GWAR, VOIVOD, DOWNCAST COLLISON

Bochum, Matrix, 22.11.2019

Gwar - Index - live - 2019Gwar als Headliner und Voivod im Vorprogramm. Wer denkt sich so etwas aus? Und warum spielen Gwar unten im engen Tube, bei der Sauerei, die sie auf der Bühne immer veranstalten? Eigentlich ist das aber auch egal, denn ich liebe beide Bands. Somit ist für mich an diesem Abend Anwesenheit Pflicht! Auf gut Glück hat es ja heute außerdem mit einem Gwar-Interview Backstage geklappt. Den Abend kann mir also keiner mehr vermiesen. Zu meiner Überraschung muss ich heute übrigens feststellen, dass der Sound da unten echt mal in Ordnung war! Wer hätte das jemals gedacht?

Downcast Collision - live - 2019Die erste Band heute Abend heißt Downcast Collision, kommt aus den Niederlanden und spielt zeitgemäßen Melodic Death Metal mit viel Groove. Beim Anblick der blonden, Bass spielenden Frontfrau, die mit schwarzen Engelsflügeln bekleidet ist, muss ich notgedrungen an ihre Landsleute von Izegrim denken. Ich weiß nicht, ob mir ihre Musik auf CD gefallen würde, aber live funktioniert das mit der Truppe um Sängerin und Bassistin Monica „Demonica“ Janssen ganz gut. Tightes Zusammenspiel und cooles Stageacting untermalen die enorme Spielfreude der NiederländerInnen, die sichtlich Spaß an dem Auftritt haben, und von denen es bislang ein Album gibt, nämlich „Rise Up“ aus dem Jahr 2017. Monica growlt richtig fies und wütend, aber in den Refrains beherrscht sie auch hohe, melodische Tonlagen. In den Ansagen betont sie immer wieder, dass man die Band nach dem Auftritt am Merchandise-Stand treffen und mit ihnen Bier trinken kann. Zum Schluss schafft sie es auch, dass Publikum bei „Beyond The Gates" zum Mitgrölen zu animieren. Unterm Strich haben Downcast Collision ihre Sache gut gemacht und als Opener einen soliden Eindruck hinterlassen.

Setlist: The Seventh Day, Cast Aside, Rise Up, Beyond The Gates, Overthrown, Photonic

Voivod - live - 2019Danach fängt der  Abend langsam an, verrückt zu werden. Die Kanadier Voivod betreten mit einiger Verspätung die Bühne. Der Auftritt verzeiht ihnen aber alles. Egal, worum es bei Voivod geht, ob um die Musik oder das Stageacting, sie sind einfach total verrückt! Alle Mitglieder bewegen sich merkwürdig und scheinbar unkoordiniert, sind aber ständig unter Strom. Sänger Denis „Snake“ Bélanger grinst den ganzen Gig über übers ganze Gesicht. Gitarrist Daniel „Chewy“ Mongrain und Bassist Dominique „Rocky“ Laroche rennen wild durcheinander über die Bühne. Manchmal rennen sie sich gegenseitig um und fangen an zu lachen. Voivod haben sichtlich Spaß auf der Bühne. Sie wirken völlig spontan, dabei sitzt aber jeder einzelne verdammte Schlag! Abgefahren, echt abgefahren! Übrigens ist dies der erste Auftritt dieser Tour. Dafür haben sie neben der Standard-Setlist der letzten Monate zusätzlich mit „Fix My Heart“ vom sträflich unterbewerteten „The Outer Limits“-Album aus dem Jahr 1993 „nach Jahrzehnten wieder ausgegraben“, wie Snake erzählt. Mit „Orb Confusion“ gibt es zudem eine Live-Premiere. „Hoffentlich verkacken wir ihn nicht“, meint Snake, als er den Song ankündigt. Im Soundcheck hatten wir ihn nach dem Gwar-Interview heute schon gehört. Sehr zufrieden klangen sie da noch nicht. Beim Gig passt dann aber alles. Mit dem punkigen Stimmungsmacher „Voivod“ ist dann nach knapp fünfzig Minuten Schluss. Voivod haben gut vorgelegt. Mal sehen, was der Headliner da noch so zu bieten hat.    

Setlist: Post Society, Psychic Vacuum, Obsolete Beings, Fix My Heart, Orb Confusion, The Unknown Knows, End Of Dormancy, Overreaction, Fall, Voivod

Gwar - live - 2019-1Nach neun Jahren kehren Gwar also zurück auf die deutschen Bühnen. Zwei der Leute des damaligen Line-Ups, Sänger und Gründer Oderus Urungus und Leadgitarrist Flattus Maximus, weilen schon nicht mehr unter den Lebenden. Vor allem ist man heute gespannt, wie der neue Sänger Blothar seinen Vorgänger ersetzen würde. Zu meiner großen Überraschung gibt es aber stimmlich keinen nennenswerten Unterschied zu vermelden. Aber es gibt dennoch heute ein paar Unterschiede zu früher. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Gwar heute etwas auf Sparflamme gehen. So passiert beim Opener „The Salaminizer“ zum Beispiel gar nichts auf der Bühne. Anstatt grüner, brauner und roter Flüssigkeiten, die ins Publikum gespritzt werden, hat man sich heute ausschließlich auf Rot beschränkt. Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen, als die Band in voller Montur die Bühne betritt, die zwar nach hinten raus sehr viel Raum hat, aber insgesamt für die Anzahl der Bandmitglieder viel zu schmal ist. Zudem sehen sie in ihren Kostümen einfach riesig aus. Das sorgt sogar dafür, dass ich erst beim vierten Song, „Bring Back The Bomb“, im Mittelteil bemerke, dass eine Gitarre fehlt. Offiziell ist Pustulus Maximus immer noch dabei. Warum er heute fehlt, wird nicht erwähnt. Showtechnisch geht es erst ab dem zweiten Song los. In regelmäßigen Abständen werden verkleidete Prominente hingerichtet. Mal wird der Kopf abgeschlagen, mal der Leib aufgerissen. Neben Schwertern und Äxten wird auch eine Kreissäge als Folterinstrument genutzt. Zwei Kinder werden auf die Bühne gebracht. „Keine Sorge! Sie sind schon tot! Das hier ist nicht Pädophilie, sondern Necrophilie!“, erklärt Sänger Blothar. Gut zu wissen, haha! Gwar - live - 2019-2Zum Schluss muss dann natürlich Donald Trump ebenfalls dran glauben und den Märtyrertod sterben. Zuerst muss er es mit doppelschwänzigen Frontmann oral besorgen. Danach reißt man ihm den Bauch auf,  entblößt sein Skelett und schleudert seine Eingeweide durch die Gegend. Zu den weiteren Folterknechten gehört neben der Band selbst noch der Bonesnapper, ein Turtle-ähnliches Wesen, und Sawborg Destructo, der Ähnlichkeit mit einem blutüberströmten Ork hat. In den ersten Reihen wird eine Riesen-Sauerei veranstaltet, vor der man erst ab Hphe des Mischpultes hinter dem Moshpit einigermaßen sicher ist. Zu meiner großen Überraschung gibt es – entgegen der letzten Setlists, die man im Internet nachlesen kann – heute ein komplett anderes Set, das fast ausschließlich aus Gwar-Songs der Frühphase besteht, unter anderem das überraschend jazzige „Have You Seen Me?". Leider ist der Auftritt heute aber auch sehr kurz. Nach knapp siebzig Minuten ist schon Schluss. Ob es daran lag, dass Voivod und Gwar ewig auf sich warten ließen und zeitlich dadurch in Verzug war, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich habe Gwar schon besser gesehen. Ich mag die Sachen nach der Jahrtausendwende auch viel lieber als ihre Frühphase, in der ich sie damals kennengelernt hatte. Trotzdem war es natürlich schön, die ganz alten Kamellen auch mal live zu hören. Und vor allem hat Blothar dabei eindrucksvoll bewiesen, dass er Urviech Oderus Urungus stimmlich problemlos ersetzen kann. Unterhaltsam sind Gwar auf jeden Fall auch heute gewesen. Ich würde mir aber auch gerne in Zukunft noch einen längeren Gig von ihnen ansehen!   

Setlist: The Salaminizer, Krak Down, I´ll Be Your Monster, Bring Back The Bomb, Black And Hugh, I Bonesnapper, Maggots, Have You Seen Me?, Metal Metal Land, Ham On The Bone, The Sordid Soliloquy Of Sawborg Destructo, Beat You To Death, Fuck This Place, Gwar Theme, Sick Of You    



Autor: Daniel Müller - Pics: Jörg Müller