TOXIC SHOCK - Das ist Crossover, den wir mögen!


Es gibt immer mehr junge Bands, die sich an den Helden der Vergangenheit orientieren, vor allem zahlreiche Retro Thrash Metal-Bands. Aber nicht alle kopieren nur Sodom und Destruction und sind mit Patronengurten übersät. Es geht auch lässig mit kurzen Hosen, weißen Tennissocken und Turnschuhen. Eine Band, die kaum etwas veröffentlicht hat, aber dauernd international live unterwegs ist, sind die Belgier Toxic Shock (nicht zu verwechseln mit der alten deutschen Thrash Metal-Band, die mal bei Nuclear Blast unter Vertrag war!), die eine frische Mischung aus Thrash Metal und Crossover spielen und somit eher die Generation der Fans von Suicidal Tendencies, Cro-Mags, Agnostic Front oder auch Dr. Livingdead! ansprechen. Ich sprach mit Sänger Wally.

logo Daniel: Hi Wally! Bitte erzähl uns doch zunächst etwas über die Gründung von Toxic Shock im Jahr 2010! Wie kam die Band zustande?

Wally: Unser Gitarrist PC hatte Toxic Shock schon jahrelang im Hinterkopf gehabt. Er hatte schon einige Songs fertig, aber noch keine Band. Seine alte Band hatte sich aufgelöst, und er schrieb zu Hause neue Songs. Als DKs Band sich ebenfalls aufgelöst hatte, taten er und PC sich zusammen. Sie redeten schon lange darüber, mal gemeinsam in einer Band zu spielen, aber es kam irgendwie immer etwas dazwischen. J 2010 war die Zeit dann endlich reif! Sie fragten White (Bass) und Wotte (Schlagzeug), ob sie mitmachen würden, und probten zunächst ohne Sänger. Nach langer Suche stieß ich dann ein Jahr später hinzu.     

Daniel: Du sagtest es ja bereits. Ihr hattet also zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Wally: DK und Wotte spielten zuvor bei der Hardcore-/Punk-Band Damaged Goods. PC spielte in der Hardcore-Band Between The Lines, die stark von altem New York Hardcore beeinflusst waren. Und er spielte auch die Reunion-Shows der alten Hardcore-Band Zyklome A  im letzten Jahr. White spielte in der Punkband Richie Don't Die. Toxic Shock ist meine erste Band.

Daniel: Ich dachte zunächst an die alte deutsche Thrash Metal-Band Toxic Shock, die eine der ersten Bands bei Nuclear Blast waren. Kennt Ihr die Band? Und kam es da jemals schon mal zu Verwechslungen?  

Wally: Wir wollen das nicht unter den Teppich kehren: Natürlich kennen wir die Band… ;) Aber als wir 2010 die Band gründeten, hatte niemand über eine Reunion der deutschen Band geredet. Die hatten sich ja schon 1992 getrennt oder so. Wir haben den Namen einem Agnostic Front-Song entnommen. Die alten Agnostic Frint-Sachen sind ein großer Einfluss für unseren Gitarristen PC.   

Daniel: Welche Bands zählen zu Euren Haupteinflüssen?

Wally: Vor allem Bands aus den Achtzigern, wie Excel, No Mercy, Uncle Slam und Suicidal Tendencies, eine Menge Thrash Metal- Und Crossover-Bands, wie (alte) Metallica, Slayer, Anthrax, Death Angel, Exodus, Nuclear Assault, D.R.I, Kreator, Sodom, Power Trip, Iron Reagan usw. und auch New York Hardcore-Bands, wie Leeway, Agnostic Front, Cro-Mags, Crumbsuckers, Killing Time usw. Die Inspiration für den Gesang liegt hauptsächlich bei Ceremony, Ray Cappo und Cro-Mags. Es war also nicht nur eine bestimmte Band, die ihre Spuren bei uns hinterlassen hat. Ach ja: Black Sabbath und Discharge gehören definitive auch noch in die lange Liste. Wir haben eine ganze Menge verschiedener Einflüsse.   

Daniel: Worum geht es in Euren Texten: um die Erfüllung der üblichen Klischees? Oder gibt es so etwas wie eine Kernaussage?

Wally: Ich hoffe nicht, dass unsere Texte allzu klischeebehaftet sind. Meistens geht es um innere Konflikte und den Zustand der Welt. Oder es geht um Dinge, die um uns herum passieren, aber wir versuchen immer, unsere Texte so offen wie möglich zu halten, so dass jeder sie für sich interpretieren kann. Wir arbeiten sehr hart an unseren Texten.

Daniel: Bisher gibt es nur ein Album von Euch. Wie seid Ihr mit dem Label Reflections Records aus Holland gekommen, die das Album schließlich veröffentlicht haben?

Wally: Johan Reflector geht mit seinem Vertrieb oft auf Konzerte und macht dort einen Stand. Er hat uns von Anfang an unterstützt. Und nach einem Demo und einer EP, die beide bei unterschiedlichen Plattenfirmen erschienen waren, haben wir Johan gefragt, ob er nicht unser Album veröffentlichen wolle. Und er sagte zu. So erschienen „Daily Demons” und die Split mit Iron Reagan bei Reflections Records raus. Beide Veröffentlichungen sind allerdings bereits restlos vergriffen.

Daniel: Stimmt es eigentlich, dass das Debüt nur auf Vinyl und auf Kassette erschienen ist und nicht auf CD?

Wally: Doch. Zuerst wollten wir sie eigentlich nur auf Vinyl machen, aber viele Leute fragten uns auch nach einer CD-Version der EP. Also haben wir uns dazu entschlossen, auch noch eine CD-Version davon zu machen. Wir wollten jedoch, dass sich die CD- von der Vinylversion unterscheidet. Wir fanden das sonst zu langweilig und haben dann das Demo und die Songs der EP zusammen auf die CD gepackt.

toxic shockDaniel: Ihr habt bislang zwei Split-7” EPs: einer Vierer-Split und eine Split-EP mit Iron Reagan. Wie seid Ihr mit den anderen Bands in Kontakt gekommen? Oder basierten diese EPs nur auf den Ideen der jeweiligen Plattenfirmen?

Wally: Alle Bands auf der Vierer-Split sind miteinander befreundet. White und ein Freund von ihm, Jake, haben ein kleines Label, Mutiny Records, und sie wollten eine 7“ EP mit vier Bands herausbringen. Und natürlich wollten wir da mitmachen! Die EP mit Iron Reagan kam dank Johan von Reflections Records zustande. Wir wollten eine Split-EP machen und hatten eine Menge Ideen. Johan fragte uns, „Warum macht Ihr keine Split mit Iron Reagan?“. Die Idee kam aus dem Nichts. Wir machten Pläne, schrieben Songs, und kurze Zeit später war die EP fertig. Wir kannten sie, weil wir schon oft mit ihnen zusammen gespielt hatten.    

Daniel: Lass uns mal über Eure bislang letzte Veröffentlichung reden: eine 7” EP mit dem Titel „Brainwash”. Es war eine Zusammenarbeit mit einer Band namens Team Panini (also keine typische Split-7”EP als solches!). Wie kam diese Idee zustande? Und wie seid Ihr überhaupt mit der Band in Kontakt gekommen?

Wally: Wir waren in einem coolen Musikschuppen namens Trix in Antwerpen. Es ging darum, dort für ein Jahr einen Proberaum für umsonst zu bekommen. Dafür mussten wir ihnen aber im Gegenzug etwas anders bieten. Und wir organisierten einen Abend, an dem coole Heavy-Bands gemeinsam mit einem Hip-Hopper auftraten. Sie sollten einen eigenen Song dafür schreiben und ihn dann mit ihm zusammen zocken. Alle beteiligten Bands nahmen ihren Song im hauseigenen Studio de Trix auf. Wes war cool und erschreckend zugleich, denn Du willst ja nicht, dass das Resultat hinterher nach Limp Bizkit oder Nu Metal klingt. J Wir alle hassen das! Also haben wir versucht, etwas in Richtung der alten Beastie Boys-Platten zu machen. Das ist Crossover, den wir mögen. Wir schrieben einen Song zusammen mit Team Panini, einem verrückten Hiphop-Duo aus Antwerpen. Sie sind gute Freunde von uns, und Nap, derjenige, der für die Beats zuständig ist, ist ein sehr eigenständiger Hiphopper.       

Daniel: Wie war es, mit ihnen zusammen zu arbeiten? Und wie lief das gemeinsame Songwriting überhaupt ab?

Wally: Am Anfang war es ziemlich seltsam. Aber wir hatten ein paar Riffs und haben sie ihnen gezeigt, und sie mochten sie. Also haben wir mit ihnen einen Song daraus gemacht, „Brainwash”. Wir waren sehr glücklich mit dem Resultat. Es klang nicht kitschig und bekam gute Kritiken. Auch live funktioniert der Song gut. Das Publikum rastet jedes Mal völlig aus, wenn wir ihn spielen. Danach haben wir uns einen Song von ihnen vorgenommen. Sie haben ein komplettes Album fertig, aber wird wahrscheinlich niemals erscheinen. Wir lernten die Gitarrenparts, änderten noch ein paar Sachen, und so klang es dann mehr wie ein Toxic Shock-Song und „Kak Op Flik“. Der letzte Song auf dieser 7“ EP ist ein alter Beastie Boys-Song aus der Zeit, als sie noch eine Hardcore-Band waren. Er passte perfekt dazu.   

Daniel: Ihr spielt auch viel live, soviel ich weiß. Wann und wo kann man Euch demnächst mal sehen?  

Wally: Wir haben ein paar Shows mit Team Panini gespielt. Das war ziemlich cool: fünf Team Panini-Songs, fünf Toxic Shock-Songs und fünf Songs gemeinsam. Das funktionierte ziemlich gut. Es war hart und chaotisch, machte aber auch viel Spaß! Die letzte Show fand im Dezember 2017 statt. Wenn die Leute uns fragen und die Kohle stimmt, dann kommen wir immer gerne. Aber das Geld steht bei uns eigentlich nicht im Vordergrund. Im Vordergrund stehen das neue Toxic Shock-Album und weitere Toxic Shock-Konzerte.

Daniel: Gibt es den schon Pläne, auch zu uns nach Deutschland zu kommen?

Wally: Ja, wir hoffen, dass wir bei euch ein paar Festivals spielen können. Vielleicht spielen wir auch ein paar Konzerte zusammen mit Dust Bolt. Wir waren schon einige Male in Deutschland und haben unter anderem 2015 mit Cro-Mags gespielt. Dieses Jahr haben wir mit Dust Bolt in Karlsruhe gespielt. Wir lieben die Jungs! Und wir haben zusammen mit Cheap Drugs ein paar Konzerte gespielt. Sie sind eine belgische Hardcore-Band, und ihr Bassist wohnt zurzeit in Berlin. Oh ja, wir haben auch schon in Berlin gespielt; einmal mit Iron Reagan und einmal mit Imaginary Dictionary aus Belgien.

Daniel: Habt Ihr schon im Vorprogramm von größeren Bands bei Euch in Belgien gespielt?

Wally: Unser erstes Konzert haben wir zusammen mit Black Breath gespielt, was schon ziemlich großartig war. Wir haben auch schon im Vorprogramm von Iron Reagan, Municipal Waste, Cro-Mags, Power Trip, Slapshot, D.R.I., Testament, Poison Idea, Negative Approach, Suicidal Tendencies und einigen anderen gespielt. Nicht allzu schlecht… :-)

toxic shockDaniel: Seid Ihr in Kontakt mit anderen belgischen Bands, die Ihr uns empfehlen könnt; egal ob bekannt oder unbekannt?

Wally: Es gibt sehr viele gute (Metal-) Bands hier in Belgien. Hier ist eine ganze Menge los. Es gibt hier die sogenannten Rodeo Shows in Antwerpen in einem coolen Club namens Music City, die vielen kleinen und unbekannten Bands die Chance geben, mit coolen, fremden Bands zusammen zu spielen. Für laute Musik gibt es in Antwerpen also eine gute Szene. Es ist alles laute Gitarrenmusik: Metal, Hardcore und Stoner. Diese belgischen Bands solltet ihr euch mal anhören: Bütcher (Blackened Speed-/Thrash Metal), Lotus (Hardcore), Cheap Drugs (Hardcore Punk), Marginal (Crust-/Grind), Chain Reaction (Hardcore), Sons Of Disaster (Garagenpunk), Raw Peace (D-Beat, Hardcore-/Punk), Your Highness (cooler Stoner Rock), Bark (Hardcore-/Thrash Metal), Diablo Blvd (Hardrock-/Metal), Incinerate (Death-/Thrash Metal), Diss Guy (Hardcore), Reproach (Hardcore-/Punk), Carnation (Death Metal), Evil Invaders (Speed-/Thrash Metal; die werden mal richtig groß!), King Hiss (Stoner Rock), Brutus (Alternative Rock-/Metal), Amen Ra, Oathbreaker, Wiegedood, Partisan und viele mehr.

Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Toxic Shock aus?

Wally: Neue Songs schreiben und viele Konzerte spielen. Wir hoffen, dass wir bald auch eine coole Tour in Amerika spielen können.

Daniel: Na gut, Wally! Das Schlusswort gehört Dir!

Wally: Auch wenn die Welt schon ziemlich abgefuckt ist, glauben wir immer noch an das Gute im Menschen, um das Ruder umzureißen. Aber es wird nicht leicht. Ansonsten: Gründet eine Band, macht ein Fanzine oder Webzine, macht eure eigene Plattenfirma auf und unterstützt lokale Bands!   

https://www.facebook.com/the.Toxic.Shock

https://toxicshock.bandcamp.com/



Autor: Daniel Müller