WORMWOOD - Kein Song ist schwieriger zu schreiben, nur weil er länger oder kürzer ist


Eine der großen Überraschungen in diesem Jahr ist das zweite Album „Nattarvet” der schwedischen Melodic Black Metaller Wormwood, denn obwohl das Album irgendwie typisch Schwedisch klingt, haben sie sich dennoch eine ganz eigene Nische geschaffen, die sie nur schwierig in eine bestimmte Schublade stecken lässt. Denn hier gibt es nicht nur frostige Gitarren und eine dazu passende dünne, glasklare Produktion, sondern auch ein paar ungewöhnliche Elemente. So gibt es sowohl englische als auch schwedische Texte auf dem Album, ertönen bei „I Bottenlös Ävja“ folkige Violinen oder enthält das zwölfminütige Epos „The Isolationist“ einen psychedelischen Mittelpart. Ich war sofort angetan und sprach mit Sänger Georg „Nine“ Ekbladh über den Werdegang dieser leider noch sehr unbekannten, aber interessanten und innovativen Band.

logoDaniel: HELL-ö Nine! Bitte erzähl uns doch zunöchst etwas über die Anfänge von Wormwood! Wann und wie kam der Stein ins Rollen? 

Nine: Der Grundstein für Wormwood wurde 2014 gelegt, als T. Rydsheim und D. Johansson sich kennenlernten und eine Band gründen wollten. Kurz darauf stieg ich in die Band ein, und J. Engström noch etwas später. Das Ziel war von Anfang an, anders zu klingen, und so kam zunächst eine Mischung aus Black ´n´ Roll und Folk-Einflüssen heraus. Nachdem wir „Ghostlands” veröffentlicht hatten, haben wir aber unseren Sound gefunden. Auch wenn wir eigentlich mit dem Endresultat des Albums glücklich waren, waren wir aber noch nicht zufrieden mit der musikalischen Ausrichtung. Nach vielen schlaflosen Nächten entstand die Musik zu „Nattarvet“, und unser Sound hat sich gefestigt.

Daniel: Hattet Ihr zuvor bereits in anderen Bands gespielt?

Nine: Ich hatte zuvor in vielen kleineren Projekten gespielt, aber meine Hauptband war die schwedische Black Metal-Band Withershin, die 2006 gegründet wurde. J. Engström war zuvor auch schon in einigen kleinen Bands aktiv. T. Rydsheim hat auch schon in vielen Bands gespielt. Unser Schlagzeuger D. Johansson hat dagegen bislang mehr oder weniger nur bei Wormwood gespielt, live aber auch mal bei Draconian ausgeholfen.  

Daniel: Wie kam es zu dem Bandnamen Wormwood? Woher stammt er?

Nine: Wormwood (oder „Apsinthos” im Griechischen) war in der Bibel der Stern, der auf die Erde fiel und das Wasser bitter machte, so dass die Menschen krank wurden und starben. Auch in der Neuen Kirche der Swedenborgianer, einer christlichen Glaubensgemeinschaft, die sich auf die Glaubensrichtung des schwedischen Naturphilosophen und Visionärs Emanuel Swedenborg (1688 – 1772) beruft, wird er als Opposition zu Gottes Plan angesehen. Es gibt viele Bedeutungen in diesem Zusammenhang, und wir benutzen den Begriff, um unseren eigenen Nordischen Mythos über eine bedrohliche Macht zu erschaffen.     

Daniel: Bei Metal Archives sind fünf verschiedene Bands mit dem Namen Wormwood aufgelistet (vier davon aus den USA aus dem Black-/Death-Bereich und Ihr). Kam es da jemals zu Verwechslungen?  

Nine: Kaum. Das liegt aber wohl daran, dass sie – im Gegensatz zu uns – zu klein oder inaktiv sind.

Daniel: Ihr spielt typisch schwedischen Melodic Black Metal, der mich an Bands wie Naglfar, Mörk Gryning, Netherbird und manchmal auch an Dissection erinnert. Welche Bands haben Euch denn tatsächlich beeinflusst? Und was, glaubst Du, ist das Geheimnis dieses typisch schwedischen Sounds, den sonst kaum jemand kopieren kann?  

Nine: Unsere Musik klingt deshalb so differenziert, weil wir alle unterschiedliche Musik hören. Auch wenn wir alle Black Metal hören, hört jeder auch ganz andere Musik. T. Rydsheim ist der Hauptsongwriter der Band, und seine Lieblingsbands sind Kiss und Iron Maiden. Er mag aber auch schwedische Folklore und ist ein großer Fan von Mark Knopfler von den Dire Straits. Daher kommen die vielen verschiedenen Einflüsse zustande. Da nur wenige Bands den wahren schwedischen Black Metal-Sound einfangen, denke ich, dass Du einfach aus Schweden kommen musst, um solche Musik zu Machen. Das liegt, so zu sagen, in unserer DNA.   

Daniel: Worum geht es in Euren Texten? Steckt eine Art Kernaussage dahinter, die Ihr dem Hörer vermitteln wollt?

Nine: Jeder Song hat eine bestimmte Bedeutung und Kernaussage. Die meisten Texte handeln von Problemen in Schweden rund um das Jahr 1860. Wir haben aber Songs, die auf Buchvorlagen basieren, wie zum Beispiel „The Road“ und „In The Kingdom Of Ice“. „Ghostlands”, unser vorheriges Album, ist etwas breiter gefächert, Das ist positiv gemeint. Sie lassen sich gut lesen, sind aber eher abstrakt. Auf all unseren Veröffentlichungen geht es aber um die Natur und eine gewisse nationale Romantik, den Respekt vor der Natur, Fragen zum Kosmos und eine tiefe Melancholie. Ich könnte den ganzen Tag über die Texte reden, aber das würde jetzt hier den Rahmen sprengen.

wormwoodDaniel: Einige Eurer Texte sind Schwedisch, andere Englisch. Wovon macht Ihr abhängig, welche Sprache Ihr verwendet? Gibt es dafür bestimmte Gründe, wie zum Beispiel die Betonung oder eine bestimmte Stimmungslage?  

Nine: Eine Mischung aus Stimmung und Thematik, würde ich sagen. Ein Song über die Begebenheiten einer Familie im Jahr 1860 würde ihrem Erbe nicht gerecht werden, ist auf Englisch aber besser verständlich. Wenn man mehr englische Texte hat, können Leute, die nicht aus Schweden kommen, besser drüber reden und sie genießen. Wären alle Texte auf Schwedisch, so könnte dies auf zu Fehlinterpretationen bei der Übersetzung führen. Wir entscheiden zwischen beiden Sprachen, je nachdem, wie es sich anfühlt. Ich weiß, dass die Antwort nicht gerade befriedigend ist, aber das ist auch schwierig zu erklären.      

Daniel: Wie lange hat es gedauert, die Songs zu schreiben und aufzunehmen? 

Nine: Das Songwriting hat knapp zwei Jahre gedauert. Wir verspürten keinen Zeitdruck, nachdem „Ghostlands” veröffentlicht worden war. Manchmal haben wir zwei Songs pro Monat geschrieben, manchmal nur einen neuen in vier Monaten. Aber alle Songs sind auf natürlichem Wege entstanden, würde ich sagen. Die Aufnahmen waren ziemlich schnell abgeschlossen. Für Schlagzeug und Gesang haben wir ein paar Anläufe gebraucht. Gitarre und Bass haben wir zu Hause eingespielt. Der Mix hat dann etwas mehr Zeit in Anspruch genommen, aber dafür ist der Sound auch richtig gut geworden.  

Daniel: Einer der Höhepunkte des Albums ist für mich das fast zwölfminütige Epos „The Isolationist”. War es schwierig für Euch, solch einen langen Track zu schreiben? Und welche Idee steckte genau dahinter?

Nine: Kein Song ist schwieriger zu schreiben, nur weil er länger oder kürzer ist. Der Song ist eigentlich nicht anders entstanden als andere auch. T. Rydsheim kam mit dem Grundgerüst an, und während der Proben kamen immer mehr Ideen hinzu. Ein schöner Kontrast ist, dass „The Isolationist” zwar unser bislang längster Song ist, aber den kürzesten Text hat. Das ist aber tatsächlich Zufall.In dem Text geht es um einen Mann und seine Frau, die mitten in Schweden um 1860 leben. Sie wollte wegziehen und er nicht. Seine Liebe für sein Haus, der auch sein Geburtsort war, war starker als sein Hang zu ihr. Das machte sie krank, und sie starb. Von nun an ging er jeden Tag zu ihrem Grab und möchten dort so lange verweilen, bis er selbst stirbt.    

Daniel: Wo habt Ihr das Album aufgenommen? Und wer hat produziert?

Nine: Genau wie „Ghostlands” nahmen wir es in den Wing Studios von Sverker Widgren auf. Er war auch der Produzent.

Daniel: Ich finde das Artwork toll! Von wem stammt es? Und wie seid Ihr mit dem Künstler in Kontakt gekommen?

Nine: Genau wie bei „Ghostlands”, war auch wieder Mario Polzin von Moornebheym dafür verantwortlich. T.Rydsheim schoss ein paar Bilder von einem Ort, der uns sehr viel bedeutet, und schickte sie ihm. In Absprache mit uns kam dann schließlich das dabei heraus, was man jetzt sieht. Das Cover ist anders, so wie unsere Musik. Und genau so wollten wir das auch. 

Daniel: Ich finde, dass sich das Cover perfekt für eine Vinyl-Veröffentlichung eignet. Ist in dieser Hinsicht schon irgendetwas geplant?   

Nine: Ttatsächlich gibt es das Album bereits auf Vinyl und kann, zum Beispiel über Bandcamp, bestellt werden. Auf Vinyl sieht das Cover echt noch besser aus. Wir sind sehr stolz auf diese Veröffentlichung.  

Daniel: Spielt Ihr eigentlich auch live? Und habt Ihr vielleicht schon einmal im Vorprogramm von größeren Bands in Eurem Land gespielt?  

Nine: Wir spielen live so oft wir können. Wir sind gerade erst vom Vagos Metal Fest in Portugal zurückgekehrt, wo Satyricon am selben Tag wie wir spielten und Headliner waren. Am 24. August spielen wir mit unseren Freunden von Månegarm auf dem Månegarm Open Air. Im September spielen wir dann noch mit zusammen mit Borknagar, Diabolical und ein paar anderen Bands in Norwegen.

Daniel: Seid Ihr eigentlich auch schon bei uns in Deutschland aufgetreten? Oder ist in der Richtung vielleicht schon etwas geplant? 

Nine: Wir haben vor zwei Jahren ein-zwei kleinere Konzerte bei Euch in Deutschland gespielt. Wir würden aber gerne wiederkommen, weil das Publikum in Deutschland einfach großartig ist.  

wormwoodDaniel: Ihr habt bislang eine EP und zwei Alben veröffentlicht. Falls die Leser Euch jetzt erst für sich entdecken: Sind all diese Tonträger noch erhältlich? Und wenn ja: Wo kann man sie berkommen?  

Nine: Im Moment kann man unsere EP nur digital kaufen, wir planen aber eine Vinyl-Version davon; also haltet die Augen auf! You can buy the EP digitally, but we do have plans on releasing it on vinyl, so keep your eyes open for that. „Ghostlands” gibt es auf CD, aber auch hier arbeiten wir gerade an einer Vinyl-Version. Unser neuestes Album „Nattarvet” ist überall auf CD und Vinyl erhältlich. Ihr könnt uns am besten per E-Mail (officialwormwood@gmail.com) oder Facebook kontaktieren. Bestellen könnt Ihr über https://smarturl.it/nattarvet.

Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Wormwood aus?

Nine: Mehr Alben, mehr Tourneen, mehr Konzerte! Das Feuer in uns brennt mehr als je zuvor. Und das wird auch noch lange so bleiben. 

Daniel: Alles klar, Nine! Dann gebührt Dir noch das Schlusswort!

Nine: Wir sind total überwältigt von den bisherigen Reaktionen auf „Nattarvet“. Das wäre ohne unsere Fans nicht möglich. Dafür sind wir sehr dankbar! Das könnt Ihr uns glauben!

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Autor: Daniel Müller