SINNER, SAVAGE MESSIAH

Essen, Turock, 11.09.2019

Sinner - Live - 2019-1Heute ist im Turock in Essen die Release-Party des neuen Sinner-Albums„Santa Muerte“ angesagt, welches zwar offiziell erst zwei Tage später, am 13.09., erscheint, aber tatsächlich heute Abend schon als Digipack-CD und transparent-violettes Vinyl erhältlich ist. Heute wird es also schon die allerersten Käufer des Albums geben. Die Digipack-CD kostet hier 15 €, die farbige Doppel-LP 20 €. Die beiden letzten regulären Alben „One Bullet Left“ (2011) und „Tequila Suicide“ (2017) gibt es für jeweils 8 € auf CD, zwei aktuelle T-Shirts für je 20 € und zwei ältere Motive für je 10 €. Auch bei der Vorband verhält sich der Kurs günstig. So gibt es das aktuelle Album „Demons“ – übrigens ausschließlich auf Vinyl! – für 15  € und das vorherige Album „Hands Of Fate“ von 2017 für 10 € auf CD. Das klingt doch mal Fan-freundlich! Eine Party soll es im wahrsten Sinne des Wortes werden, was man auch an der Bühnendeko sieht, ist links neben dem Schlagzeug – vom Publikum aus gesehen – doch ein langer Tresen mit großen Whisky-Flaschen aufgebaut, wo der englische Background-Sänger Neil Witchard aus Newcastle der Band den ganzen Gig über die Getränke mischt.

Savage Messiah - Live - 2019Zuvor betreten jedoch die sympathischen Engländer Savage Messiah die Bühne, die heute Abend bereits zum dritten Mal in Essen spielen. Einmal sind sie auch auf dem Turock aufgetreten, und Gitarrist und Sänger Dave Silver glaubt sogar, jemanden aus dem Publikum von damals erkannt zu haben. Die Band glänzt vor gerade mal knapp fünfzig Zuschauern mit einer Menge Spielfreude und kommt damit gut an. Sie spielen eine gelungene Mischung aus Thrash- und Power Metal, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Die Strophen sind immer straff und knackig, entweder gut geknüppelt oder im Headbanger-tauglichen, groovigen Midtempo angesiedelt. In den sehr melodischen Refrains wird dagegen oft die Doublebass ausgepackt, und es wird hymnisch. In den groovigen Momenten erinnern sie an Bands wie Morgana Lefay oder Tad Morose, in schnelleren Passagen an Heathen oder Anthrax und in den hymnischen Refrains an Bands wie Mystic Prophecy, Brainstorm oder Iron Saviour. Die Kombination von Gitarre und Gesang beherrscht Frontmann Dave Silver dabei scheinbar spielend. Er trifft jeden Ton und lässt sich nicht aus dem Konzept bringen. Auch mit seinen sympathischen und lustigen Ansagen kann er das Publikum begeistern. Die Jungs haben sichtlich Spaß an diesem Gig und liefern einen guten und unterhaltsamen Auftritt ab. Nach acht Songs und circa einer Dreiviertelstunde Spielzeit ist dann Schluss. Irreführenderweise gab es nicht, wie auf dem Plakat abgedruckt und von vielen erwartet, die zweite Vorband Asomvel. Die spielen die andere Hälfte der Tour im Vorprogramm von Sinner, was auf dem Plakat fast unkenntlich mit einem Stern (Savage Messiah) beziehungsweise zwei Sternen (Asomvel) gekennzeichnet ist.       

Setlist: Virtue Signal, The Bitter Truth, Cross Of Babylon, Hands Of Fate, Under No Illusions, The Fateful Dark, Minority Of One, Down And Out

Sinner - Index - Live - 2019Dann kann die Party losgehen. Die ersten Getränke werden gemischt, und über Band läuft „Always Look On The Bright Side Of Life“ von Monthy Python als Intro. Das kann ja lustig werden! Dann betritt zunächst nur die Italienerin Giorgia Colleluori die Bühne, die auf dem neuen Album „Santa Muerte“ als zusätzliche Sängerin bei Sinner debütiert. Beim Anblick des Gitarristen auf der rechten Seite der Bühne, der als Nächster die Bretter entert, bin ich überrascht, denn als Ersatz für den aus familiären Gründen fehlenden Alex Scholpp ist kein Geringerer als der langjährige zweite Sinner-Gitarrist Alex Beyroth wieder mit dabei. Der andere Gitarrist, Tom Naumann, ist ja schon seit Anfang der Neunziger bei Sinner permanent am Start. Vertraute Gesichter also. Sinner gehen als Edelrocker auf die Bühne; alle mit Rocker Jeans, Mat Sinner sogar im feinen Sacko, das ein „Bitch Bitch Bitch“-Shirt verbirgt. Im Set gibt es eine ausgewogene Mischung aus Songs des neuen Albums, die natürlich noch kaum jemand kennt (Mir liegt das Album zwecks Review ja schon seit einiger Zeit als Download zum Besprechen vor und ist auch pünktlich zur Release-Show online gegangen.), und einigen alten Klassikern aus den Achtzigern. Sängerin Giorgia und der Getränkemixer Neil stehen – mit Mikrofonständern ausgerüstet - hinter der Theke, die mit einer Flagge des 2007er Sinner-Albums „Mask Of Sanity“ zugedeckt ist. Und los geht´s! Mit „Comin´ Out Fighting“ gibt es gleich einen alten Klassiker zum Aufwärmen. Danach kommt Giorgia hinterm Tresen hervor nach vorne und singt den Opener des neuen Albums, „Shine On“, im Alleingang. Und ich bin überrascht, dass sie selbst die höchsten Töne mit Bravour trifft. Sie ist ein Energiebündel und kniet sich richtig rein. Mit „Bad Girl“ folgt ein Song vom 1985er Zweitwerk „Touch Of Sin“. „Lucky 13“ vom neuen Album folgt im Zuge. Es bleibt erstmal beim Wechsel zwischen alt und neu, und es gibt mit „Danger Zone“ einen weiteren alten Klassiker, wobei dieser – zur Überraschung aller – ebenfalls nur von Giorgia aus Venedig gesungen wird. Aber auch das kommt im Publikum gut an. Dann gibt es mit „Fiesta Y Copas“ einen der beiden spanischen Songtitel des neuen Albums, die aber dennoch einen komplett englischen Text haben.

Sinner - Live - 2019-2Das hymnische „Born To Rock“ ist dann der zweite Song der Setlist aus dem Jahr 1985. „Nachdem er gerade bei „Born To Rock“ vierundzwanzig Solos gespielt hat, darf er jetzt auch mal etwas anderes machen“, sagt Mat Sinner dann in Richtung Alex Beyrodt, der sich eine akustische Gitarre schnappt und das bluesige „Death Letter“ mit Sängerin Giorgina anstimmt. Dann folgt mit „Tequila Suicide“ der Titeltrack des letzten Albums von 2017, der der einzige an diesem Abend ist, der nicht vom neuen Album oder aus den Achtzigern ist. Auf die eher Power Metal-lastige Phase zwischen 1995 und 2005 wird heute komplett verzichtet. Die glorreiche Vergangenheit der Anfangstage blüht dann im letzten Drittel des Sets noch einmal auf: „The Concrete Jungle“, „Knife In My Heart“ (beide unterbrochen von einem irren Schlagzeug-Solos des von Voodoo Circle gekommenen Neuzugangs Markus Kullmann, bei dem haufenweise Drumsticks gedreht werden, ohne dabei den Spielfluss zu stören!), das Billy Idol-Cover „Rebel Yell“, das vom Publikum frenetisch aufgenommen und mitgesungen wird, und das hymnische „Germany Rocks“ sorgen noch einmal für eine ausgelassene Party im mit mittlerweile schätzungsweise achtzig Besuchern gefüllten Innenraum. Aber die paar Leute machen so laut mit, dass es einem sehr viel voller vorkommt, wenn man nicht nach hinten sieht. Es folgt überraschend „Rock ´n´ Roll“ von Led  Zeppelin (noch einmal mit einem kurzen Schlagzeug-Solo am Schluss; also so wie beim Original auch) und als letzte Zugabe den Titeltrack des neuen Albums „Santa Muerte“, bei dessen Soloteil Sängerin Giorgia in heiteres Gelächter verfällt und nicht mehr damit aufhört. Mat Sinner hat immer einen lustigen Spruch drauf, weiß das Publikum zu animieren und wirkt immer locker und gelöst. Man merkt der Band richtig an, dass sie gute Laune hat und hier einfach nur Party machen will, und das gelingt ihr auch auf ganzer Linie. Nach dem Gig kommen Sänger und Sängerin auch noch ins Publikum und machen Fotos mit den Fans und signieren ein paar Platten. Trotz spärlichen Besuchs ein rundum gelungener Abend!

Setlist: Intro, Comin´ Out Fighting, Shine On, Bad Girl, Lucky 13, Danger Zone, Fiesta Y Copas, Born To Rock, Death Letter, Tequila Suicide, The Concrete Jungle, Drum Solo, Knife In My Heart, Rebel Yell (Billy Idol-Cover), Germany Rocks, Rock ´n´ Roll (Led Zeppelin-Cover), Santa Muerte  



Autor: Daniel Müller - Pics: Daniel Müller