HALESTORM, DEVILSKIN

Köln, Live Music Hall, 15.10.2018

halestorm - live - 2018-1Geiselnahme im Kölner Hauptbahnhof, irgendein traumatisierter Vollpfosten will seine Geisel in der Bahnhofsapotheke anzünden, nachdem er schon einen Molotov Cocktail in den angrenzenden McDonalds geworfen hat. Dementsprechend totales Verkehrschaos in und um die Domstadt herum. Dazu noch die Information, dass die heutige Show ausverkauft ist. Das kann ja heiter werden, denke ich, und kämpfe mich durch den Verkehr. Endlich angekommen, ist dafür wenigstens die Parkplatzsuche direkt von Erfolg gekrönt. Es steht schon eine beachtliche Schlange vor der Live Music Hall, an der ich elegant vorbeihusche und mich direkt in den Hof der Location begebe, um ein paar Worte mit den anwesenden Security-Leuten zu wechseln. Ihr kennt das in Köln, oder? Man kennt sich, man hilft sich, oder anders ausgedrückt „Bist du nett zu mir, bin ich nett zu dir“. Die Mädels und Jungs machen schließlich auch nur ihren Job. So, jetzt aber erst einmal ein kühles Bier, bevor es losgeht. Die Halle hat jetzt schon weitaus mehr als nur Wohlfühltemperatur.

devilskin - live - 2018Der Zeiger geht auf 20:00 Uhr, und pünktlich wie die Maurer entern die Neuseeländer von Devilskin die Bühne. Wonnepropen Jennie Skulander und ihre Jungs Tony Vincent an der Gitarre sowie Paul und sein Sohn Nic Martin an Bass und Schlagzeug, lassen auch nichts anbrennen, sondern treten direkt auf das Gaspedal. Sie zelebrieren feinen Alternative Metal mit enorm hohem Energie-Level. Ich habe diese sympathische Truppe das erste Mal im März 2016 im Kölner Blue Shell gesehen. Zu diesem Zeitpunkt war Jennie kurz davor, Mutter zu werden, was aber die damalige Performance auch nicht wirklich beeinträchtigt hat. Heute schicken sie sich jedenfalls an, die Halle abzureißen, und das Publikum feiert die Band von Anfang an. Obwohl viele der Anwesenden Devilskin bislang nicht kannten, kommt die Show einer Punktlandung gleich. Da haben die Musiker natürlich umso mehr Spielfreude auf der Bühne. Zum Auflockern gibt es dann zwischendurch mit „Holy Diver“ noch einen Song von Altmeister Ronnie James Dio. Den kann dann auch fast jeder mitsingen. Es ist schwer was los auf der Bühne. Mehrfach schießt Jennie mit der CO2-Kanone, auch als Ice Gun bekannt, ihre kyrogenen Nebelfontänen ab, und man kann ihrem lachenden Gesicht entnehmen, welchen Spaß sie dabei hat. Hier gibt es ganz klar das Prädikat Rampensau. Und dass sie nicht nur den Klargesang beherrscht, beweist sie immer wieder durch Growl-Einlagen, die es in sich haben. So vergeht die gute Stunde Spielzeit wie im Fluge. Und kaum ist die Band von der Bühne, steppt die Lady in ihrem metallic-roten Lackkleidchen auch schon zum Merchandise-Stand, wo es ein herzliches Wiedersehens-„Hallo“ für mich gibt. Einfach megastark, diese Kapelle!

Setlist: Pray, Elvis Presley Circle Pit, All Fall Down, Mountains, Start A Revolution, Animal, Holy Diver, Never See The Light, Vessel, Until You Bleed, Endo, Voices, Little Pills, Violation

halestorm - live - 2018-2Nun wird umgebaut, und um 21:30 betreten Halestorm unter frenetischem Applaus die Bretter, die die Welt bedeuten. Lzzy mit ganz neuer Kurzhaarfrisur. Da muss sich das Auge erst einmal dran gewöhnen. Ihr Bruder Arejay sitzt heute mal ohne Maske am Schlagzeug und ist seltsam seriös gewandet, na ja, das wir sich im Verlauf der Show noch legen. Und allen Unkenrufen zum Trotz brettert man direkt mit Volldampf los. Es gab tatsächlich Stimmen, die meinten, dass die Songs des neuen Albums „Vicious“ ja sehr poppig und kommerziell seien. Davon ist hier und jetzt absolut nichts zu merken. Lzzy bearbeitet die Saiten, dass es eine wahre Freude ist und röhrt die Texte regelrecht in die Halle hinaus. Ihre äußerste prägnante Stimme veredelt jedes Lied zu einem Kracher erster Klasse. Anfangs wunderte ich mich noch über ihre etwas eingeschränkte Bühnenaktion heute, doch als ich ihre Mörderplateaus entdecke, ist mir der Grund klar. Wie kann man auf solchen Schuhen überhaupt laufen? Vermutlich auch der Grund, warum sie heute keine Einlage am Piano spielt. Aber vollkommen egal, diese Eruption aus Pennsylvania zieht dich unweigerlich in ihrem Bann. So hart die Songs auch präsentiert werden, es geht immer ins Ohr und bleibt hängen. Die Gratwanderung zwischen gepflegter Härte und melodiösen Stücken beherrschen sie perfekt. Und wie sollte es anders sein, nun ist Arejays Trommelsolo an der Reihe. Und wer den Verrückten schon einmal live gesehen hat, weiß, welcher Clown in ihm steckt. So kommen auch diesmal wieder seine Sticks in der Größe eines Baseballschlägers zum Einsatz. Eigentlich schon x-mal gesehen, aber irgendwie wartet man trotzdem darauf. Dann weiter mit den normalen Stöcken, wobei ihm da zwei dreimal einer fliegen geht. Gut vielleicht stand ein Scheinwerfer ungünstig. Das kann passieren; ist schließlich live. Und jetzt kommt auch noch Nic Martin von Devilskin dazu, und die beiden kloppen gemeinsam auf die Felle ein. Man scheint sich also gut zu verstehen auf der Tour. Nach einer guten Stunde Programm verabschiedet man sich und braucht natürlich nicht lange auf die „Zugabe“-Rufe zu warten. Unter tosendem Beifall gibt es jetzt noch einmal 20 Minuten Nachspielzeit, und beim vorletzten Song kommen die Neuseeländer, und einige Ladies der Crew noch einmal alle auf die Bühne, um von Lizzy vorgestellt zu werden; ein feiner Zug allemal. Immer wieder skandiert sie „Ich liebe dich“, nun hat da wohl der Deutschlehrer ein wenig versagt, da sie ja das Publikum ja sicher als Ganzes ansprechen möchte. Aber man kann es ihr nicht wirklich übelnehmen, dafür liefert diese Urgewalt einfach eine viel zu gute Performance. Ein absolutes Highlight ist auch die Ballade, die sie sitzend am Bühnenrand singt. Ja, so ein wenig Lagerfeuer-Romantik zur Abwechslung. Leider ist die Show jetzt schon zu Ende, wie das eben bei amerikanischen Bands so üblich ist. Und obwohl es in der Halle mittlerweile einfach nur unerträglich heiß ist, hätte ich überhaupt nichts gegen fünf bis zehn weitere Songs einzuwenden gehabt.  

Setlist: Skulls, Mayhem, Love Bites, Mz. Hyde, Killing Ourselves To Live, Do Not Disturb, Amen, The Silence, It’s Not You, I Am The Fire, Vicious, Drumsolo, Freak Like Me, Black Vultures, I Miss The Misery, Here’s To Us



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Pistol Schmidt