ROCK HARD FESTIVAL Tag 3

Gelsenkirchen, Amphitheater, 27.05.2012

Tag 3: Alpha Tiger / ’77 / High Spirits / Graveyard / Girlschool / Magnum / Unisonic / W.A.S.P

Auch der Sonntag brachte an der Wetterfront nichts Neues. Nach anfänglicher Bewölkung klarte es dann doch auf und die Sonne erstrahlte wie die ersten beiden Tage über dem Amphitheater. Bei vielen Besuchern zeigten sich die Nachwirkungen der vergangenen Tage nun doch, bei Einigen in Form von stark geröteter Haut, bei Anderen konnte man die Ringe unter den Augen nicht mehr schön reden. Gut, dass der Sonntag musikalisch der ruhigere Tag des Festivals mit vielen Hard Rock Bands war. Trotzdem war das Gelände am Mittag schon gut besucht und auch an der Schlange an der Tageskasse zeigte sich, dass auch die melodischen Töne noch einmal mehr Publikum anlocken konnten.

 

ROCK HARD alpha tiger LIVE 2012Ich habe Alpha Tiger jetzt innerhalb des letzten Jahres schon vier oder fünfmal gesehen. Zwar frage ich mich immer, warum sie ständig als erste Band um 12 Uhr auf die Bühne müssen (Keep It True 2011; Headbangers Open Air 2011, und auch Rock Hard 2012). Aber für eine erste Band sind sie immer sehr motiviert. Der Gig auf dem Rock Hard war allerdings der bislang beste, den ich je von ihnen gesehen habe. Nicht nur, weil der Sound stimmte und die Band musikalisch und gesanglich gut drauf war, sondern weil sie auch endlich einheitlich auf die Bühne gegangen sind. Alle Outfits der Band - Stirnbänder, Spandex und sogar das Drumkit - waren schwarz-gelb verziert, wie sich das für Tiger schließlich auch gehört! Eine bewusste Dortmund-Aktion in Gelsenkirchen war wohl eher unbeabsichtigt, sorgte aber auch für Erheiterung und gute Laune im Publikum. "Queen Of The Reich" gab es dieses Mal (so wie auch vier Wochen zuvor in Paderborn) nicht. Dafür aber eine Wahnsinnsversion des Riot-Klassikers "Flight Of The Warrior". Richtig geil! (Daniel Müller).

 

ROCK HARD 77 LIVE 2012Passend zu ’77 waren wir dann vor Ort und konnten dann den mitreißenden Auftritt der Spanier verfolgen. Ihre Wurzeln als AC/DC Fans können die Jungs nicht verleugnen, weisen sie doch eindeutige Parallelen auf, so dass böse Zungen behaupten, sie wären einfach nur eine jüngere Kopie der Australier. Ganz von der Hand lies sich das nicht weisen, jedoch brachten sie auch frischen Wind in die „angestaubte“ Musik. Fakt ist: ’77 klingen wie AC/DC zu Bon Scott Zeiten, machten ihre Sache aber richtig gut und ließen es ordentlich krachen. Der Spaß, den sie auf der Bühne verbreiteten, übertrug sich rasend schnell ins Publikum und so wurden Songs wie „High Decibels“ oder „Give Me A Dollar“ von den für die Uhrzeit zahlreich anwesenden Besuchern ordentlich bejubelt. Schlagzeuger Dolphin drosch so auf sein Kit ein, dass es mehrfach wieder neu in Position gerückt werden musste und Leadgitarrist LG Valeta scheute sich nicht davor, während des Konzertes die Bühne zu verlassen und einen Ausflug auf die Ränge mitsamt seiner Gitarre zu unternehmen, was den Spaniern zusätzliche Bonuspunkte in Punkto Sympathie einbrachte. Ein gelungener Auftritt, der einfach nur Spaß gemacht hat und auch länger hätte dauern dürfen. (Susanne Soer).

 

ROCK HARD high spirits LIVE 2012Als nächstes standen die US-Amerikaner High Spirits auf dem Spielplan, deren letztjähriges Album „Another Night“ in der Fachpresse fast nur mit Lob überschüttet wurde. Also war es nur eine Frage der Zeit, die Band um Sänger Chris Black auf Festivalbühnen livehaftig erleben zu können. Doch leider fiel der Zuspruch auf dem Rock Hard Festival sicherlich nicht so zahlreich aus, wie man es sich erhofft hatte. Die Menge der anwesenden Fans vor der Bühne war doch recht übersichtlich und ich muss sagen, die Mischung aus melodischem Hard Rock und klassischem Heavy Metal, die auf CD klasse klingt und funktioniert, kam leider live nur bedingt rüber. Klar, Songs wie „Another Night In The City“, „Full Power“ oder „Nights In Black“ sind schon toll, aber die Liveperformance der Band war doch leider komplett unspektakulär und konnte von daher nur die Festivalbesucher begeistern, die eher der Undergroundszene zu zuordnen sind. Vielen Anderen war die gebotene Leistung einfach nur zu langweilig, wenn nicht sogar zu amateurhaft. Schade eigentlich. (Holger Fey).

 

ROCK HARD graveyard LIVE 2012Nun folgten Graveyard mit ihrem psychedelisch angehauchten Rock. Die Schweden boten ihre Soundmischung aus klassischem Rock, Blues und Folk, der an Bands wie Black Sabbath, Led Zeppelin und Co. erinnert souverän dar. Der Retrosound kam nicht bei allen Festivalbesuchern gut an, viele fanden das Songmaterial total langweilig und Stimmung wollte nicht so richtig aufkommen. Es war zwar voll vor der Bühne, was aber auch daran lag, dass viele Fans einfach nur Schatten suchten, den es zu dieser Uhrzeit leider nur in dem Bereich vor der Bühne gab. Graveyard boten die Songs ihrer beiden Alben „Graveyard“ und „Hisingen Blues“ spielerisch einwandfrei dar, konnten stimmungstechnisch jedoch nicht beim Publikum punkten. So hörte man Sprüche wie „würde mich nicht wundern, wenn die Dope durch die Nebelmaschine jagen, damit den Leuten das gefällt“. Bei dem Hype um die Band hätte auch ich live doch mehr erwartet, als das was man geboten bekam. (Susanne Soer).

 

ROCK HARD girlschool enid LIVE 2012Die Ladies von Girlschool spielten einen Special ‚Hit And Run’-Set und mischten auf ihre charmante Art und Weise das Amphitheater ordentlich auf. Songs wie z. B. „C`mon Let`s Go“, „Hit And Run“ oder „Future Flash“ dienten dazu, eine amtliche Rock `n` Roll Party zu veranstalten. Sängerin Kim McAuliffe, Gitarristin Jackie Chambers, Bassistin Enid Williams und Drummerin Denise Dufort hatten sichtlich ihren Spaß, nahmen sich das ein oder andere Mal mit ihrem trockenen britischen Humor gegenseitig auf die Schippe und brachten zudem die Meute vor der Bühne dazu, sämtliche Songs abzufeiern. Was will man mehr. Es gab zwar auch ein paar Pannen während des Sets, einerseits funktionierte das Mikro von Bassistin Enid nicht richtig, andererseits verpasste Drummerin Denise einige Einsätze, aber das Ganze tat der guten Stimmung keinen Abbruch. Den krönenden Abschluss bildete dann „Emergency“ und fast alle der zahlreichen anwesenden Fans sangen lauthals den Refrain des Songs mit. Klasse Leistung der Mädels, die bewiesen haben, dass sie immer noch rocken können. (Holger Fey).

 

ROCK HARD magnum LIVE 2012Nach den älteren Rockdamen von Girlschool sollten nun die ebenfalls in die Jahre gekommenen englischen Gentlemen von Magnum das Amphitheater rocken, was diese dann auch in die Tat umsetzten. Den beiden Magnum Gründungsmitgliedern Bob Catley und Tony Clarkin sah man zwar ihr Alter an, aber man merkte es nicht. Die pure Spielfreude stand beiden ins Gesicht geschrieben und so begann der Set gleich mit einem neuen Song vom im Herbst erscheinenden neuen Album „On The 13th Day“. Es folgten Hits wie „All Englands Eyes“, „Brand New Morning“ oder „Vigilante“. Bob Catley zeigte sich gut bei Stimme und performte die Songs in alter Manier. Leider wurde auch die Leistung von dieser Band vom Publikum nicht wirklich gewürdigt, war das Amphitheater auch jetzt nur mäßig gefüllt. Dafür sah man aber bei den Fans vor der Bühne eine bunte Mischung, egal ob mit Death-, Thrash- oder Hardrockshirt, die Menschen gingen mit und feierten und bejubelten jeden einzelnen Song. Höhepunkt des Auftrittes war allerdings die Darbietung des Tracks „How Far Jerusalem“, wo das ganze Amphitheater mitsang, der Moment war wirklich unglaublich und verursachte nicht nur bei mir eine Gänsehaut. Leider war die Spielzeit viel zu kurz und der Auftritt fand ein abruptes Ende bei „Kingdom Of Madness“, wo auch die Musiker auf der Bühne etwas irritiert drein schauten, sah es doch so aus, als ob dies nicht das reguläre Ende ihres Sets gewesen sei. Trotzdem ein toller Aufritt einer hervorragenden Band, die uns hoffentlich noch einige Jahre mit ihrer Bühnenpräsenz beehren wird. (Susanne Soer).

 

ROCK HARD special LIVE 2012Nun folgte als Überraschung und zur Feier des 10-jährigen Festival-Jubiläums erst einmal eine emotionale Ansage von Götz und alle Mitarbeiter des Rock Hard und des Festivals wurden auf der Bühne von den Besuchern ordentlich bejubelt. Als kleines Special folgte dann der Auftritt von Bobby und Gerre, die ihren Song „Die Zwei von der Tanke“ präsentierten. Unterstützt wurden sie dabei von Waldemar Sorychta an der Gitarre. Bobby ließ es sich nicht nehmen, einen Anti-Schalkewitz zu erzählen, der ihm lautes Gelächter einbrachte, aber auch genauso viele Pfiffe und Buhrufe. Tja, man war halt mitten in Gelsenkirchen, was hatte er erwartet? Des Weiteren hatte man Bullet eingeladen, die gemeinsam mit der Karaoke-Band Rokken noch „Balls To The Wall“ und „You Shook Me All Night Long“ präsentierten. Wenn man sich die Stimmung dabei im Publikum ansah, hätten Bullet auch einen kompletten Set spielen können und nicht nur die beiden Coversongs. Aber mal ehrlich, für ein Jubiläumsspecial war es dann doch eher mager, aber zumindest besser als die alljährliche Präsentation des Karaoke-Wettbewerb-Gewinners. (Susanne Soer).

 

ROCK HARD unisonic LIVE 2012Auf den Auftritt von Unisonic, der neuen Band der beiden ehemaligen Helloween Musiker Kai Hansen und Michael Kiske, hatten Viele das ganze Wochenende sehnsüchtig, aber auch zwiespältig gewartet. Das Thema im Vorfeld war eigentlich nur, welche der alten Helloween Stücke sie in ihren Set einbauen würden, und ob Herr Kiske noch so singen kann wie früher. Das aktuelle Album „Unisonic“ spielte bei den Diskussionen eher eine untergeordnete Rolle, denn musikalisch hat das Ganze ja mit Helloween überhaupt nichts zu tun und ist bedeutend ruhiger angelegt. So kam es dann auch, dass bei „March Of Time“, „Future World“ und dem finalen „I Want Out“ das Gelände einem Hexenkessel glich, bei allen anderen Songs aber eher verhaltene Menschen das Geschehen verfolgten. Geboten wurden ein Michael Kiske, der stimmlich immer noch auf höchstem Niveau sang und ein Gitarren-Duo Kai Hansen/Mandy Meyer, das mit überflüssigen Soli zu punkten versuchte. Unisonic war unterm Strich eine gut eingespielte Band, die aber mit ihren eigenen Songs ein Festivalpublikum nicht so richtig hinterm Ofen hervorlocken konnte. Die Menge verweilte einfach nur, in der Hoffnung auf alte Helloween-Kracher. Unisonic lieferten einen soliden Gig ab, nicht mehr und nicht weniger, und das war für einen Co-Headliner einfach zu wenig, sieht man von drei genialen Songs ab, die nur leider nicht unter dem Banner von Unisonic liefen. (Holger Fey).

 

ROCK HARD w.a.s.p. LIVE 2012Was nun kam, überstieg alles des bisher Gesehenen der letzten drei Tage. Nach einem kurzen Intro und Pyroeinsatz legten W.A.S.P. das Amphitheater für die nächsten 90 Minuten in Schutt und Asche. Mit den Klassikern „On Your Knees“, „The Real Me“ und „L.O.V.E. Machine“ eröffneten Blackie und seine Mitstreiter den Set und hatten vom ersten Moment an das Publikum fest im Griff. Die Fans waren komplett aus dem Häuschen und die Stimmung war von der ersten Reihe bis hoch auf die obersten Ränge einfach nur der Hammer. Es folgten „Crazy“ und „Wild Child“ und im Publikum wurde gebangt, getanzt, gesungen und geklatscht was das Zeug hielt. Blackie Lawless verweigerte zwar die persönliche Übergabe der Gitarren an die Gewinner des W.A.S.P.-Contests und verabschiedete diese mit den Worten: „You Can Leave The Stage Now“, war aber ansonsten ganz der perfekte Showman. Auch Gitarrist Doug Blair, Drummer Mike Dupke und Bassist Mike Duda begeisterten mit absoluter Spielfreude und Perfektion. Ein Klassiker nach dem anderen gab sich dabei die Klinke in die Hand und ein Höhepunkt jagte den nächsten. Das Medley, bestehend aus „The Hellion/I Don`t Need No Doctor/Scream Until You Like It”, sowie die Songs „Babylon`s Burning”, „The Idol” und „I Wanna Be Somebody“ rundeten den regulären Set ab. Natürlich durfte bei Letzterem das obligatorische Singspielchen mit dem in 2 Hälften geteilten Publikum nicht fehlen, wo das komplette Amphitheater begeistert mitmachte. Danach verschwanden W.A.S.P. von der Bühne, um nur nach kurzem Bitten der Fans die Party mit „Chainsaw Charlie” und „Heaven’s Hung In Black“ weiter zu feiern. Mit „Blind In Texas“ beendeten W.A.S.P. dann wirklich ihren Gig. Es war eine klasse Show und der beste Abschluss für ein tolles Festival. (Susanne Soer).

 

Reviews zu Tag 2 und Tag 3 siehe Index in "Live Reviews" 



Autor: Daniel Müller, Susanne Soer, Holger Fey - Pics: Susanne Soer