JOHN DIVA AND THE ROCKETS OF LOVE - Von 0 auf 100 in ein paar Monaten


Ich sah die Formation vor geraumer Zeit im Vorprogramm von Vixen, als die Mädels 2018 in Bochum gastierten. Damals standen gerade mal eine Handvoll Fans vor der Bühne, und mich selber juckte die Präsentation, die Hälfte bestehend aus Cover-Tracks, so rein gar nicht. Passend zum Release des aktuellen Albums „Mama Said Rock Is Dead“, waren nach gelungener Promotion-Arbeit in der Stadt Hagen fast zweitausend Zuschauer gekommen, selbst einige, die mit Poser-Mucke bis dato nichts am Hut hatten. Dabei sein! Aber nichtsdestotrotz verdient dies zumindest ein Interview. Witzig fand ich, dass John während des Interviews den Mythos des kalifornischen Rockers im perfekten Englisch aufrecht hielt, wo doch die Jungs aus dem Sauerland stammen und mit Perücken und AchtzigerJahre-Kult eine künstliche Biografie angeben. Na, da halte ich doch mit. Aber lest selbst.

logoSteve: Hallo John! Alles cool?

John: Klar, wir sind gerade in Hamburg und genießen das Wetter bis zum Auftritt.

Steve: Kannst Du uns etwas zur Bandgeschichte sagen, da Ihr beim CROSSFIRE noch nicht so bekannt seid?

John: Klar. Wir sind jetzt ungefähr seit zehn Jahren auf Tour. Wir haben als Live-Act angefangen und haben alles von Bars bis Clubs mit meinen alten Liedern abgegrast. Ich habe zwei Gitarristen im Team: J.J. Love und Snake Rocket, mit denen ich schon in der Bay-Area zur High School gegangen bin. Unseren Drummer Lee Stingray, Jr. lernte ich auf einer Party bei Alice Cooper kennen. Er stieß erst später zur Band, weil er bei Beasto Blanco spielte. Er brachte Basser Remmie Martin mit. Aber es steckte immer noch ein Album in uns. Dann kam der Stein endlich ins Rollen. Man wollte uns für Wacken, wir bekamen ein neues Management, und wir setzten uns mit verschiedenen Plattenfirmen zusammen. Wizard Promotion wurde unsere Booking Company, und wir überlegten uns ein Motto, unter dem wir firmieren wollten. „Mama Said Rock Is Dead“ ist ein Zitat aus dem sehr persönlichen Song „Rock´n´Roll Heaven“. Wir verbeugen uns vor den Verstorbenen, die uns nahe standen. Eigentlich ein sehr ernstes Thema, wo wir doch mit unserer Musik für Spaß stehen.

Steve: Ihr habt Eure Recordings im Münsterland beim dortigen Papst Michael Voss (Sänger von Mad Max) gemacht. Warum geht eine amerikanische Band, mit dem typischen amerikanischen Sound und Look, nicht in Los Angeles an den Start?

John: Wir hatten eigentlich bereits ein paar andere Produzenten auf dem Schirm, aber dann schrieb Michael zur perfekten Zeit. Er meinte, dass wir ihn wahrscheinlich nicht kennen würden, aber er unsere Musik liebt. Er wäre der richtige Mann an den Reglern. Und da wir gerade in Deutschland waren, entschlossen wir uns dazu, ihn zu treffen. Es war die richtige Entscheidung. Er hat Spaß bei der Sache, ist schnell im Kopf… sehr clever, ein guter Sänger und ein brillanter Musiker oben drauf. Ehrlich gesagt, ist es als Produzent nicht immer leicht, aber wenn die Musiker Dich respektieren, geht die Post ab. Wir alle respektieren Michael, was nicht immer  selbstverständlich ist, denn jeder in der Band und alle Mitwirkenden haben ihren eigenen Stil. Michael hat schon Jahre vor uns die Beine im Business gehabt und ist immer noch dabei. Es geht ihm nicht um Erfolg, sondern um sein Ding. Er machte ein paar Probeaufnahmen mit uns, und das Ergebnis war genau das, was wir uns vorgestellt hatten. Wir haben den richtigen Mix zwischen Achtziger Jahre-Sound und moderner Technik, und Michael hat eine ganze Menge damit zu tun.

Steve: Und Ihr habt ja das richtige Timing mit Eurer Musik, das hatte Michael mit seinen Bands ja nicht immer.

John: Timing ist sehr wichtig. Ich kenne viele Jungs, die auf der Strecke geblieben sind. Wir hätten mit unserem Album vor zwanzig Jahren die gleiche Ansage bekommen. Damals wäre das schlecht gewesen. Heute passt der Zahn der Zeit. Wir haben die Fans, die die Achtziger Jahre miterlebt haben, und die rauschen bei uns in ein nostalgisches Flair, während die jungen Zuhörer das anders beurteilen. Sie können die alte Zeit nicht einzuschätzen und hören uns ohne Vorurteile zu. Sie bekommen eine Band zu sehen und hören, die ihr Metier versteht.

Steve: Ich sehe das schon ein bisschen differenzierter. Schließlich ist die Hair Metal-Welle hierzulande schon wieder ein paar Jahre im Gange. Bands wie Steel Panther haben dann alles möglich gemacht. Ich selber hatte Euch erst sehr spät auf dem Schirm und das als großer Fan des Genres. Und zwischen den Gigs mit Vixen und heute ist ja erst der Damm bei Euch gebrochen. Was ist in der kurzen Phase passiert?

john divaJohn: Wir hatten eigentlich vorher bereits eine starke Fanbasis, obschon Hair Metal nicht das Maß aller Dinge ist. Aber bei uns kommen alle zum Zuge, die Teenager bis zu den Senioren. Wir sind mit Herzblut dabei, und obschon unsere Musik einen gewissen Spaßfaktor verbreitet, meinen wir es ernst. Aber Du hast recht: Dieser Sommer war ein Faustschlag, und wir waren von der Menge der Besucher in Hagen selber erschlagen. Die Public Relation-Arbeit war einfach fantastisch. Die letzten drei Monate zum Album waren wirklich arbeitsreich. Natürlich gab es genügend Fragen, ob wir ein gutes Album hinkriegen, ob wir wie Steel Panther klingen würden, wie wird die Tour mit Kissin´ Dynamite. Wir hatten in Sachen Timing mehr Glück als Michael Voss damals. Immerhin sahen uns viele als Comedy-Stars. Im digitalen Zeitalter wollen die Menschen etwas Großes zum Anfassen, und ich denke, das ist genau das, was wir machen.

Steve: Ich bin ehrlich: Als ich Euch live gesehen habe, dachte ich: „Alles klar… mega alter Hut." Ihr habt viele Tracks gecovert. Das mag ich schon mal gar nicht. Dann der Auftritt mit den Mädels… Da musste ich sofort an Steel Panther denken. Und beim ganzen Drumherum sowieso. Aber dann habe ich das Album gehört, und das war völlig anders. Großartige Lieder…cooles Feeling, richtig Power… einfach alles, was eine Band benötigt.

John: Danke, das macht mich glücklich. Klar, Cover-Tracks nimmt man am Anfang, um etwas aufzubauen. Da denke ich ähnlich wie Du. Und ab einem bestimmten Punkt wächst Du aus der Sache raus und willst Deine eigenen Songs schreiben.

Steve: Ich weiß ja nicht, inwieweit negative Kritik an Dich herangekommen lässt, aber ein Grundtenor ist, dass Ihr nur bekannt geworden seid, weil Steel Panther immer noch so angesagt ist. Im direkten Vergleich werdet Ihr bei den Leuten als Klon gehandelt, da Image, Musik und Show auf den gleichen Facetten beruhen. Ich bin geneigt, dem Gedanken schon etwas recht zu geben, ob Ihr jetzt nun weniger oder mehr Comedy macht.

John: Steel Panther haben einen großartigen Job gemacht. Sie haben es auch geschafft, die jungen Leute mit ihrer harten Arbeit von den PCs wegzukriegen und abends bei einer Show aufzuschlagen und Party zu feiern. Sie haben die Tür für Vieles geöffnet und werden jeden Tag größer. In diesem Sinne kann man uns durchaus vergleichen.

Steve: Wie seid Ihr an die Sache herangegangen, alte Säcke der Poserzeit wie mich, die mit hunderten von coolen Bands wie Ratt, Poison, Cinderella oder weitaus unbekannteren Acts wie Slik Toxik und Concrete Jungle aufgewachsen sind, zu überzeugen, auf John Diva And The Rockets Of Love aufmerksam zu werden? Ihr habt ja doch deutliche Parallelen in vielen Eurer Tracks zu alten Heroes meiner Sturm und Drangzeit. Im Prinzip: Wo hört der Einfluss alter Recken auf, und wo fange ich an, John Diva zu entdecken?

John: Das ist eine gute Frage. Natürlich kommt man von seinen Einflüssen nicht ganz los. Aber sobald ich mich dazu entschlossen hatte, ein eigenes Album zu machen, verlor ich die Angst, in Klischees zu verfallen. Ich fühlte mich frei und verließ mich auf meinen Instinkt. Selbstredend ist „Mama Said Rock Is Dead“ eine Hommage eine meine Jugend. Und wenn Du Def Leppard entdeckst… großartig. Wir bewegen uns aber in einer Stilrichtung, in der Du nicht alles neu erfinden kannst, was auch schier unmöglich ist. Das Genre ist schon recht konservativ. Ich entdecke selber eine Affinitäten, wenn ich die einzelnen Songs herauspicke, aber wenn ich das Gesamtwerk höre, mit allen Tracks, ist es defintiv John Diva. Zum einen liebe und respektiere ich die Ladies. Sexualität ist für alle da, und obwohl dieses Werk recht „cocky-macho“ ist, will ich das verstanden wissen. Es sind die kleinen Dinge, die es zu John Diva machen. Ich will auch nicht behaupten, dass bei unseren Konzerten über Politik gesprochen oder philosophiert wird, aber zumindest bringe ich die Menschen zu Gesprächen und ein Bier zusammen. Es ist einfach gut, wenn Menschen sich austauschen und ein Feeling zusammen entwickeln.

john divaSteve: Ich habe heute gelesen, dass Ihr das Konzert im Aladin zu Bremen ausfallen lassen werdet. Das gab in Fankreisen doch großen Unmut. Ist der Club zu klein geworden, weil der Erfolg ansteigt oder einfach nur eine Business-Entscheidung? Liegt es am Headliner?

John: Bei der Sache bin ich nicht ganz auf dem Laufenden, aber das wir nachgeholt.

Steve: Es gibt wohl einige Leute, die nicht viel über Dich/Euch im Internet finden. Hat das einen bestimmten Grund? Ich habe für dieses Interview auch nicht viel Material gefunden.

John: Das ist für mich nicht von Interesse. Mich interessierst es auch nicht, was die Leute schreiben. Wenn Du mich/uns kennenlernen willst… komm zur Show. Da können wir uns unterhalten.

Steve: Was liegt in nächster Zeit an?

John: Wir haben große Pläne und reden bereits über das neue Album, das wohl sehr anders als das aktuelle werden soll. Natürlich steht noch eine Headliner-Tour an. Wir werden in der Nähe sein, insbesonders in Deutschland.

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Autor: Steve Burdelak