Vergangenheitsbewältigung und die Frage nach des “Pudels Kern” treiben Arjen Anthony Lucassen in sein neues Album „Lost In The New Real“. Dieses Mal will der 51jährige ohne namhafte Unterstützung loslegen und spielt einen Großteil der Instrumente selbst. Die Platte hat 2 CDs und bietet neben eigenen Songs auch fünf Coversongs, je einen von Led Zeppelin, Pink Floyd, Blue Oyster Cult, Alan Parsons Project und Frank Zappa. In Zeppelins „Battle Of Evermore” muss man einiges an stimmlicher Ähnlichkeit zu Sexsymbol Robert Plant einräumen. Ein wenig störend ist die Frauenstimme, die den Song verkünstelt und ihm den eigentlichen Reiz nimmt. Bei so bekannten und schon oft gehörten Songs, spielen beim Covern aber auch immer Hörgewohnheiten mit hinein, denn: wenn es immer so klang, dann kann es jetzt nicht einfach anders klingen! Witzig sind die Anspielungen auf Songs oder Idole der 60er, 70er und späteren Jahre. In „Where Pigs Fly“ zählt Lucassen bekannte Personen auf, die dann mit paradoxen Eigenschaften verbunden werden: „Elvis Was A Vegan“, „Keith Drank Only Juice“ und „Madonna Was A Virgin“ sind Dinge, die aus einer Parallelwelt kommen müssen. Das hat er sich auf jeden Fall ausgedacht. „Pink Beatles In A Purple Zeppelin“ ist ein Songtitel, der als Ode an den Rock´n´ Roll zu verstehen ist, hat allerdings einen etwas ernsten Hintergrund: „Why Create More Music – If It Was All Done Before“? Auch sonst drängen sich in Lucassens neuer Realität Themen auf, die verunsichern. Fragen, die man sich irgendwann stellt, aber schon vorher weiß, man sollte sie gar nicht erst stellen. Wer kann einem schon sagen, was die Zukunft bringt ?, Wie man im hohen Alter ist? usw.. Gerade auf der ersten Scheibe werden viele Fragen gestellt. Lucassen betrachtet die Welt aus einer anderen, abgehobenen, vielleicht zukünftigen Perspektive. Man hat das Gefühl er würde sich, nicht ohne Rückgriffe auf Vergangenes, während der 2. Platte an die neue Situation gewöhnen und sich in die „New Real Culture“ einfügen. Musikalisch stehen Synthesizereffekte neben Gitarren, ruhigen Melodien und klarem Gesang. Insgesamt ist das Album eher experimentell und psychedelisch als rockig und legt viel Gewicht auf den Inhalt. Dafür wird sogar eine Art Erzählerstimme eingespielt, die thematisch zu- oder überleitet. Und: Man wird durch die Texte und auch das Cover immer wieder an „Zurück in die Zukunft“ erinnert. Was Marty McFly zu dem Album sagt, ist unbekannt. Auch wenn nicht Jeder gleich auf einen anderen Planeten und eine andere Zeit springt, kennt man das Gefühl, dass plötzlich alles völlig anders ist. Man fährt zwei Wochen in den Urlaub nach Italien und ZACK! man ist wieder da und das I-Phone 28 ist raus, es hat einen Fluxkompensator, man selbst sucht aber immer noch die fehlende Taste von seinem Nokia-Uraltmodell, die einem irgendwann man abgefallen ist und fragt sich: Was kommt als Nächstes?

Tracklist:

CD 1:
01 The New Real
02 Pink Beatles In A Purple Zeppelin
03 Parental Procreation Permit
04 When I'm A Hundred Sixty-Four
05 E-Police
06 Don't Switch Me Off
07 Dr Slumber's Eternity Home
08 Yellowstone Memorial Day
09 Where Pigs Fly
10 Lost In The New Real
* Bonus-Feature auf CD-Rom: „Behind The New Real“

CD 2:
01 Our Imperfect Race
02 Welcome To The Machine
03 So Is There No God?
04 Veteran Of The Psychic Wars
05 The Social Recluse
06 Battle Of Evermore
07 The Space Hotel
08 Some Other Time
09 You Have Entered The Reality Zone
10 I'm The Slime
*Bonus-Feature auf CD-Rom: „The Artwork“

Note: 7 von 10 Punkten
Autor: Dörte Hahn

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