DEATH ANGEL, SWITCHTENSE, WEAK ASIDE

Essen, Turock, 14.06.2012

Eigentlich ist es doch eine geile Zeit. Wir haben Sommer, es regnet nicht, die Fußball EM läuft, und es finden Festivals und Konzerte statt. Für was entscheidet sich der Metaller bei diesem Reizoverkill? Trotz des hohen Reizes von Fußballübertragungen in Kneipen, Biergärten und anderen temporären Lokalitäten des EM-orientierten Ausschankgeschäftes, fanden sich die geistesgegenwärtigsten Banger im Essener Turock ein, um einem weiteren Gig der wichtigsten und coolsten Organisationen des Thrash beizuwohnen, den Westküstlern von Death Angel.

 

WEAK ASIDE voc LIVE 2012Zwei Vorbands sollten den Laden schon mal anheizen, was dem Opener von Weak Aside auch sehr gut gelang. Für die erste halbe Stunde war Melodic Death angesagt, und der überraschte gleich von Anfang an. Vier Mucker aus Friesland, aus Emden, um genau zu sein, legten einen Gig hin, der sich angenehm und auffällig durch die Gehörgänge bohrte. Vocalist und Saitenquetscher Thomas Zorn trug ein Bolt Thrower Shirt, womit auch optisch eine Parallele zu ihrem groovig-wummigen Sound offenbart wurde, der den Engländern sehr nahe kam, und auch den beiden Neuzugängen von Dew Scented am Bass und Drums zu zuschreiben ist. Wenn auch bei den Emdern ein Tick mehr Melodie drin ist. Der Sound im Turock war von Anfang an nicht zuuuu laut, aber sehr gut bis fett, was dem Ausdruck von Weak Aside natürlich sehr in die Karten spielte. Die sieben gezockten Songs standen im Vordergrund, und stammten von ihren ersten (und einzigen) beiden Alben „Fire At Will“ und „Ghostleader“, wovon Letzteres bereits zwei Jahre auf dem Buckel hat. Wenige und kurze Ansagen sollten nicht nur die Einhaltung der knappen Spielzeit von einer halben Stunde ermöglichen, sondern auch nicht den Fluss des Hörgenusses trüben, denn der Sound der Friesen war mehr als nur empfehlenswert. Diese Band sollte unbedingt von allen Metallern angetestet werden.

 

SWITCHTENSE voc LIVE 2012Als nächstes durfte ein weiterer Part des Anheizens auf die Bühne, was von fünf Portugiesen übernommen wurde, die unter dem Banner Switchtense firmieren. Nach Demo, EP’s und einer Split haben sie in ihrer zehnjährigen Karriere zwei Longplayer in ihrer Discographie. Thrashig und groovend boten sie ihren Songs dar, die nicht zuletzt durch Vocalist Hugo Andrade eine recht coremässige Note verliehen bekamen. Denn seine Shouts und unbändiges Hin- und Hergerenne am Bühnenrand sorgten für entsprechende Stimmungen. Cool auch sein Shirt ihrer derzeit ziemlich angesagten Nachbarländlern von Angelus Apatrida. Stellenweise erschienen seine vorgetragenen Parts so hasserfüllt, als wolle er seine Wut der aktuellen Niederlage gegen die deutsche Nationalmannschaft herausschreien. Doch die Portugiesen begegneten ihrer vernehmlich deutschen Audienz mit Respekt und bedankten sich oft nach den Songs, wozu auch der Drummer sich von seinem Schemel erhob. Dank galt auch Leif, dem im Publikum anwesenden Shouter von Dew Scented, belieferte er doch in der Vergangenheit die Portugiesen in „The Legacy Of Hate“ mit Gastvocals.

 

DEATH ANGEL ted LIVE 2012Eine halbe Stunde Pause und das Warten auf Death Angel hatte ein Ende. Anlässlich des Releases ihres Debüts “The Ultra-Violence” vor fünfundzwanzig Jahren, wurde versprochen, das edle Teil komplett vorzutragen. Die Platte, die bei nicht wenigen Thrashern zu den All-Time-Faves zählt, kam nicht nur am Stück, sondern auch in chronologischer Reihenfolge. So entpuppte sich der Übersong „Thrashers“, zu dem die Band alles andere als gemächlich die Bühne betrat, als super Opener. Nach „Evil Priest“ und „Voracious Souls“ bestätigte Shouter Marc Osegueda das in seiner langen Ansage, natürlich nicht ohne sich in seiner bekannt liebenswürdig fanverbundenen Art bei der Audienz für die letzten fünfundzwanzig Jahre zu bedanken. So bekam es die Band anschließend mit den “Kill as One”-Chören der versammelten Fans im Turock gleich zurück. Gitarrist Ted hat inzwischen auf seine weiße Paula gewechselt, und bildete zusammen mit Rob Cavestany, einem der geilsten Klampfer im Thrash, sowie der gesamten Band eine eingeschworene Einheit, wozu inzwischen auch Cliff-Burton-Lookalike Damien Sissom am Bass und Will Carroll an den Drums gehören, die außer den verbliebenen Originalmitgliedern Marc und Rob in Zeiten von „The Ultra-Violence“ nicht mit dabei waren. Trotz aller dargebotener Action spielte diese Band so was von arschtight, wie man es bei solchen Turnübungen nicht für möglich halten würde. Über die Auswahl der vier Songs, die nach dem Set des Debüts dargeboten wurden, konnte man streiten. „Lord Of Hate“ war nicht dabei, mit dem sie bei vergangenen Gigs actionmäßig so durchdrehten, dass man nur noch DEATH ANGEL marc LIVE 2012Gitarrenhälse und fliegenden Haare sah, als würden sie die Bühne abreissen. Das in „Bored“ eingefügte Tribut für Dio, „Heaven And Hell“, musste heute auch weichen. Dafür brachte man „Relentless Revolution“ vom aktuellen Album “Relentless Retribution”, sowie “Claws In So Deep” und „Truce“. Leider blieben so ganze Alben heute abend gänzlich unberücksichtigt. Doch die Spielfreude machte alles wieder wett, spielte man, “Walk All Over You” von AC/DC an, und “Anotherone Bites The Dust“ von Queen. Die zackigen Riffs von „Thrown To The Wolves“ ertönten, zu denen Rob seine bekannten Moves machte. Insgesamt war es nicht der allerbeste und längste Gig der sympathischen Westküstler, aber auf jeden Fall in Sachen Spielfreude und Tightness immernoch ein Vorbildlicher. Allein deswegen schon gehört ein Konzert von Death Angel immer besucht!



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Daniel Horlbogen