HEALER - HEADING FOR THE STORM


Label:TIMEZONE
Jahr:2018
Running Time:49:49
Kategorie: Neuerscheinung
 

Ich kann es kaum glauben, aber mit "Heading For The Storm", landet im Dezember 2018, tatsächlich das Debütwerk, der aus Münster stammenden Formation Healer, in meinem Postkasten. Ich komme selbst aus dem Umfeld der Domstadt, wo im Jahre 1648 der Westfälische Friede beschlossen wurde und kenne die Jungs, zumindest gefühlt, seit Ewigkeiten. Fakt ist, dass zumindest bislang, von Healer nur eine vier Tracks enthaltene EP von 2015 existierte. Der Sänger der sechsköpfigen Truppe ist Michael Scheel. Am Tieftöner zupft Jonas Hülsermann und für die melodischen Tunes am Keyboard sorgt Nils Weise, der seines Zeichens bis 2011 bei den Sauerländern von Orden Ogan beschäftigt war. Von weiteren Münsteraner Formationen kennt man den Gitarristen Robert Kahr (ex-Zodiac) und den Saitenhexer Florian Füntmann, der zudem bei Long Distance Calling für ansprechende Licks sorgt. Für den nötigen Drive am Schlagzeug trommelt Christian Demter. Nun also der frisch gebackene Longplayer mit zehn Songs und der beinahe klassischen Spieldauer von knapp über einer dreiviertel Stunde. Mal sehen, ob die prächtigen Vorschusslorbeeren und die durchweg positiven Reviews auf die Scheibe, die leider nicht als Vinyl erhältlich ist, auch gerechtfertigt sind.

 

Healer sind im klassischen, melodischen Hardrock mit Retrocharakter angesiedelt. Dies ist ein Genre, welches einerseits durch Überbands wie DIO, Whitesnake, Rainbow oder auch Def Leppard geprägt wurde und in dem sich heute allerlei Combos tummeln, die den Originalen allerdings nur selten das Wasser reichen können. Um aus dieser Melange herauszuragen, muss man wirklich was drauf haben und eine Menge Mumm mitbringen. Da passt es, wenn man mit Herrn Scheel einen Sänger hat, der tatsächlich mit diesen Heroen mithalten kann, ohne sie dabei zu kopieren sondern ausreichend eigene gesangliche Fähigkeiten und die genügende Erfahrung in die Waagschale werfen kann. Ein feines Riffing, ordentliche Grooves und die genreüblichen Refrains, lassen so schon beim Opener "Desert Star" und dem hooklastigen und mit tollen Keyboardsounds ausgestatten Titeltrack "Heading For The Storm", aufhorchen. Etwas verspielt und catchy, zwischen dem AOR von beispielsweise Foreigner und derbem Hardrock in Form von Deep Purple oder Uriah Heep hin und her tänzelt, folgt "What Lovers Do". Mit coolem Drumming und anfangs ordentlich Druck, geht es mit "Strangers Of The Night" weiter, welches sich nachfolgend etwas zurückhaltender mit leichter psychedelischer Note präsentiert. Der Refrain prischt dann wieder richtig nach vorne und erinnert tatsächlich an den ähnlich lautenden Titel der britischen Saxon und Michael kann wirklich wie Biff Byford krakeelen, sorry natürlich singen. "Big Dreamers" wandelt zwischen balladesker Verhaltenheit und kraftvollem, hoch melodischem Bombast. Fast poppig oder im EBM angesiedelt, behandelt Nils sein Tasteninstrument bei "Same Old Road". Dann wird es richtig proggig und weiter geht es mit rasch in die Lauscher gehendem Rock / AOR, ohne bei den eingängigen Mustern den nötigen Druck missen zu lassen. Nach dem flotten "Liars Day", ballern Healer beim gleichnamigen Song aus allen hardrockigen Rohren und nein, das hat nichts mit Whitesnake zu tun, auch wenn Michael kurzzeitig, wie David Coverdale in das Mikro jault. Sehr außergewöhnlich, ja fast subtil klingen hier die Keyboards von Herrn Weise. Mit "Rolling Thunder" gibt es einen wunderbaren Orgelsound, der anfänglich sicher an Uriah Heep erinnern soll, von den Münsteranern aber in eine megagroovige Walze umgewandelt wird. Es folgt ein ganz ungewöhnlicher und anfänglich so gar nicht passender Gesang, der sich aber mit der Zeit ganz wunderbar in das fast doomige Grundgefüge einbettet. Mit fast zerbrechlicher Stimme des Fronters in Begleitung von Nils am Klavier, beendet "Times Of Defeat", ein ausgezeichnetes Melodic-Rock-Album mit ganz vielen Facetten, sehr individuellen Noten und trotzdem erhellenden und den Genuss so vereinfachenden Querverweisen.

Note: 9 von 10 Punkten
Autor: Andreas Gey


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