SERPENTYNE - Du musst sagen, ich sehe mir die Show der Band an!


Eine Anfrage für ein Interview mit der Band Serpentyne ließ mich erst einmal ratlos dreinschauen. Ich kannte die Band bis dato überhaupt nicht. Da sie aber als Support für Tarja Turunen unterwegs waren, fiel die Entscheidung im Bruchteil einer Nanosekunde: Klar, mache ich. Im Vorfeld schickte mir Sängerin Maggiebeth Sand den Laufzettel für die Show in Bochum. Nun wäre es kein Rock ’N’ Roll, wenn sich an die Zeiten darauf auch gehalten würde. Die üblichen Verzögerungen ließen den Plan rasch Geschichte werden, und so führten wir das Interview im Backstage-Bereich, während sich Stratovarius die Seele aus dem Leib rockten. Der nette Merchandise-Verkäufer der Band führte mich dann zu der Truppe, die sich gerade das vorzügliche aussehende Catering einverleibte. Die freundliche Einladung, mich doch auch zu bedienen, lehnte ich aber aus Höflichkeit ab. Ja, ich weiß, es gibt genug Pressevertreter, die sich dann erst einmal ohne Rücksicht auf Verluste auf das Buffet für die Bands und die Crew stürzen. Ich persönlich finde das mehr als peinlich. Das angebotene Bier nahm ich jedoch dankend an. Da beim folgenden Gespräch die ganze Band mit am Tisch saß, und doch eine recht hohe Hintergrundlautstärke vorherrschte, waren manche Gesprächsteile auf der Aufnahme teilweise unverständlich. Dies fiel mir leider erst beim Abhören zu Hause auf. Ich hoffe aber, es alles sinngemäß übersetzt zu haben. Jedenfalls war es recht amüsant, mit dieser unheimlich sympathischen Truppe zu plaudern. Zwischenzeitlich drifteten wir dann in eine Game Of Thrones-Diskussion ab, aber auch das gehörte dazu.

logoPistol: Hallo erstmal. Ich bin Pistol vom CROSSFIRE Magazin und entschuldige mich erst einmal für mein mittelmäßiges Englisch. Aber ich hoffe, wir können uns trotzdem unterhalten. Könnt Ihr mir etwas über die Geschichte der Band erzählen?

Maggie: Ja, hallo Pistol! Das wird schon klappen, haha. Gut, die Band wurde 2010 von mir gegründet. Ich bin die Sängerin und komponiere die Songs zusammen mit meinem Musikpartner Marc Powell. Er spielt die Hurdy Gurdy, ein folkloristisches Instrument, und ich die Keyboards und Harmonium. Und natürlich singe ich. So haben wir begonnen, am Anfang mit traditionellen Mittelaltermusik. Zuerst  haben wir die traditionellen Elemente auf unsere Art neu arrangiert und haben dann in 2010 auch unser erstes Album „Stella Splendens“ veröffentlicht. Ja, und dann haben wir angefangen, auf Mittelalter-Festivals aufzutreten.Wir waren in den Niederlanden auf einem Fantasy Event und viele, vielen anderen Locations und Events. Alles, was mit Mittelalter zu tun hatte. 2014 entschieden wir uns  dann, unsere Musik einen Schritt weiter zu entwickeln und mehr nach vorne zu bringen, zum Beispiel mit Didgeridoo und Percussions. Stelle es Dir als Mix aus Weltmusik und Mittelaltermusik vor. Dann brachten wir das zweite Album „Myths and Muses“ heraus, ein weiteres Werk mit mythologischem Charakter. Deswegen der Titel, die „Muses“ stehen für die mystischen Geschichten, wie zum Beispiel die Lieder „Boudicca“ über die keltische Königin oder „Valkyries“, das von Wikingern handelt. Die nächste Veränderung nahmen wir 2016 vor. Die Überlegung war, ein wenig mehr in Richtung Rock zu gehen, mit echtem Bass, einem richtigen Schlagzeug statt nur Percussions und natürlich elektrischen Gitarren. Allerdings haben wir die Hurdy Gurdy beibehalten. Mark und ich sind nun mal die Komponisten und Produzenten. Dann haben wir das nächste Album „The Serpent´s Kiss“ veröffentlicht. Und wieder ein Jahr später haben wir beschlossen, noch heavier zu werden, nicht nur Rock, also mehr in Richtung Metal zu gehen. Dadurch haben wir die Besetzung erneut gewechselt, und neue Musiker kamen dazu. Nun sind wir neu aufgestellt und beschlossen, das Album „The Serpents Kiss“ mit dem neuen Line-Up komplett neu aufzunehmen. Und so ist die zweite Ausgabe natürlich deutlich metallischer als die erste Version. Ja, das ist unsere Geschichte soweit, und vor etwa zwei Jahren haben wir begonnen, auf Metal Festivals zu spielen, zum Beispiel in London. Es ist schon eine ziemliche Herausforderung, quasi wieder von vorne anzufangen, wenn du deinen Stil so änderst. Aber es gibt viele treue Fans, die uns weiterfolgen und sagen, „Ja okay, nun macht Ihr Metal, und wir finden Euch auch damit klasse“. Das ist sie, die Geschichte von uns.

Pistol: Okay, das war ja schon sehr ausführlich. Aber ich hätte gerne mal gewusst, wofür der Name Serpentyne steht. Was bedeutet er?

Maggie: Serpentyne bedeutet eigentlich „der Serpent“.

Pistol: Also die Schlange?

Maggie: Ja, auch die Schlange, aber Serpent ist ebenfalls ein mittelalterliches Instrument; also eine sehr, sehr große Pfeife in Form einer Schlange. Deswegen wollten wir uns Serpent nennen, aber es gab schon eine andere Band mit diesem Namen. Außerdem gibt es einen Fluss in England mit diesem Namen (da muss ich kurz verbessern, The Serpentine ist ein künstlich angelegter Stausee im Hyde Park der vom River Westbourne gespeist wird - Anm. des Verfassers) Und es gibt einen weiteren Fluss, The Tyne, der an der schottischen Grenze entspringt. Also haben wir quasi Serpentine mit dem  „i“ kombiniert mit dem „y“ von The Tyne. Und die Schlange ist ein kraftvolles Symbol aus der mittelalterlichen Zeit.

Pistol: Ja, ich kenne das von den Wikingern. Die hatten ebenfalls sehr viele Schlangensymbole, wie die liegende Acht für die Unendlichkeit beispielsweise. Als ich vor einigen Jahren in Norwegen war, habe ich viele Symbole dieser Art gesehen.

Maggie: Ja genau, aber auch in Südamerika.

serpentynePistol: Und wie sieht es denn mit einem neuen Album aus? Ist da etwas in Arbeit?

Maggie: Wir sind gerade dabei, unser viertes Album vorzubereiten, und haben schon fünf neue Lieder aufgenommen. Die sind schon gemischt und gemastert von echt fähigen Leuten. Vielleicht kennst du ihn ja, er heißt Roy Z.

John: Ja, ein echtes Genie, der hat schon mit Rob Halford, Bruce Dickinson und anderen zusammengearbeitet.

Maggie: Und das Mastering hat ein deutscher Tontechniker übernommen (leider habe ich den Namen nicht verstanden, ich vermute es ist Vincent Mar), der schon Therion, Yes und andere gemastert hat. Und nun versucht unser Management eine Plattenfirma für uns zu finden, da wir zurzeit noch keinen Vertag unterzeichnet haben.

Pistol: Ja, das hatte ich gelesen, und es wäre eine der Fragen gewesen, haha. (alle lachen) Könnt Ihr mal die Musik von Serpentyne für jemanden erklären, der noch nie von euch gehört hat?

Maggie: Es ist eine Mischung aus lyrischen und mystischen Elementen, und da ich die Mitverfasserin der Songs bin, werde ich natürlich inspiriert durch weibliche Charakteren wie Helena aus Troja oder Jeanne D’Arc. Also allgemein großartige Frauen geben mir die Inspiration, aber wir haben auch eine lange Interpretation von „Game Of Thrones“ zum Beispiel. Das ist ja auch sehr mysteriös. Musikalisch würde ich es als Mischung aus traditionellen und modernen Arrangements bezeichnen. Im Grunde haben wir zwei kraftvolle Seiten, da ist der symphonische Metal, also mit Streichern, Gesang mit Opernelementen - ich bin ja eine Opernsängerin - und auf der anderen Seite der Folk Metal mit Hurdy Gurdy und Dudelsack. Damit haben wir ja auch gestartet. Und so wird auch das nächste Album, einige Songs mehr in der Symphonic Metal Richtung und andere mehr Folk Metal orientiert.

Pistol:  Was erwartet die Zuschauer denn bei einem Serpentyne-Konzert?

Maggie: Ah Jungs, jetzt seid ihr mal dran!

Lee: Entertainment!

Vaughan: Irgendwann hat mal einer geschrieben, dass wir eine der besten Shows im Metal machen. Das war natürlich sehr cool. Wir ziehen uns extra besondere Kleidung für die Show an und schau, die Leute sehen bei uns Instrumente, die sie vielleicht noch nie zuvor gesehen haben. Dudelsack und Hurdy Gurdy zusammen mit Keyboards und Harmonium kommen zusammen. Und das macht unseren besonderen Sound aus. Besonders kraftvoll und eine Menge Energie die da freigesetzt wird.

John: Es ist anders, ja, ich würde sagen einzigartig. Wir klingen nicht wie irgendeine andere Band, aber es ist natürlich Symphonic Metal. All diese Elemente findest du dort auch. Trotzdem kannst du nicht sagen, wir hören uns an wie die Band XY.

Pistol: Ja, ich verstehe Dich, aber die Leute brauchen diese Schubladen. Diese Band klingt genau wie Band XY. Also ist es diese Stilrichtung. Das ist wirklich ein Problem.

John: Und genau in so einer Schublade möchten wir nicht sitzen. Wir wollen wir sein. Wir sind Serpentyne und niemand anderes.

Nigel: Sieh es als Ganzes, die komplette Show und alles. Du kannst es auf CD hören, aber wenn du es live siehst, auf der Bühne, kommt es natürlich deutlich größer und mit mehr Power rüber.

John: Du darfst niemals sagen, ich gehe mir heute eine Band anhören. Du musst sagen: Ich sehe mir eine Show der Band an! Das ist das große Ganze! Die Kostüme, die Performance, die Lichtshow einfach alles, was auf der Bühne passiert. Und natürlich die Musik nicht zu vergessen. Es ist die ganze Show die dir das Erlebnis vermittelt.

Pistol: Ihr sagtet es bereits: Ihr seid zurzeit noch ohne Plattenvertrag. Seht Ihr Euch selbst als „Do It Yourself“-Band?

Maggie: Ja, absolut! Wir erledigen wirklich alles selbst: Aufnahmen, das Veröffentlichen, Logos entwerfen, Posterdruck und den ganzen Merchandise. Wir machen einfach alles.

Vaughan: Nicht zu vergessen das Beladen und Entladen des Vans jede Nacht, haha. Und wir haben den Wagen verdammt voll.

Maggie: Wir fahren selber und diese Tour umfasst 30 Tage, die wir unterwegs sind.

Pistol: 30 Tage? Das ist eine Masse.

Maggie: Ja ehrlich, das ist viel Fahrerei.

Vaughan: Sehr gefährlich, haha!

Maggie: Ja, aber ich muss sagen, auf dieser Tour ist alles sehr gut organisiert. Jeder hilft jedem, und alle sind bemüht, dass alles reibungslos läuft. Egal, was getan werden muss, es ist immer jemand da, der sich kümmert; besonders, wenn wir irgendwo unter Druck stehen.

serpentynePistol: Ich denke auf einer Tour steht man ständig unter Druck, dass alles glatt läuft, oder?

Maggie: Ja sicher, du musst die Bühne räumen, alles wieder wegpacken und für die nächste Band freimachen.

Pistol: Wie das so ist wenn man nur der Support Act ist. (allgemeines Lachen)

John: Klar, und wenn du alles weg hast, sitzt du zusammen und analysierst die Show, die du gerade gespielt hast. Was war gut und was nicht so? Was hätten wir besser machen können? Kannst du nicht noch mehr geben?

Pistol: Ich denke, es hängt aber auch zu einem großen Teil vom Publikum ab. Es gibt da schon sehr merkwürdig Leute, die einzig und allein den Headliner sehen wollen. Die sind überhaupt nicht an den Support Bands interessiert.

John: Das haben wir auf dieser Tour zum Glück nicht erlebt. Im Gegenteil: Das Publikum hat uns bislang immer sehr warmherzig empfangen.

Maggie: Genau das Gegenteil von dem, wie es in England meistens läuft. Die Halle ist leer, und erst zur Hauptband füllt es sich dann. Aber hier war es auf allen Shows von Anfang an voll vor der Bühne. Das Publikum hier ist schon etwas Besonderes. Das ist einfach schön!

Vaughan: Da ist ein Kerl, der schon die ganze Tour dabei ist und mittlerweile unser größter Fan geworden ist. Und ich denke, das ist einfach super gut, etwas, das wirklich Zufriedenheit beschert. Und wenn am Ende alles am Klatschen und Tanzen sind, das ist  das Größte für uns.

Pistol: Na, ich denke, das ist der Grund, warum du auf der Bühne stehst, haha: um die Reaktion des Publikums zu sehen und zu genießen. Okay, da ist ein Lied auf „The Serpent´s Kiss“ mit dem Titel „Game Of Thrones“, und ihr habt eben schon erwähnt, dass ihr Fans der Serie und der Geschichte seid.

Lee: Ja, ich warte schon ungeduldig auf die nächste Staffel!

Pistol: Tagarian? (Die Jungs fangen an zu lachen)

John, Nigel, Lee und Vaughan im Chor: Ah ja: Tagarian!

Maggie: Ja, und ich liebe besonders die starken Frauen in der Serie. Du weißt, sie inspirieren mich. Zum Beispiel Brienne von Tarth, eine wirklich starke Frau, aber auch das bösartige von Cersei Baratheon, und natürlich Arya Stark.

Vaughan: Und Daenerys, die Mutter der Drachen! (definitiv auch mein Favorit)

Maggie: Die sind alle großartig, jeder von ihnen. Und Sansa!

Pistol: Ja, Sansa ist die Beste, haha.

Maggie: Ja, sind sind alle gut, natürlich auch Daenerys; wirklich alles starke Frauen.

Vaughan: Die ganze Serie ist einfach super umgesetzt, die Darsteller super ausgewählt, da stimmt einfach alles.

Maggie: Und die Musik, die ist total hypnotisch! (fängt an die Titelmelodie zu summen)

John: Und erst die epischen Gitarrensoli. Überhaupt: Da sind Melodien, die einfach jeder kennt, der die Serie gesehen hat, und die dann auch im Ohr bleiben.

Pistol: Okay, aber wir wollten ja über Serpentyne sprechen, haha. Einige Leute vergleichen Euch mit Blackmores Night. Ich empfinde das überhaupt nicht so, aber was sagt Ihr dazu?

Maggie: Ja, da hast Du Recht. Wir werden oft mit Blackmores Night verglichen; vor allem in der alten Besetzung. Wahrscheinlich, weil Ritchie Blackmore schon immer mittelalterliche Musik geliebt hat. Und als er die Band mit Candice gegründet hat, war er inspiriert davon. Uns haben mehr die Instrumente fasziniert, und so war unser Weg von der mittelalterlichen Musik zur Weltmusik und dann zum Rock. Aber die Leute denken, „Oh, das ist ja sehr ähnlich wie Blackmores Night“, aber meiner Meinung nach sind wir doch sehr verschieden.

serpentynePistol: Ich finde Blackmores Night ist mehr so Easy Listening: klatscht in die Hände, trinkt ordentlich und sucht nicht nach den tieferen Sinn.

Maggie: Das ist deine Meinung, okay, aber ich kann jetzt nicht wirklich etwas dazu sagen, weil wir im letzten Jahr als Serpentyne von Ritchie persönlich eingeladen wurden, seine Band zu supporten. Das ist natürlich eine große Ehre für uns, und Du kannst Dir vielleicht vorstellen, was das für mich bedeutet!

Pistol: Natürlich ist es ein sehr großer Name in der Szene. Das kann ich verstehen.

Maggie: Auf jeden Fall, diese Einladung war echt der Knaller!

Vaughan: Von Ritchie persönlich!

Maggie: Er hat uns echt persönlich eingeladen, weil er Serpentyne mag.

Pistol: Aber das ist doch gut, oder? Eine sehr gute Verbindung. (Maggie lacht)

Maggie: Ich bewundere Candice, aber wir sind eben sehr unterschiedlich und nicht ähnlich.

Pistol: Nun sind die Geschmäcker glücklicherweise verschieden. Ich finde sie langweilig. Ich liebe die alten Deep Purple-Stücke, ja, das waren große Nummern. Aber wie gesagt: Das ist nur meine Meinung. Wieder zu Euch: Das erste Mal hörte ich von Euch aufgrund Eurer Postings auf Facebook. Warum gibt es nicht mehr Promotion?

Maggie: Das sage ich den Jungs ständig: Sie sollen mehr posten!

Vaughan: Das tun wir ja, ich denke, du kannst nie genug Promotion haben: Instagram, Facebook und in der Szene. Aber die Szene in London ist sowieso eine sehr schwierige. Weißt Du, wir gehen aus London heraus und haben tolles Publikum, aber London selber ist ein sehr schwieriger Platz, um Erfolg zu haben. Es sind auch einfach zu viele Gigs, zu viele Alternativen, wo man auch hingehen könnte. Du kannst so viele Dinge dort tun, so viel Auswahlmöglichkeiten… Netflix, mit Deinem Handy spielen, Dir die Serie „Vikings“ anschauen und dann sind noch jeden Tag Gigs, die ganze Woche durch. Bestimmt so vierzig oder fünfzig Locations, die alle Live-Musik präsentieren. Wo sollst du also hingehen?

Pistol: Ja genau, das Problem haben wir hier auch. Die Gegend ist einfach übervoll mit Metal- und Rock-Gigs. Du könntest Dir jeden Abend eine Vielzahl von Shows anschauen, die Deinen Geschmack treffen. Ihr spielt morgen in Köln, und da sind wahrscheinlich gleichzeitig noch 15 andere Rock-Shows in der näheren Umgebung. Ich sehe da ein Problem. Das Angebot ist einfach zu groß. Die Leute können sich einfach nicht mehr entscheiden, wo sie letzten Endes hingehen wollen und bleiben dann zu Hause. Wen schaue ich mir heute an?

John: Und dann hast du noch den ganzen Kram auf Youtube oder anderen Online-Portalen. Warum soll ich irgendwo hingehen, wenn ich es doch auf Youtube schauen kann?

Vaughan: So ist es: Du kannst in der Unterhose auf der Couch sitzen und trinken, während Du Dir die Show auf Youtube anschaust. Die Finnen haben da ein eigenes Wort für: „Kalsarikännit“. Mir sagen oft Leute, „Ich will Eure Show sehen“. Und dann treffe ich sie, und sie sagen: „Oh Entschuldigung, ich habe den Termin verpasst. Wo kann ich es auf Youtube sehen?“ Das schmerzt schon manchmal. Aber ich denke, es ist gut, die Show und die Instrumentierung zu sehen; auch Tarja und Stratovarius. Klar, die posten auch auf Instagram, aber du siehst nicht die einzigartige Show.

Maggie: Ich denke, das Hauptproblem ist, dass wir eine „Do It Yourself“-Band sind und keine Plattenfirma haben, wo sich jemand um die Promotion kümmert, Anzeigen schalten in den diversen Magazinen, Berichte und alles, was dazu gehört. Wir können das unmöglich alles selber machen. Wir hoffen wirklich, dass unser Management eine Plattenfirma findet, die uns unter Vertrag nehmen wollen.

Pistol: Du hast Recht, Maggie, aber nochmal zu Vaughan: Du sprichst Finnisch?

Vaughan: Ein ganz klein wenig, haha.

Pistol: Na, dann kennst Du den wichtigsten Satz bestimmt?

Vaughan: Kippis (wie aus der Pistole geschossen)

serpentynePistol: Haha, nein, das heißt ja nur „Prost“. Der wichtigste Satz heißt „Yks Oolut kiitos“: „Ein Bier bitte!“ (Allgemeines Gelächter) Okay, und wenn Du mehr willst, musst Du „Oluta“ sagen, also „Kaks Olut kiitos“, das sind zwei Bier. Das ist alles, was ich auf Finnisch kann, ja, und noch „Hauska Tutustua“. Das heißt so viel wie „Schön Dich zu treffen“.

Maggie: (lachend) Woher kannst du so viel Finnisch?

Pistol: Vor drei Jahren waren wir dort im Urlaub, na ja, und die wichtigsten Sachen habe ich mir gemerkt. Um ein Bier zu bekommen, haha. Aber weiter im Text: Meiner Meinung nach ist Musik heute nur noch ein Konsumgut, das nicht mehr die nötige Anerkennung findet. Wie seht Ihr das?

Maggie: Jungs, wie seht ihr das?

Lee: Das kommt wieder auf die Leute an, denke ich. Also auf dieser Tour haben wir ein tolles Feedback von den Leuten bekommen. Sie suchten uns nach der Show am Merchandise auf und bedankten sich dafür. Solange es Menschen gibt, die es genießen können und etwas von den Eindrücken mitnehmen, ist es in Ordnung.

John: Ich denke, es geht wieder ein wenig zurück. Die Leute gehen los und wollen eine Band sehen, die gute Musik spielt. So vor einigen Jahren war das ziemlich zurückgegangen, einfach weil das Internet dich mit Material überflutet hat. Alles wurde auf den Konsumenten projiziert ohne Qualitätsansprüche. Da war nichts dahinter, keine Aussage oder Charakteren; so wie unsere Songs über starke Frauen und so was. Es fehlte einfach an Substanz. Ich denke, die Leute möchten wieder mehr Substanz haben, statt nur noch gedankenlos zu konsumieren. Etwas wo sie sich reindenken können, mit einer Message: „Lasst uns Musik spielen, die wir auch hören wollen.“ Für mich ist da ein Wechsel im Gange, wieder mehr Live-Musik zu hören (Das würde ich sehr begrüßen – Anm. des Verfassers) Solange du irgendetwas für umsonst bekommst, hat es auch keinen Wert für dich. In dem Moment, wo Du dafür bezahlen musst, willst Du vielleicht die Show sehen und gehst hin. Dann bekommst Du etwas, woran Du Dich erinnern kannst und hast eine gute Zeit gehabt.

Maggie: Du, da ist noch etwas Wichtiges: Du musst Dich an die Musik erinnern können. Wenn Du die Show gesehen hast, sollte etwas hängen bleiben: Die Melodie der Songs oder ein Refrain zum Beispiel. Heutzutage und speziell auf Metal-Konzerten hast du krachige Gitarren, krachige Stimmen, aber nichts, woran Du Dich erinnern kannst: keine Melodie, wo Du sagst, „ Ja, dieser Song ist so klasse.“ Deswegen ist es für uns wichtig, Lieder mit Struktur zu haben und eingängigen Melodien, an die man sich erinnern kann.

Vaughan: Mit Dynamik in der Musik. Wir hatten einen Amerikaner auf der Tour, und er schaute auf die CD. Er konnte sich an die Songs erinnern. Das war schon cool.

Maggie: Speziell im Metal geht es oft nur darum, immer lauter zu sein.

Pistol: Ich habe eine Freundin in Nashville. Sie ist auch Sängerin und hat auf ihrem Unterarm einen Spruch tätowiert, der lautet: „Gib ihnen etwas, an das sie sich erinnern können“.

Maggie: Ja, das ist es absolut!

Pistol: Ich bin ein großer Vinyl-Fan und daher die nächste Frage: Werdet Ihr Eure Alben auch auf Vinyl veröffentlichen?

Maggie: Auf Vinyl? Nein, leider erst einmal nicht.

Vaughan: Das ist schwierig für eine „Do It Yourself“-Band. Die Kosten sind sehr hoch. Vielleicht wenn wir einen Plattenvertrag haben…

Pistol: Früher war Rock-Musik immer eine Art Revolution. Glaubt Ihr, dass sie heute noch irgendetwas verändern kann?

John: Alles verändert sich irgendwie ständig.

Maggie: Ich glaube, sie ändert eher den Gefühlszustand. Musik ist immer eine Art Sprache. Auch wenn Du Dich in die Texte vertiefst, ändert sich vielleicht Dein Empfinden.

John: Musik ist Emotion. Sie hat die Kraft, Dinge zu wecken. Das ist uns sehr wichtig. Sie kann Dich traurig oder glücklich machen. Es ist toll, wenn Du die Wirkung auf das Publikum siehst, wie sie reagieren.

Pistol: Und was macht Ihr, wenn Ihr mal keine Musik macht? Was macht Euch glücklich?

Vaughan: Hahaha, Du fragst das, weil ich einen sehr stressigen Job habe. Und wenn ich viel Stress habe, höre ich mir Bands an. Ich arbeite als Berater. Und ich gehe zu folkloristischen Tanzveranstaltungen. Das tut mir gut.

Nigel: Ich liebe Motorrad fahren und Sport. Das bringt mich in Form.

Maggie: Ich arbeite als Übersetzerin und spreche Italienisch, Spanisch, Englisch und ein ganz klein wenig Deutsch.

serpentynePistol: Gut, dann komme ich dann auch zum Ende. Ich bedanke mich für das Interview und das Beantworten meiner Fragen. Habt Ihr noch etwas, dass Ihr unseren Lesern mitteilen wollt?

Maggie: Ja natürlich: Wir sind sehr, sehr glücklich, Teil dieser Tour mit Tarja und Stratovarius sein zu dürfen. Für mich ist das etwas sehr Spezielles, was ich in meinem Leben tue. Und auch speziell für die Band ist es eine Möglichkeit, nach Deutschland zu kommen und unsere Musik nahe zu bringen; genauso wie wir in Frankreich, Italien und anderen Ländern spielen werden. Für mich ist es einfach ein phantastisches Erlebnis.

John: Wir lieben echt jede Minute auf dieser Tour! Wir lernen neue Leute kenne, finde neue Freunde; einfach toll.

Pistol: Ja, die Musik kann die Leute vereinen.

Maggie: Speziell auf dieser Tour werden wir super versorgt. Wir haben tolles Catering und Getränke, treffen die Jungs von Stratovarius und gelegentlich auch Tarja. Ich kenne Tarja seit Nightwish und es ist eine absolute Ehre, sie supporten zu dürfen.

Pistol: Ja, sie ist eine überragende Sängerin. Wenn ich Nightwish höre, dann nur die Songs aus der Zeit mit Tarja.

Maggie. Ja, exakt! So geht es mir auch.

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Autor: Pistol Schmidt