alle Alben gut, hehe!

Daniel: Du bist jetzt 58. Was meinst Du, wie lange könnt Ihr dieses Pensum noch in dieser Form halten? Und was meinst Du, wie viele Alben stecken noch in Euch?

Chris: Ach, ich denke, so zehn Jahre kann man das noch machen, glaube ich! Voraussetzung ist natürlich immer, dass alle gesund bleiben und dass die Fans uns hören wollen! Da sind wir aber, glaube ich, den Schritt in die richtige Richtung gegangen mit dem neuen Album. Das ist sehr gut angekommen, und ich denke, dass wir noch eine Menge Spaß haben werden!

Daniel: Ich finde es irre, was die deutschen Metal-Bands für ein enormes Pensum hinlegen! Bei Rage, Axel Rudi Pell, Primal Fear und eben auch bei Grave Digger ist es immer so, dass man nie länger als ein-zwei Jahre auf ein neues Album warten muss! Und alle Alben dieser Bands überzeugen ohne Stilbruch! Kein Album ist zu modern, zu soft oder zu experimentell ausgefallen. Woher nehmt Ihr diese Energie, schön regelmäßig neue und saustarke Alben hinzulegen?

Chris: Rage hat ja auch ständig neue Besetzungen, haha!

Daniel: Ja, aber trotzdem geht es ja schnell! Ich meine, die neuen Leute müssen ja auch erst eingearbeitet werden, und dennoch kommt die Band ja mit Veröffentlichungen nie in zeitlichen Verzug!

Chris: Das kann ich Dir nicht sagen. Ich kann Dir nur für uns die Frage beantworten. Wir lieben diese Art von Musik. Wir haben Bock sie zu schreiben und zu spielen und sie im Studio aufzunehmen. Und so lange das so ist, wird es bestimmt alle anderthalb Jahre ein neues Grave Digger-Album geben!

Daniel: Betreibt Ihr Grave Digger eigentlich hauptberuflich?

Chris: Ja, alle außer unserem Drummer, Marcus. Der hat noch einen „normalen“ Job.

Daniel: Du bist das einzige noch verbliebene Urmitglied bei Grave Digger. Warum handelt es sich bei Grave Digger für Dich dennoch – trotz der zahlreichen Besetzungswechsel – immer noch um dieselbe Band?

Chris: Ja, weil Grave Digger mein Baby ist! Und solange ich da noch singe, wird die Band halt immer am Leben sein. Gut, Jens Becker ist jetzt auch schon über zwanzig Jahre dabei. Axel Ritt ist schon über zehn Jahre dabei. Und Marcus war ja vorher schon bei uns Keyboarder und Drum Roadie und ist auch schon fast zwölf Jahre in der Band.  

Daniel: Das führt mich gleich zur nächsten Frage: Schreibst Du eigentlich auch die Musik oder nur die Texte bei Grave Digger? King Diamond und Andi Deris (Helloween) können zum Beispiel auch Gitarre spielen, obwohl sie es auf der Bühne nicht tun, und schreiben Songs für ihre Bands. Wie ist das bei Dir? Kannst Du auch etwas Gitarre spielen und schreibst selbst auch die Grundriffs? Oder musst Du Deinen Mitmusikern alles vorträllern so „Beavis & Butthead“-mäßig vorträllern, und sie versuchen es dann nachzuspielen, haha? Wie läuft das ab?

Chris: Ja, ich spiele Gitarre und Bass. Ich habe ja bei Grave Digger früher auch Bass gespielt. Entweder singe ich Axel Gitarrenriffs auf mein Phone oder eben Melodien drauf, die er dann umsetzt. Das läuft schon Hand in Hand bei uns. Das kriegen wir eigentlich in Gemeinschaftsarbeit schon ganz gut hin.

Und wie viele Freiheiten haben die anderen Musiker beim Schreiben der Grave Digger-Songs?

Chris: Jeder kann etwas abliefern, wenn er Lust und Laune hat. Wenn einer etwas Gutes hat, soll er das schicken. Und ich behalte mir dann halt immer vor zu sagen, ´Das ist gut.´ oder ´Das passt nicht zu Grave Digger.´ Und so entstehen halt die Alben.

grave diggerDaniel: Mal etwas anderes: Ich habe mal irgendwann – vor Jahren mal - gelesen, dass Du der erste Metal-Sänger mit grauen Haaren werden wolltest, haha! Hast Du das Ziel erreicht, oder bist Du von Biff Byford von Saxon geschlagen worden? Gab es da jemals ein offizielles Statement?

Chris: Ja, durch die Sonne sind die jetzt etwas aufgehellt. Aber ansonsten habe ich nicht mehr so viele dunkle Haare, hehe…

Daniel: Welche Zukunftspläne stehen denn noch in nächster Zeit mit Grave Digger an?

Chris: Wir wollen noch viele Alben schreiben und viel live spielen und unseren vierzigsten Geburtstag nächstes Jahr nachholen. Das liegt uns schon sehr am Herzen! Wir haben viele Sachen geplant und hoffen, dass es bald wieder losgehen kann! Das ist unsere Herzensangelegenheit. Wir spielen unter anderem auch in Bochum, mit Motorjesus zusammen; auch eine befreundete Band von uns. Und ich hoffe einfach, dass wir so schnell wie möglich wieder auf die Bühne können!

Daniel: Na gut, Chris, dann bist Du jetzt endlich von dem Marathon erlöst, haha! Hast Du noch ein schönes Schlusswort?

Chris: Ja, das Wichtigste in der heutigen Zeit ist, dass wir alle gesund bleiben und dass wir die Pandemie irgendwie wieder zurückdrehen können. Ob es dann nächstes Jahr wieder losgeht? Wer weiß das schon? Aber wir hoffen es und werden wieder dann da sein, wenn es machbar ist, wieder richtige Konzerte zu spielen!

Daniel: Geil dann wären wir durch!

Chris: Ja danke, mein Lieber! Mach´s gut! Und danke für das Interview!

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Autor: Daniel Müller