NORMAHL - FRIEDE DEN HÜTTEN – KRIEG DEN PALÄSTEN


Label:7HARD
Jahr:2015
Running Time:46:21
Kategorie: Neuerscheinung
 

Wer sich mit den Anfängen der deutschen Punkszene und der Deutschrockszene befasst, der stößt früher oder später zwangsläufig auf die Band Normahl. Die von fünf Gymnasiasten aus Winnenden gegründete Formation war zwar nie wirklich kommerziell erfolgreich, zählen allerdings dennoch zu  den Einflussreichsten Bands des deutschen Punks der achtziger Jahre. 1993 wurden zwei Songs der Punkrocker sogar sehr stark medial beachtet. Zum einen der Titel „Sex Am Telefon“, der tatsächlich von einem Anbieter für Telefonnummer-Werbung verwendet wurde und eine Coverversion von Reinhard Meys Song „Diplomatenjagd“. Obwohl die Band damit in mehreren Talkshows war, gute Kritikerstimmen bekam, eine massive PR-Anstrengung unternommen wurde und eine großangelegte Tour durchgeführt wurde, blieb der angestrebte Charterfolg dennoch aus. Dies führte dazu, dass sich Normahl 1996 im Streit vorerst auflöste. Dies sollte allerdings nicht das Ende dieses Kapitels sein. 2002 starteten die Altpunks erneut durch. Neben weiteren neuen Alben, einem Best Of zum fünfundzwanzigsten Bandjubiläum und Touren arbeitete Normahl auch an einem Drehbuch, woraus der Film „Jong'r“ entstand. Dieser ist nicht nur eine Biografie der Band, sondern bildet auch deutsche Zeitgeschichte und die Entwicklung des deutschen Punk ab. Ihr bisher aktuellstes Album erschien 2015. Der Titel „Friede Den Hütten – Krieg Den Palästen“ könnte punkiger kaum sein. Darauf enthalten sind zwölf Tracks in bester Manier des achtziger Jahre Punks. Dabei setzt Normahl nicht wie viele moderne Punkbands auf Geschwindigkeit und geschriene Vocals. Die Titel sind im Midtempo gehalten, die Stimme von Sänger Lars Besa hat eher etwas Ruhiges an sich. Dennoch sind die Texte sozialkritisch, prangern an und sind alles andere als versöhnlich. Der Anti-Krieg-Song „Söldner“ beginnt mit Drums, die an einen  Militärmarsch erinnern. Eine beißende Gitarre die allerdings nicht zu dominant auftritt ergänzt den Sound bevor Lars die Auslandseinsätze der Bundeswehr aufs schärfste kritisiert. „Narrenschiff“ wird von einer Pfeiffmelodie eingeleitet. Es klingt wie eine rockige Version einer Seemannsweise, auch der Text passt zu diesem Bild. Wobei das Schiff voller Narren wohl als Sinnbild für Deutschland zu sehen ist. Erfrischend Kritik am Staat auch einmal kreativ verpackt zu bekommen. Eine der schnelleren Nummern ist „Chanson“. Hier geht es darum dass Besa nichts weiter braucht als Musik und einige Hörer um glücklich zu sein. Deutlich dominanter als auf dem Rest des Albums treten die Gitarren bei „Geld“ anfangs stärker in den Vordergrund. Worum es textlich geht, wenn einen Punkband einen Song „Geld“ nennt, kann man sich ja denken. Bleibt zu sagen, die alten Herren können es noch. Jeder Song des Albums ist ein kleines, gut durchdachtes und stimmiges Kunstwerk in bester Punkmanier. Normahl habe nicht an Biss verloren, allerdings etwas an Qualität gewonnen.

Note: 8 von 10 Punkten
Autor: Chris Föhrenbach


zurück zur Übersicht