HELMET

Düsseldorf, Haus der Jugend, 13.09.2019

Helmet - Live - 2019-130 Jahre Helmet, 30 Städte, 30 Songs in der Setlist. Keine Vorband! Das ist mal eine Ansage! Zwischen 1992 und 1994 war ich mit den damals aktuellen Alben von Helmet („Meantime“ und „Betty“) in meiner Schulzeit konfrontiert worden. Die Videoclips zu „Unsung“ und „Wilma´s Rainbow“ waren regelmäßig bei MTV zu sehen. Danach hatte ich sie leider komplett aus den Augen verloren, bis ich 2016 die Gelegenheit bekommen hatte, Frontmann Page Hamilton für CROSSFIRE zu interviewen. Um sich mit der verpassten Musik von ihnen zu beschäftigen, kaufte ich mir nachträglich günstig die sieben alten Alben von ihnen (Das neue gab es gratis vom Label). Ich hatte Helmet also nach über zwanzig Jahren für mich wiederentdeckt und bin ein großer Fan der Band geworden. Das Interview konnte ich damals aus arbeitstechnischen Gründen leider nicht vor Ort in Köln mit anschließendem Konzert machen, sondern nur per Telefon. Ich hatte sie also seit der Schulzeit gekannt, aber immer noch nicht live gesehen. Da ist diese Jubiläums-/Best Of-Tour natürlich ein gefundenes Fressen für mich, denn schließlich würde ich ja – bei Berücksichtigung aller acht Alben – auf jeden Fall alle Hits hören! Außerdem ist dieses Konzert in Düsseldorf eine von nur drei Stationen in Deutschland. Die Zeitspanne zwischen Einlass (19.30 Uhr) und Konzertbeginn (20.45 Uhr) ist natürlich etwas zu lang geraten, zumal in der Zwischenzeit Altbier saufen auch keine Option ist, wenn man mit dem Auto anreist. Dafür gibt es am Merchandise mit vielen verschiedenen Shirt-Motiven einiges zu sehen! Die Preise mit 20 € für ein T-Shirt und 25 € für ein Longsleeve gehen auch völlig in Ordnung.

Helmet - Live - 2019-2Ohne Vorband geht es also um 20.45 Uhr pünktlich los. Ich war zunächst davon ausgegangen, dass Helmet, von denen übrigens nur noch Sänger und Gitarrist Page Hamilton von der Originalbesetzung dabei ist, sechs Blöcke mit je fünf Songs jeden Albums, entweder chronologisch vorwärts oder rückwärts, spielen würden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Den Anfang macht überraschenderweise das eher unbekannte „Your Head“, welches auf keinem Album der Band vertreten ist, sondern lediglich auf der B-Seite der Single ihres größten Hits „Unsung“. Dies soll heute nicht die einzige Überraschung des Abends bleiben. Denn mit den drei zwischendurch eingestreuten und völlig unterschiedlichen Coversongs von Björk, den Melvins (Die Helmet-Version gab es aber auch auf der „Smells Like Smoked Sausages“-Compilation aus dem Jahr 1992), von denen ich heute sogar zufällig ein Shirt trage, und mit ziemlich abgewandelten „Symptom Of The Universe“ von Black Sabbath rechnet heute Abend ebenfalls niemand. „Taken“ war 1989 genauso ein unveröffentlichter Samplertrack (der jedoch auch im selben Jahr auf ihrer „Born Annoying“ EP zu finden war) wie der vorletzte Track des Abends, „Just Another Victim“, in Zusammenarbeit mit den Rappern House Of Pain auf dem „Judgment Night“-Soundtrack 1993; heute aber natürlich ohne den Rap-Mittelpart. Ansonsten geht man querbeet durch die lange Band-Geschichte: Insgesamt gibt es drei Songs vom 1990 erschienenen Debüt „Strap It On“ („Bad Mood“, „FBLA“ und „Blacktop“), fünf Songs von meinem Lieblingsalbum der Band, „Meantime“ aus dem Jahr 1991 („Give It“, „Unsung“, „You Borrowed“, „FBLA II“ und „In The Meantime“), sechs Songs vom 1994er Album „Betty“ („Wilma´s Rainbow“, „Sam Hell“, „Tic“, „Beautiful Love“, „Speechless“ und „Milquetoast“) sowie einen Song von ihrem vorzeitig letzten Album aus den Neunzigern, dem 1998 erschienenen „Aftertaste“ („(High) Visibility“). Die erste Phase aus den Neunzigern, in denen ich sie schon gekannt und verfolgt hatte, ist also schon mal – sehr zu meiner Freude – mit fünfzehn von dreißig Tracks, also der Hälfte es heutigen Sets - großflächig abgedeckt. Auch wenn angekündigt war, dass Helmet von jedem Album etwas spielen, geht das 2004 veröffentlichte „Size Matters“ heute leider leer aus. Vom darauffolgenden Album „Monochrome“ aus dem Jahr 2006 gibt es mit „On Your Way Down“ genauso nur einen Track wie mit „In Person“ vom vorletzten Album „Seeying Eye Dog“, welches aus dem Jahr 2010 stammt. Das letzte Album „Dead To The World“, welches 2016 rauskam und übrigens das einzige Helmet-Album ist, welches von der hier auf der Bühne stehenden Besetzung eingespielt worden war, steht dann als einziges „neues“ Album wieder etwas mehr im Fokus und ist immerhin mit vier Tracks vertreten („Bad News“, „Red Scare“, „Drunk In The Afternoon“ und „I ♥ My Guru“). Helmet - Daniel - Live - 2019Die Band ist gut drauf, geht richtig ab, baut mächtig Druck auf und spielt präzise wie ein Uhrwerk. Das Zusammenspiel ist beängstigend. Selbst bei längeren Pausen innerhalb der Songs stimmt jeder Einstieg, ohne das Drummer Kyle Stevenson auf der Hi-Hat mitzählt! Das ist schon echt unmenschlich! Der Sound ist laut, aber alles ist deutlich zu hören. Ansagen gibt es nur drei. „Vielen Dank, Düsseldorf! Wir waren noch nie hier, oder? Ich weiß nicht.”, sagt Page Hamilton in sehr gutem Deutsch. Auch die Band-Vorstellung in der Mitte des Sets, wo er erzählt, dass „Schlagzeug“ auf Deutsch viel besser und härter klingt als auf Französisch und Englisch, und die letzte Ansage, „Wie viele Songs wollt ihr noch hören: einen oder zwei? Also, wir haben bis jetzt 28 Songs gespielt.“ macht er auf Deutsch. Abgefahren, denn schließlich sind Helmet ja Amerikaner. Nach ziemlich genau zwei Stunden ist mit dem letzten Track „Meantime” aber endgültig Schluss. Page Hamilton kommt zum Shake Hands noch an den Bühnenrand und macht ein paar Fotos mit den Fans, Er spricht mich auf mein Melvins-Shirt an und fragt, ob ich den Coversong erkannt hatte. Ich erzähle ihm auch, dass wir vor drei Jahren – vor ihrem Konzert in Köln – ein Interview per Telefon gemacht hatten. Er freut sich, und ich bekomme auch noch mein Foto mit ihm. Beim Verlassen der Halle treffe ich außerdem zufällig noch einen alten Schulfreund, den ich seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ein schöner Abschluss eines tollen Abends!

Setlist: Your Head, Give It, Bad News, Red Scare, On Your Way Down, Taken, Wilma´s Rainbow, Bad Mood, Drunk In The Afternoon, I ♥ My Guru, Oven (Melvins-Cover), In Person, The Silver Hawaiian, FBLA, Sam Hell, Tic, Unsung, Beautiful Love, Speechless, Army Of Me (Björk-Cover), Blacktop, Symptom Of The Universe (Black Sabbath-Cover), (High) Visibility, Life Or Death, You Borrowed, Milquetoast, I Know, FBLA II, Just Another Victim, In The Meantime



Autor: Daniel Müller - Pics: Daniel Müller