KREATOR - RENEWAL
Label: | BMG / NOISE |
Jahr: | 2018/1992 |
Running Time: | 54:05 |
Kategorie: |
Re-Release |
Als ich in jungen Jahren in der Schule Kreator zum ersten Mal gehört hatte, war ich gerademal vierzehn Jahre alt. Das aktuelle Album war noch „Coma Of Souls“. In einem meiner ersten gekauften Metal Hammer-Ausgaben war dann ein Review von „Renewal“ von Kreator drin. Dieses Album kaufte ich mir daraufhin direkt in der ersten Woche, als es erschienen war. Somit verbinde ich viele positive Erinnerungen mit diesem Album und finde es vermutlich weitaus besser als die meisten meiner Old School-Freunde, denen das Album damals sauer aufstieß. „Renewal“ heißt „Erneuerung“, und genau diese gab es urplötzlich im Hause Kreator. Ein rhythmischer Vier-Viertel-Takt eröffnet das Album mit „Winter Martyrium“, ungewohnt langsam, aber mit einer der geilsten Schlagzeug-Produktionen, die ich jemals in meinem Leben gehört habe. Es kommt eine Steigerung mit Toms, die ebenfalls sehr fett klingen, bevor das Geballer und der Gesang losgehen. Auch hier zunächst fragende Blicke bei alt eingesessenen Fans. Mille Petrozza singt viel tiefer als früher, klingt auch irgendwie verzerrt, aber auch verdammt wütend. Man könnte fast denken, Kreator hätten einen neuen Sänger gehabt. Auch der Titelsong ist nicht schnell, aber verdammt rhythmisch. Auch die Leadgitarren klingen um einiges harmonischer als früher. Damit aber nicht genug, denn die Experimentierfreude der Band geht jetzt erst los. Zu Beginn von „Reflection“ flüstert Mille zur ruhigen Leadgitarre. Ein doomiges, düsteres Riff mit verzerrtem Gesang überrascht im Mittelteil, das angezogene Tempo danach knallt wie aus dem Nichts plötzlich hervor. „Brainseed“, von dem ein Jahr später auch eine Single erscheinen sollte, die aber niemals erschien, überrascht mit maschinellen Hintergrundgeräuschen, die dem Ganzen einen leichten Industrial-Touch geben. Danach folgt das etwas schwermütig beginnende „Karmic Wheel“, bei dem Milles Gesang erstmal etwas von melodischem Gesang zeigt und mit einem ruhigen, psychedelischen Mitteiteil überrascht. „Realitätskontrolle“ ist ein knapp anderthalbminütiges Industrial-Intermezzo mit Presslufthammer-Geräuschen. Mit „Zero To None“, welches musikalisch noch ehesten mit den Frühwerken verglichen werden kann, holen Kreator aber wieder die Keule raus. Mit „Europe After The Rain“ folgt dann der schnellste und wütendste Song des Album. Mille klingt hier richtig angepisst. Die Nummer reißt richtig mit! Der Abschlusstrack „Depression Unrest“ beginnt wieder psychedelisch mit cleanen Gitarren, entwickelt sich aber später zu einem coolen Midtempo-Brett. Neben den neun regulären Tracks des Album sind hier noch drei Bonustrack enthalten, die Sammler wie ich aber bereits besitzen, nämlich eine Demoversion des Openers „Winter Martyrium“, die sich noch etwas von der Album-Version unterscheidet, das schnelle „Trauma“, das noch im alten Stil gehalten war und eine Remix des wütenden „Europe After The Rain“. Alle drei Bonustracks waren auch als Bonus auf der im Jahr 2000 erschienenen Best Of-Compilation „Past Life Trauma“ vertreten, die seit Jahren ausverkauft und mittlerweise scheißenteuer ist. Nach der ruhigen Gothic-Phase mit „Endorama“ (1999) sollte diese CD die Rückbesinnung zum Old School Thrash Metal einleiten, die dann ja mit „Violent Revolution“ 2001 auch eingetreten war. „Renewal“ war das erste ungewöhnliche Kreator-Album, ist bei heute aber höchst unterbewertet und ein definitiv ein kleiner Kracher, mit dem sich die bisherigen Ignoranten nun schleunigst auch mal beschäftigen sollten! Die Neuauflage gibt es übrigens als Digipack und in transparent-grünem Vinyl.
Note: 9.5 von 10 Punkten
Autor: Daniel Müller