AXEL RUDI PELL - Ich muss nicht fünf Minuten lange Gitarrensoli spielen!


„Sign Of The Times“ heißt das neue Album von Axel Rudi Pell, das am 08.05.2020 in die dann hoffentlich wieder geöffneten Läden kommt. Ich habe mit Axel über das Album, die Rente, Corona und noch vieles mehr gesprochen, aber lest selbst!

logoRalf: Hallo Axel, „Sign Of The Times“ ist mit der „Diamonds Unlocked“-Scheibe Dein 19. Studioalbum. Mit „Gunfire“ hast Du einen Opener gewählt, der auch auf „Eternal Prisoner“ oder „Between The Walls“ gepasst hätte. Wie zufrieden bist Du mit der neuen Scheibe?

Axel: Ich bin total glücklich mit „Sign Of The Times“. Es ist das beste Album, das ich je gemacht habe, haha! Oh, das hast Du sicher noch nie gehört, aber ich sage das auch immer zu jedem Album. Aber mal im Ernst: Ich bin total zufrieden mit dem Ergebnis. Es ist aus meiner Sicht kein einziger schwacher Song drauf, und man kann die Scheibe sehr gut in einem Rutsch durchhören, ohne dass es langatmig werden könnte.

Ralf: Du hast diesmal auf diese epischen langen Tracks verzichtet. War das Absicht?

Axel: Das hat sich beim Songschreiben einfach so ergeben. Ich hätte natürlich, zum Beispiel beim Titelsong „Sign Of The Times“, der ja an sich schon ein epischer und auch typischer Axel Rudi Pell-Song ist, zum Beispiel das Solo einfach ein paar Minuten ziehen können, oder weitere Instrumental-Teile einbauen können, aber ich finde, das wäre nach hinten losgegangen. Ich muss da nicht fünf Minuten lange Gitarrensoli spielen. Das habe ich früher oft gemacht. Es sollte diesmal absolut songdienlich sein und somit länger vermeiden, wo man vielleicht sagen könnte, „Och, das war jetzt einfach mal zu lang.“ Ich habe mich auf das Wesentliche konzentriert.

Ralf: Wie arbeitetest Du am liebsten am Material für eine neue Scheibe, wie früher im Proberaum mit der Band zusammen oder wie heute mit dem Umherschicken von Songideen oder kompletten Songs?

Axel: Am liebsten arbeite ich mit der heutigen Technik und den Möglichkeiten, die sie mir bietet. Ich kenne ja die „alten“ Zeiten mit den Bandmaschinen etc., und man lässt sich im Studio oder Proberaum auch gerne mal ablenken, man quatscht miteinander, lacht miteinander, und der Song rückt dann etwas in den Hintergrund. So habe ich alles in Ruhe konzentriert vorbereitet, und Bobby (Rondinelli - Drums) geht sofort ins Studio, bekommt da den Song zu hören und legt dann auch sofort los. So hört sich alles frisch und spontan an, weil es genau das ist. Bobby atmet unsere Musik. Er weiß sehr schnell, was für einen Drumbeat ich zum Song erwarte. Dann hole ich Ferdy (Doernberg -  Keyboards) dazu, auch weil er  schon mal verrückte Ideen hat, das ein Song nochmal ein anderes Riff bekommt und eben doch anders klingt als auf dem von mir gemachten Demo. Das alles kann man nicht so machen, wenn alle zusammen daran arbeiten. Es geht so einfach schneller und viel entspannter vonstatten. Mit Johnny (Gioeli - Vocals) ist so auch sehr effektiv und klasse zu arbeiten. Er bekommt die Songs geschickt und ist dann in seinem Studio in den USA, und wir gehen per Skype zusammen die Songs durch und sind beide bei der Arbeit an den Songs total fokussiert. Die Gesangslinien sind auch komplett von mir, die ich natürlich auch mit Johnny via Skype durchgehe.

Ralf: „Sign Of The Times“ ist ein typisches Axel Rudi Pell-Album. Gab es in all den Jahren bei SPV auch mal einen Vorschlag, Deinen Stil zu ändern, oder hast Du selbst mal daran gedacht?

Axel: Ganz klar: „Nein!“. Alle Axel Rudi Pell-Alben sind bei SPV erschienen, und zu keiner Zeit kam mal irgendwas von der Plattenfirma in dieser Richtung. Ich habe das Glück, das ich machen kann, was ich will, und mir keiner da reinredet, was einer der Gründe ist, warum ich immer noch bei SPV bin. Ich habe zum Beispiel im Januar bei SPV in Hannover das komplette Album vorgestellt inklusive Artwork etc., und das kam super an. Es war keiner vorher im Studio oder wollte Demos hören. Ich hatte aber auch selber nie einen Gedanken daran verschwendet, meinen Stil zu ändern. Das wäre nicht ehrlich und würde auch nicht funktionieren, da bin ich mir sicher. Es gibt sicher Leute, die sagen, „Kennst Du eine Axel Rudi Pell-Platte, kennst Du alle“, aber das stimmt eben so nicht. Wir haben schon immer kleine Experimente gemacht, sind aber trotzdem unserem Stil treu geblieben.

axel rudi pellRalf: Wo wir bei kleinen Experimenten sind: Bei „Living In A Dream“ höre ich am Anfang klar Reggae-Sounds raus.

Axel: Es kam mehr zufällig zu diesem Reggae-Intro des Songs. Der Song an sich war komplett fertig, allerdings war ich mit dem Anfang nicht wirklich zufrieden. Ich habe mir dann einfach meine Gitarre geschnappt und mal was ausprobiert und habe mich dann dabei ertappt, dass ich Reggae spiele, vielleicht eine Eingebung von oben, haha! Das hat dann keine zehn Minuten gedauert, und der Song war dann fertig. Als ich den Jungs den Song dann vorgestellt habe, waren alle total überrascht, denn das hatten sie mir einfach nicht geglaubt. Und wie gesagt: Die Jungs finden den Songs total klasse, weil es einfach mal was anderes ist.

Ralf: Diesmal bist Du auch textlich passend zum Albumtitel ein Stückweit sozialkritisch mit der heutigen Zeit umgegangen.

Axel: Absolut! Das spiegelt auch das Cover wieder. Die Knochenuhr steht auf zwei Minuten nach zwölf und nicht zwei Minuten vor zwölf. Es ist generell etwas zu tun. Deshalb habe ich diesmal auch verschiedene aktuelle Themen aufgegriffen. Es geht um Klimawandel, um Kriege, insbesondere auch Religionskriege. Wir leben aktuell in einer schwierigen Zeit. Sonst habe ich immer gerne mystische Themen aufgegriffen, und die findest Du jetzt auch wieder auf der Platte, aber ich wollte eben auch jetzt relevante Themen aufgreifen.

Ralf: Und da sind wir auch bei einem leider sehr aktuellen Thema: Wie siehst Du die Corona-Krise für Bands, Konzerte etc.?

Axel: Das Problem unter anderem ist, dass es in vielen Ländern nicht ernst genommen wurde, und wir stecken jetzt mitten in der Krise. Aus meiner Sicht ist vollkommen richtig, dass wir aktuell ein Kontaktverbot haben. Das ist der richtige Weg, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Konzerte verschieben ist nötig und unabdingbar. Wir hoffen natürlich alle, dass es nicht das komplette Jahr 2020 betrifft, denn wenn dieses Jahr gar keine Konzerte mehr stattfinden können, wäre das ein ganz herber Schlag für alle Künstler, denen da eine der Haupteinahmequelle wegbricht. Und es ist auch ein herber Schlag für alle Fans, die ihre Band oder Künstler live sehen wollen, oder Fußball-Fans haben das gleiche Problem. Wenn das alles dann vorbei ist, kann ich mir vorstellen, dass alle da völlig enthusiastisch auf Konzerte gehen werden, das wird dann eine Riesen Party, ganz sicher. Ich treffe mich quasi auch mit meinen Freunden per Skype, um in Kontakt zu bleiben und Spaß zu haben.

Ralf: Axel, Du wirst dieses Jahr im Juni 60! Hattest Du da etwas geplant? Und Du hast doch hoffentlich nicht vor, in Rente zu gehen?

Axel: Aufgrund der aktuellen Situation wird da wohl eine Party ins Wasser fallen, allerdings hatte ich da auch keine große Party geplant, eher im kleinen Rahmen, denn bei einer großen Party ist man schnell bei 150 Leuten wie bei unserer Hochzeit, und dann ist es auch schwierig, mit allen zu sprechen. Man kann sich nicht richtig um jeden Gast kümmern, aber durch die Corona-Geschichte ist da allerdings auch im kleinen Rahmen nicht dran zu denken. Ja, ich freue mich ja sogar ein Stück weit auf die Rente, denn dann gibt es regelmäßige Zahlungen, und das ist wichtig. An eine musikalische Rente ist nicht dran zu denken. In mir brennt das berühmte Feuer immer noch, Ich will immer noch neue Songs schreiben, auf die Bühne gehen und einfach Musik machen. Dass sich das in absehbarer Zeit ändern könnte, kann ich mir nicht vorstellen.

Ralf: Wäre es für Dich denkbar, ein paar Shows zu spielen, wo Du vielleicht zum Beispiel ein Album wie „Eternal Prisoner“ featurest?

Axel: Nein, das ist kein Thema für mich. Ich finde, das passt einfach nicht, denn alles hat seine Zeit, und ich möchte dann nicht ein komplettes Album spielen. Wir klingen heute anders als noch zu den Anfangszeiten. Es würde sich für mich nicht richtig anfühlen. Es geht ja auch schon beim Zusammenstellen der Setlist für die Tour los. Wir haben einen so großen Backkatalog, wo es so schon schwierig genug ist, die Songs für die Tour auszusuchen. Klar gibt es immer Fans, die sagen, „Spielt doch mal den Song oder den oder auch ganz obskure Songs“. Dann lässt Du einen anderen, den wir immer spielen, weg dafür, und schon kommen dann die Fragen, „Warum habt ihr die Nummer weggelassen?“ Oder wenn der Tour-Start kurz nach der VÖ ist, dann ist es auch schwierig, wenn man zum Beispiel fünf neue Nummern einbaut, die den Fans dann noch nicht so bekannt sind. Das muss man dann alles in Ruhe abwägen, um eine stimmige Setlist zu erstellen.

axel rudi pellRalf: Was wäre für Dich die Supertour, wo Du gerne Teil des Line-Ups wärst, oder Du im Publikum stehen würdest?

Axel: Ich habe tatsächlich in all den Jahren alle Bands, die für mich sehr wichtig waren und sind, schon mal live gesehen. Dann komme ich mal zu der Tour, wo wir dann Teil des Line Ups wären. Meine Traumtour wäre dann Kiss, Scorpions, Deep Purple und Axel Rudi Pell, wo wir dann auch sehr gerne den Opener Spielen würden. Das wäre eine Tour, die könnte von mir aus sechs Monate dauern.

Ralf: Danke, Axel, für dieses angenehme Gespräch!

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Autor: Ralf Riebatzki