BETONTOD, ENGST

Düsseldorf, Stahlwerk, 01.03.2019

Betontod ist eine deutsche Punkrockband aus Rheinberg und wurde Anfang der 90er-Jahre gegründet. Sie sind weiterhin mit dem aktuellen Album "Vamos" auf Tour, was im September letzten Jahres erschien. Dieses siebte Werk bescherte dem Fünfer eine Top-Ten-Position in den deutschen Charts. Ich sah Betontod bereits auf dem Rockharz-Festival und auf einer der ersten Full-Metal-Cruises. Allerdings bin heute zum ersten Mal im Stahlwerk und ich muss sagen, eine wirklich feine Location ist das. Erstens entfällt die unsägliche Parkplatzsuche, wie bei einigen anderen Venues in Düsseldorf oder Köln und ein großes Stück Pizza für drei Euro, nenne ich mal mehr als fair. Dazu gibt es ellenlange Versorgungseinrichtungen für kühle Getränke und die längste Merchandise Theke, die ich je gesehen habe. Düsseldorf ist nur unweit von Rheinberg entfernt, entsprechend groß ist heute der Andrang, und das, was alles in den VIP-Bereich geschleust wird, dürfte fast an die Zahl der zahlenden Besucher rankommen. Im Deutschrock oder auch im deutschen Pop, ist Matthias Engst mit seiner gleichnamigen Band unterwegs, die in 2018 mit dem Album "Flächenbrand" debütierten und heuer die großen Betontod supporten dürfen.

 

Engst -1Um Punkt 20:00 Uhr erstürmen die Berliner die Bühne und rocken los, wie die Feuerwehr. Das ist richtig geiler Punkrock, wie er im Buche steht und meilenweit weg von irgendeinem poppigen Geschnulze. Engst können mich umgehend überzeugen und Schuld daran, ist dieser irrwitzige und super agile Shouter Matthias Engst, der sich sein Posing nicht von irgendwelchen Deutschrockern, sondern ganz klar von eher im Core agierenden Band abgeschaut hat. Würde mich nicht wundern, wenn er selbst Fan von beispielsweise einem Marcus Bischoff von Heaven Shall Burn wäre. So habt ihr eine ungefähre Vorstellung von dem, was da auf der Bühne abgeht. Engst -2Klar lieben Engst die typischen, deutschen Punkrocker, wie Die Toten Hosen oder auch Die Ärzte. Nach einem deutlichen Bekenntnis zu dem um sich greifenden Faschismus mit der Parole "Nazis raus!", gibt es dann mit dem Cover von "Friedenspanzer", einen eher nicht so bekannten Song, von dem erwähnten Trio aus Berlin, der sich allerdings klasse zum Pogen eignet, wie Matthias so ganz nebenbei erwähnt. Zu "Optimisten" teilt der Shouter das Publikum in eine linke und rechte Hälfte und jeder weiß, was nun kommt. Eine ganz clevere Art, um die an sich verbotenen "Wall Of Death" zu zelebrieren. Mit ehrlichem und rotzigen Punk, wird die "Kackindustrie" und der "Einheitsbrei", in den Dreck gezogen. Nach dem Schunkler "Der König", irgendetwas muss ja doch dem Popklischee genügen, verabschiedet sich der Vierer nach einer knappen dreiviertel Stunde mit ""Ich Steh Wieder Auf", übrigens der Opener von "Flächenbrand". Engst überzeugen auf ganzer Linie und sind eine echte Livegranate.

 

Betontod - 2Nach einer kurzen Stippvisite von "Der Butterwegge", der mit Akustikgitarre, ein paar Stories und einigen Songwriterklamotten, mehr schlecht als recht, die Pause überbrückt, ist dann endlich der Headliner an der Reihe. Mit einem rosafarbenen Backdrop und hellem, gleißenden Licht eröffnen Betontod und werden von Anfang an, richtig abgefeiert. Klar, das ist heute beinahe ein Heimspiel und außerdem ist Karneval, aber so eine Stimmung habe ich dennoch nie erwartet. Nach den ersten sechs Tracks, unter anderem mit "Revolution", "La Familia" oder „Flügel Aus Stahl", gibt es bei "Ihr Könnt Mich", richtig derbes Zeugs und das Stahlwerk erbebt beim Springen der Fans in seinen Grundmauern. Und Frank (Eule) und Oliver (Meister) legen noch einen drauf und stacheln das Publikum so richtig an, so nach dem Motto "Mann, Magdeburg liegt noch vorne, Düsseldorf, strengt euch mal an". Und prompt folgen bei "Keine Popsongs", richtig laute "Hohoho-Chöre", die zwar mit jedem Liter Bier, welches heute in Mengen fließt, zwar immer schiefer aber dafür auch immer lauter werden. Mittlerweile ist der Hallenboden klatschnass und nicht wenige Bierbecher werden noch halbvoll in Richtung Bühne geschleudert. Da passt "Mein Letzter Tag", wie der berühmte Deckel auf den Eimer. Und wieder heißt es "Nazis raus" bei "Dagegenstehen", unterstützt durch im Publikum wild geschwenkte Flaggen. Nach dem riffigen und schnellen "Kinder Des Zorns", schließt sich mit "Glück Auf", die erste aber weitem nicht die letzte Saufnummer an. Sowas mag ich ja gar nicht und ab nun begleitet eher Stirnrunzeln, als denn ausgelassene Fröhlichkeit meine weitere Anwesenheit. Betontod - 3"Ich Nehme Dich Mit" und das allseits abgefeierte "Traum Von Freiheit", lassen dann kurzzeitig den Karnevalsklamauk vergessen. Das Kopfschütteln meinerseits geht allerdings mit dem kitschigen "Bengalo" von Neuem los, so dass das abschließenden "Viva Punk!“, zwar lauthals vom vielfach nun sturzbesoffenen Publikum mitgegrölt wird, meines Erachtens jedoch eher ein Statement aus älteren Tagen darstellt und so ganz und gar nicht auf das nun weiter dargebotene Material passt. Nach "Niemals Untergehen", empfinde ich "Hömmasammawommanomma", schlichtweg als peinlich. Nach dem Deutschrocker "Ich Bereue Nichts", wird die Peinlichkeit mit dem Udo Jürgens - Cover "Griechischer Wein", noch quadriert und ich bin mir nun nicht mehr so sicher, ob ich noch bei einem Punkrockkonzert oder schon beim Karnevalsumzug bin. Das ist einfach blöde und peinliche Saufmucke. Mit dem letzten Song "Auf Eine Gute Zeit", suche ich zügigst das Weite und sinniere noch länger darüber nach, wie man einen anfänglich so geilen Gig, vor eine so simple Mauer knallen kann. Es mag ja Karneval sein, aber was hat Punkrock mit so einem konservativen Scheiß im Sinn?



Autor: Andreas Gey - Pics: Andreas Gey