JON OLIVA’S PAIN / KINGCROW / MAX PIE

Essen, Turock, 29.06.2012

Der Mountain King rief, und alle sind gekommen. Trotz der Europameisterschaft im Fußball, trotz Festivals und gutem Wetter war das Essener Turock pickepacke voll, und dem entsprechend Laune hat es auch gemacht, besonders die Songs aus der Zeit von Savatage abzufeiern. Doch beginnen wir von vorn.

 

MAX PIE git LIVE 2012Der erste Opener hiess Max Pie, kommt aus Tubize in Belgien, und ist im progressiven Hardrock zu Hause. Handwerklich sicher an ihren Instrumenten, kam mir persönlich ihre Mucke doch recht lahm rüber, doch das sich stetig füllende Turock sah das offensichtlich anders. Schon nach dem dritten Song wurde ‚Make Some Noise’ gefordert, und es kam tatsächlich etwas zurück von der Audienz, womit ich nicht gerechnet hatte. Mittig an der Bühnenfront stand in schwarz abgedeckt das Piano für den Hauptact, so dass die Supportacts da drum herum performen mussten, was dem Mann am Ibanez Fünfsaiter und Sänger Tony, im soundkonformen Symphony X-Shirt, auch gut gelang. Der Prog Sound der Belgier blieb slow und soft, und das Publikum zeigte trotzdem schon gut Reaktion. Nach etwas mehr als einer halben Stunde war die Spielzeit rum. Ein Blick auf das Merchandise verriet, dass es Jon Olivas Pain Shirts für 25 Euro zu erstehen gab, der selbe Preis war auch für ein weißes Longsleeve ausgeschildert. Shirts von Kingcrow gab es dagegen schon für nen Zehner.

 

KINGCROW voc LIVE 2012Und die Italiener von Kingcrow waren auch die nächste Band auf der Bühne. Das Sextett mit zwei Gitarren und einem Keyboard kam gleichermaßen softproggig wie ihre Vorgänger von Max Pie. Ein vielseitiger Mix durch verschiedene Stilarten wurde dargeboten, und bildete ein eher sperriges Gesamtbild. Stellte man sich teils folkig vor, oder auch mal orientalisch, oder mit Einlagen von Flamenco und Reagge, wurde man jedoch nie wirklich schwermetallisch. Mit Yeah-Rufen wurde der nächste Song eingeläutet und die Audienz kurz animiert, welche das Spiel auch bereitwillig mitmachte. An dieser Stelle erwartete ich jetzt einen Kracher, doch der nächste Song klang härtemäßig eher nach Marillion, trotz einer Steigerung dann nach David Bowie. Die Band offenbarte viele gute Ideen im Switch der Stile, doch als Anheizer für Jon Olivas Pain hätte mehr Arschtritt drin sein dürfen. Dennoch feierte das Publikum Kingcrow ab, schließlich hatte es hier auch mit einer Band zu tun, der ein gewisses Mass an Potenzial nicht abzusprechen war. Zum Schluss gab es noch den Titeltrack ihres 2010er Outputs „Phlegeton“, bevor nach 55 Minuten die Stagetime beendet war.

 

JON OLIVAS PAIN git LIVE 2012„Stop!“ Das erste Wort von Jon Oliva lies gleichermaßen das Intro und das Publikum verstummen. In diese Pause spielte er die ersten Töne von „Gutter Ballet“, und es wurde sofort wieder laut im Turock. Ein Einstand nach Maß, der sofort belegen sollte, was in den nächsten 120 Minuten abging. Sein weißes Mini-Piano in der Bühnenmitte nahm auch musikalisch eine zentrale Rolle ein. Denn gleich der nächste Track, „Edge Of Thorns“, hat auch diesen prägnanten Pianobeginn. Der Song wurde langsamer interpretiert, als von Platte bekannt. Überhaupt fiel heute Abend auf, dass die Gitarren runder und flüssiger kamen, und nicht so zackig wie man sie im Original kennt. Jeder weiß, dass das einzigartige Gitarrenspiel von Chris Oliva nicht mal eben zu kopieren ist, wenn man nicht gerade Alex Skolnick heißt. Doch die beiden Gitarristen bei Jon Oliva's Pain, Jerry Outlaw im Gedenkshirt des 2011 verstorbenen JOP-Klampfer Matt Laporte, und der noch leicht unsichre Neuzugang Joe Diaz, wussten  sich mit dem Material in Szene zu setzen. So erklang „Power Of The Night“ schon wesentlich zackiger. Eigene Songs von JOP durften nicht fehlen, so kam nach einer langen Ansage „Death Rides A JON OLIVAS PAIN bass2 LIVE 2012Black Horse“ vom 2010er Album „Festival“ zum Zug, später auch der Titelsong des Albums selbst. Jon war nicht bei bester Stimme, wenn auch niemand die hohen Schreie erwartete, wie sie auf den alten Alben von Savatage zu hören sind. Doch nicht nur zu „Sirens“ war es ihm anzumerken, wie wichtig ihm das Material und die Reaktionen der Fans waren; er scheint dafür zu leben. Das Ende des ersten Teils des Sets war mit dem Song „Ghost In The Ruins“ zu beschließen. Gleichermaßen sollen ihn alle seine Gitarristen favorisiert haben, von seinem Bruder Chris angefangen, über Matt Laporte, bis hin zu Chris Caffrey. Danach kam das Angekündigte, auf das alle warteten. Die Drumskins von Christopher im Design des 25 Jahre alten Albums von Savatage „Hall Of The Mountain King“ kündigten es an, und ein deutliches ‚Are You Ready’ von Jon startete die Songs des Albums mit „24 Hours Ago“. Nicht nur dem behutetem Basser Jason im Led Zeppelin Shirt war die Freude anzumerken, sondern im gesamten Publikum ging ein Ruck durch die Menge. Die Chronologie wurde nicht ganz eingehalten, denn nach meinem Fave „Strange Wings“ ging es mit „Legions“ weiter. Sehr zur Freude Aller gab es auch „The Price You Pay“, das zum ersten mal live gespielt wurde. JON OLIVAS PAIN voc3 LIVE 2012Viel Nebel wurde auf die Bretter gepustet, als „Prelude To Madness“ und der Titeltrack ertönte. Natürlich war jedem der Anwesenden klar, dass trotz zweistündiger Spielzeit einige Klassiker auf der Strecke bleiben mussten. So blieben Meisterwerke wie “City Beneath The Surface”, „When The Crowds Are Gone“, „Hounds“ und „The Dungeons Are Calling“ heute außen vor. Zum Schluss spielte Jon alleine Believe vom Konzeptalbum „Streets“ an. Ein würdiger Abschluss eines großen Konzertes, von einem der größten Songwriter im Metal, bei dem der Spirit von Chris und Matt allgegenwärtig war.



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Daniel Horlbogen