THE SOAP GIRLS

Köln, Sonic Ballroom, 15.05.2018

Heute steht mal wieder ein kleines Underground-Konzert an, und zwar im dem klassischen Kölner Punk und Rock ’N’ Roll-Schuppen Sonic Ballroom, die erste Adresse in Köln, wenn es um schweißtreibende Shows mit erhöhtem Pogo-Faktor geht. Und man kann ja nicht immer nur Pech haben, heute gibt es einen Parkplatz kaum zwanzig Meter von der Location entfernt. Das liegt natürlich auch mit daran, dass in der nahe gelegenen Live Music Hall heute mal keine Veranstaltung ist. Kaum haben wir den vorgelagerten Biergarten betreten, hören wir, dass die Supportband nicht auftreten wird. Gründe erfahren wir nicht. Nun gut, also erstmal ein Bierchen zischen und sehen, was uns erwartet. Durch den Wegfall der Supportband wird er Einlass zeitlich etwas nach hinten verlegt, was aber nicht weiter stört, da wir nette Gespräche mit dem Merchandise-Verkäufer und einigen Gästen führen können. Sogar ein Die Hard-Fan ist extra aus Lübeck angereist, um The Soap Girls zu sehen, und schwärmt mir gerade in höchsten Tönen von der Band vor.

The Soap Girls - live1 - 2018Aber nun ist es soweit: The Soap Girls betreten die Bühne und brettern nach einem kurzen Roboterstimmen Intro mit High Speed los. Und sie sehen tatsächlich so aus, wie ich schon in diversen You Tube-Videos sehen konnte: zwei extrem hübsche, schlanke Schwestern, die so etwas wie Bekleidung anscheinend für total überbewertet halten. Außer ein paar durchsichtigen Cowboy-Stiefeln und einem recht ausgefallenen Kopfschmuck, begnügen sie sich mit Slip und ein paar Fransen, die mehr Deko sind, als dass sie wirklich irgendetwas verdecken würden. Nun zieht das natürlich immer viele „Sehleute“ an, die eigentlich mit der Musik und deren Hintergrund schon überfordert sind. Doch hier hält es sich noch in Grenzen, und die Menge ist direkt am tanzen und pogen. Sind die Mädels doch bewaffnet mit pfeilschnellen Melodien und Refrains, die man rasch mitsingen kann; roh und authentisch dargebrachter Punk des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Das macht Camille und Noemie auf der Bühne sichtlich Spaß und dem Publikum erst recht. Verführerisch, hypnotisch und nonchalant bringen sie hier ihr Programm rüber, und es ist mir unbegreiflich, wenn man hört, dass die Soap Girls mit bösartigen Sexismus und Angriffen von Zuschauern zu kämpfen hatten. Diskriminierung und Feindseligkeit von Leuten, die einfach nicht verstehen wollen, dass ihre Kleidung und ihr Image nur die Musik und die textlichen Inhalte betonen soll. In England wurden sie sogar während eines Gigs mit Kunstblut beworfen und mussten die Polizei rufen. Der Bandname rührt übrigens daher, dass die Mädels im zarten Kindesalter in ihrer Heimat Südafrika als Seifenverkäuferinnen unterwegs waren.

The Soap Girls - live2 - 2018Aber daran denkt hier heute Abend keiner. Ganz im Gegenteil: Es wird gerade eine richtig fette Party gefeiert. Dann kommt der Punkt, wo zwei freiwillige männliche Besucher auf die Bühne gebeten werden. Ja, das sollte man sich allerdings gut überlegen. Unter lautem Gejohle mussten sich die zwei Opfer bis auf den Slip ausziehen, und während der, in dem Falle, Glückspilz der zwei Männer lediglich eine mit Schokopudding verzierte Windel tragen durfte, machte der andere Kandidat gerade eine Nahtod-Erfahrung. Man zeigte ihm einmal so richtig, wie die Enthaarungswachspads funktionieren, wirklich zufrieden war sein Gesichtsausdruck dabei nicht. Nun gut, dafür durften beide eine Flasche mit undefinierbarem Inhalt leertrinken, was dann später durchaus Wirkung zeigte. Auf Nachfrage sagten mir die Ladies, dass da alles an Alkohol drin ist, was sie so gefunden haben; auf jeden Fall eine spaßige Einlage in dem ohnehin kurzweiligen Programm. Als dann „Bad Bitch“ an die Reihe kommt, dürfen auch zwei Damen auf die Bühne, um den Refrain mitzugröhlen. Das klappte dann bei der Jüngeren auch ganz gut. Und so verging die Zeit rasend schnell, obwohl schon extrem lange gespielt wurde. Normalerweise sind Bands in diesem Genre meist schon wesentlich schneller durch. Als dann aber leider doch irgendwann der letzte Song vorbei war, gingen die Mädels nicht von der Bühne, ohne mehrere lautstark geforderte Zugaben zu spielen. Vollkommen unkompliziert stehen sie dann schon wenige Minuten später am Merchandise, so wie sie gerade von der Bühne kommen. Und es war ein wirkliches Vergnügen, sich mit diese sympathischen Ladies ausgiebig zu unterhalten und ein wenig Hintergrundinformation zu bekommen.  Liebe Seifen Mädchen, wenn ihr wieder mal auf Tour in unsere Gegend kommt, bin ich definitiv dabei!

Setlist: Society Rejects, Catch Release, Kill, Johnny Rotten, Step Outside, Rather Be Dead, One Way Street, Chains, Fade To Black, Black Mass, Snakes And Ladders, Bad Bitch, Real, Drag You Down, Break You, Champagne Cocaine, Welcome To The Neighbourhood, Pretty Good Looking, My Development, In The Name Of God, Sam's On Crack, Voodoo Child, Drown



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Pistol Schmidt