GENE SIMMONS, THUNDER, THE BREW, RED´S COOL

Oberhausen, Turbinenhalle, 20.07.2018

 Das Musikmagazin "Rocks" feiert sein zehnjähriges Bestehen und lädt dazu die Freunde von nah und fern zu einer Riesenparty in der Tubbse in Oberhausen ein. Der Megaact des Abends ist Gene Simmons, seines Zeichens Basser und Sänger und zusammen mit Paul Stanley Macher der legendären Kiss. Darüber hinaus ist er wohl bestens bekannt für die längste Zunge im Rockbusiness, diverse Realityshows und natürlich als Verkaufsgenie, dem es gelingt alle möglichen Utensilien von und mit dem Kissemblem für horrende Summen unter das Volk zu bringen. In 2017 machte er es seinem Kollegen nach, schnappte sich vier junge Musiker und wandelt damit erstmalig auf Solopfaden. Die heutige Show ist die einzige in Deutschland. Sonst konnte man ihn in Tschechien, Wien, Holland und in Luxemburg sehen. Als quasi zweiter Headliner sind die Hardrocker der britischen Thunder mit dem Ausnahmesänger Danny Bowes mit am Start. Und da es heute richtig früh los geht, gibt es noch zwei Supportbands, nämlich Red´s Cool und The Brew. 

Reds Cool -1Um 18:30 Uhr eröffnet das Quintett Red´s Cool aus St. Petersburg den heutigen Reigen. Sänger der Russen ist Slava Spark der eine gute, leicht rauchige Röhre hat, die zum Beispiel an einen Bryan Adams erinnert. Die ersten drei Stücke des Abends, nämlich "Dangerous One", "My Way" und "The Way I Am" liegen exakt in dieser Reihenfolge auch auf ihrem Zweitwerk "Press Hard" von 2015 vor und vermitteln ein Gefühl vom melodischen Hardrock der ausgehenden 80er-Jahre. Das ist vergleichbar mit Whitesnake oder auch Gotthard, also durchgehend groovigem Hardrock mit so einem leichten Bluestouch. Bei "Love And Pain" gibt es ein starkes Solo vom Gitarristen, der mich äußerlich ziemlich an einen Glenn Hughes erinnert. Der Rock wird gut abgefeiert, man merkt aber jetzt schon das gespannte Warten auf den Hauptact des Abends und im übrigen ist es richtig heiß und schwül in der Halle, die sich zudem nur langsam füllt. Das schmantige und sehr keyboradlastige, im typischen AOR-Stil vorgetragene "Strangers Eyes" ist für die Girls, wie der charmante Sänger erzählt. Red´s Cool machen ihre Sache gut, dennoch will der Funke nicht so richtig zünden, sei es wegen des saunartigen Mikroklimas oder auch dem nicht mehr ganz so passenden Zeitgeist des Vintagerock. 

The Brew 1Ab 19:45 Uhr geht es mit den britischen The Brew weiter. Wer das Trio noch nicht gesehen hat, ich durfte den Bassisten Tim Smith, seinen Sohn Kurtis am Schlagzeug und den Gitarristen und Sänger Jason Barwick bereits letztes Jahr auf dem Festival "Krach Am Bach" in Beelen bei Warendorf im östlichen Münsterland bewundern, der wird heute ob der Spritzigkeit, Agilität und puren Spielfreude des Trios begeistert sein. Kräftiger Bluesrock mit hier und da ein paar fuzzigen Querverweisen und durchschimmernder Stoner sind das Markenzeichen des Dreiers aus Grimsby, die bereits 2006 ihr Debütalbum veröffentlichten. Jason kann nicht nur richtig geil Gitarre spielen, hat zudem eine geile Stimme sondern bewegt sich auf der Bühne wie ein Flummi, will heißen legt ab und ein paar richtig coole Jumps hin. Neben kräftig bluesigem Material, weiterhin durchaus mitnehmendem Stoff mit gut gesetzten Refrains sind sich die Jungs auch nicht zu schade, nach dem Song "Every Gig Has A Neighbour" ein längeres Instrumental mit durchaus sphärisch-psychedelischen Ansätzen einzubauen. Danach gibt ein richtig langes Solo von Kurtis an der Schießbude. Nachdem die Sticks von der Bühne direkt in die Meute katapultiert wurden, werden die Felle mit den bloßen Händen weiter malträtiert. 

Thunder 1Um 21.00 bis 22:00 Uhr sind Thunder aus London an der Reihe. Bereits seit 1989 gibt es den Fünfer, der in nahezu unverändertem Line Up auch heute noch agiert. Von der Originalbesetzung mit Danny Bowes (Vocals), Ben Matthews (Gitarre, Keyboard), Luke Morley (Gitarre), Mark Luckhurst (Bass) und Harry James (Drums) wurde nur der Tieftöner mit heute Chris Childs mehrfach neu besetzt. Mittlerweile ist mit "Stage" aus 2018 das zwölfte Originalalbum auf dem Markt. Unbestritten agieren auf der Bühne durchweg fantastische Musiker und mit Danny Bowes ist das Mikro einfach exzellent besetzt. Mir persönlich gaben Thunder, die ich bereits letzten Jahr als Support von Alice Cooper sah, nie so wirklich viel, sei es weil die Typen irgendwie zu normal sind oder der bluesige, groovige Hardrock mich nicht so richtig packte. Das heutige Publikum sieht es vielfach anders und feiert die Briten mit viel Geklatsche und "Nanana-Chören" richtig ab. Die heutige Playlist ist ein Mix aus Klassikern und neuerem Songs mit unter anderem "Wonder Days", "Low Life In High Places", "Backstreet Symphony", "In Another Life" und "Dirty Love". 

Gene - 2Klar kenne ich Kiss und habe bereits diverse Monstershows mitgemacht. 1988 sah ich das Quartett sogar "unmasked" beim legendären Monsters Of Rock - Festival in Bochum. Mich als Kiss-Fan zu bezeichnen, geht allerdings deutlich zu weit und so ist mir auch das Soloalbum von Gene Simmons von 1978 nur wenig geläufig. Da hoffe ich heute mal auf eine Menge Kiss-Klassiker. Dass es heute bühnentechnisch bei weitem nicht so fett werden wird, sondern primär die Musik im Vordergrund stehen würde, war von vornherein klar. Als Erstes fallen dem Zuschauer die beiden installierten Klimanlagen auf, die dem blutspuckenden, aber immerhin fast siebzigjährigem Monsterrocker frische Luft ins Gesicht blasen sollen. Nachdem seine junge, wilde und vor voller Spiellaune spritzende Truppe die Bühne geentert hat, gesellt sich Mister Simmons persönlich dazu, gedresst in Lederhose, Sacko und mit Sonnenbrille und los geht es mit dem allseits bekannten "Deuce". Nach einigem Gefasel in deutscher Sprache folgt das mir unbekannte "Are You Ready". "Shout It Out Loud" und "Parasite" kenne ich dann wieder und richtig Spass machen die drei durchweg posenden Gitarristen, die sich die Soli von Paul Stanley hin und her werfen. Dann gibt es plötzlich ordentliches Gedränge am Einlass zum Bühnengraben, wo rund zwanzig Girls, gekennzeichnet mit Bändchen auf ihren Einlass zur Bühne warten, um bei "Do You Love Me" Herrn Simmons beim Singen und Posen zu unterstützen. Eine Gina, welch namentlicher Zufall, trällert dann richtig gut "I Was made For Loving You" und wird von Gene nur in den Backings unterstützt. Über eine namentlich erwähnte Nena und einen Udo Lindenberg kommt Gene dann zu Chuck Berry, Fats Domino und Little Richard und weiter geht es mit einem rockigem Ursong in Form von "Long Tall Sally". Nach einem kurzen Solo auf dem Viersaiter wird dann das ebenfalls sehr ursprüngliche "Let Me Go Rock ´n´ Roll" von Kiss nachgelegt. Nach "Watchin´ You", dem instrumentalen "Love Theme From Kiss", "War Machine", "I" mit wieder viel deutsch-englischem Gefasel des Protagonisten gibt es dann "Radioactive" vom vormals beschriebenen Solowerk aus 1978. Bei "I Love It Loud" kommt dann zum wiederholten Male Unterstützung aus dem Publikum mit diesmal männlichen Vertretern, auch aus der hiesigen Musikszene, in Persona von Christof Leim oder Andy Brings, die beide ziemlich kräftig und natürlich gut gestimmt ins Mikro grölen. "Ladies Room" und "Goin´ Blind" sind weitere, allerdings nur angespielte Raritäten, ehe das umjubelte "Callin Dr. Love" alle Kissfans von den Socken haut. Auch bei diesem Song tanzen so einige Girls mit auf der Bühne rum, von denen eine ganz stolz ein Tattoo präsentiert, was Gene nur zu dem lachenden Kommentar "Fuxxing Paul (Stanley)" veranlasst. Da fehlt doch noch was, oder? Bei "Rock And Roll All Nite" gibt es dann die Vollversammlung auf der Stage und man kann vor lauter Männlein und Weiblein kaum noch die eigentlichen Protagonisten erkennen. Bleibt nur zu konstatieren: Einmal Kiss in etwas ungewöhnlicher Form mit einem hohem Spassfaktor und einem besonders lässigen und unterhaltsamen Gene Simmons. 



Autor: Andreas Gey - Pics: Andreas Gey