DISTRESSED TO MARROW - Wir schaffen es einfach nicht, kurze Songs zu schreiben


Auch wenn es immer wieder viel zu viele Reviews zu schreiben gibt, die hier rein und da raus gehen, bleiben doch immer auch mal Bands, die man vorher nicht kannte und sofort lieb gewonnen hat! Eine dieser Bands sind die Karslruher Doom-/Death Metaller Distressed To Marrow, von denen alle drei Alben bei CROSSFIRE besprochen und abgefeiert wurden. Auch das neue Werk „La Violencia“ ist erneut machtvoll! Zu schade, dass sie aufgrund von geringer Live-Präsenz leider immer noch nicht die Anerkennung bekommen haben, die sie eigentlich verdient hätten. Ich kontakte Bassist und Sänger Toni Robinia über Facebook, und er stand mir Rede und Antwort.

logoDaniel: Hi Toni! Bitte erzähl uns doch zunächst, wann und wie es zur Gründung von Distressed To Marrow kam!

Toni: Distressed To Marrow wurde 2008 von den beiden Gitarristen Torsten Ditschinger und Thorsten Staude gegründet. Da beide den in etwa gleichen Musikgeschmack haben, war schon sehr schnell klar, dass es in die Richtung melodiöser Doom-/Death-Metal gehen sollte. Kurz darauf stieß Norman Achenbach hinzu, der bis 2017 das Schlagzeug übernahm. Später kamen Bassist Yoan Betzy und Sänger Daniel Wagner hinzu, wobei beide 2014/15 aus unterschiedlichen Gründen den Rückzug antraten und so Platz für mich schufen.

Daniel: Hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Toni: Ja, wir stammen alle aus unterschiedlichen Bands. Thorsten Staude spielte bei Targost, Drawn Down und Painful, Torsten Ditschinger bei Words of Noise und Painful, Norman Achenbach bei Nicoffeine und ich selbst stamme aus der Grindcore-Schiene und habe bei UxLxCxM (Undying Lust For Cadaverous Molestation) und anderen Metal-Coverbands gespielt.

Daniel: Euer Bandname klingt ziemlich mystisch. Was bedeutet er? Ist er einem Roman oder einem Film entnommen?

Toni: Um ehrlich zu sein, habe ich keinen Schimmer, woher er ursprünglich stammt, aber er bedeutet so viel wie „bis ins Mark erschüttert“.

Daniel: Welche Bands haben Euch beeinflusst?

Toni: Uh, gute Frage. Unterschiedlichstes, würde ich sagen. Verglichen werden wir des Öfteren mit Paradise Lost oder Anathema, von daher würde ich die Hauptbeeinflussung in diese Richtung schieben. Allerdings kann man durchaus auch alte Metallica-Alben hinzu zählen, aber (seitdem ich dabei bin zumindest) eventuell auch ein bisschen Dying Fetus oder Misery Index, die mich persönlich stark beeinflussen. 

Daniel: Wovon handeln Eure Texte im Allgemeinen? Und beinhalten sie vielleicht eine Art Kernaussage, die Ihr den Hörern vermitteln wollt?

Toni: Die Texte stehen zumeist unserer heutigen Gesellschaft kritisch gegenüber. Krieg, Konflikte, Historie – ganz egal was. Sie sollen keinen Verbesserungsvorschlag darlegen, auf die Art „Macht es nicht so, sondern so“, aber zum Denken anregen. Es gibt einfach viel Scheiße auf dieser Welt, und von dieser Scheiße handeln die meisten Texte.

Daniel: Gib uns doch bitte einen kurzen Überblick über alle Eure Veröffentlichungen, für diejenigen, die Euch noch nicht kennen! Und sind alle Tonträger heute alle noch erhältlich?

Toni:
2010 – „Cause Of Decline“
2011 – „Aeternitas“
2013 – „Release Of Insanity“
2016 – „Half A Spine“
2017 – “La Violencia”
Alle CDs sind bei uns auch heute noch erhältlich. Man muss uns nur kontaktieren.
 

distressed to marrowDaniel: Wo habt Ihr das neue Album „La Violencia“ aufgenommen, und wer hat produziert?

Toni: „La Violencia“ wurde von uns selbst aufgenommen und produziert, wobei man hier vor allem Thorsten Staude, unseren Gitarristen, erwähnen muss, der sich über Jahre in die ganze Technik reingearbeitet und eine super Job verrichtet hat. 

Daniel: Warum habt Ihr Euch überhaupt für einen spanischen Titel entschieden, wenn Ihr doch englische Texte habt?

Toni: Darüber muss ich lachen. Dass der Titel spanisch ist, ist völlig unerheblich. Es ging uns mehr um die Betonung, Violence (also Gewalt) als Person dazustellen. Der Konflikt zwischen der liberalen und der konservativen Partei Spaniens von 1948 bis 1958 spielen keine Rolle. „La Violencia“ klingt außerdem (finde ich) viel hübscher, als beispielsweise „Der Tod“. *Lach*.

Daniel: Handelt es sich beim neuen Album eigentlich um ein Konzept-Album? Man könnte es vermuten, da der Opener „Violencia Is Born“ und der Raushauer „Violencia Is Dead“ heißt...

Toni: Könnte man meinen, wobei es das eigentlich nicht ist. Wenn man sich den Text durchliest, wird man ohnehin feststellen müssen, dass in „Violencia Is Dead“ die Passage „Violencia Will Never Die“ auftaucht. Die Titel haben sich einfach so ergeben. Na ja, vielleicht steckt  ein wenig von einem Konzept dahinter, aber das betrifft, wenn überhaupt, nur den ersten und den letzten Song der Scheibe.

Daniel: Wie kommt es eigentlich, dass alle Eure Songs immer so verdammt lang ausfallen? Ist das von vornherein so gewollt, weil Ihr einen Anspruch an Euch selbst als Musiker habt? Oder hat sich das einfach immer so ergeben?

Toni: Ich denke, das liegt daran, dass wir es einfach nicht schaffen, kurze Songs zu schreiben. Bandintern sind wir da unterschiedlicher Meinungen, was die Länge betrifft. Da ich beispielsweise aus der Grindcore-/Death Metal-Ecke komme, kannte ich diese Spieldauer zuvor nicht, und es schien mir auch unsinnig. Allerdings kommen solche Überlängen durch die Vermischung von Doom, Melodien, und schnelleren Parts zustande. Wenn man alles vermischen will, kann man nicht einfach nur kurz und knackig alles runterprügeln.

Daniel: Alle Eure CDs sind Eigenpressungen gewesen, soweit ich weiß. War das nicht sauteuer? Und gab es keine Plattenfirmen, die an einer Veröffentlichung interessiert gewesen wären? Oder wolltet Ihr immer nur Euer eigenes Ding durchziehen, ohne Rücksicht auf Verluste?

Toni: Na ja, gegen ein Label hätten wir, um ehrlich zu sein, nichts! Ich glaube, das liegt vor allem daran, dass wir nie richtig zum live spielen kamen. Dadurch konnten wir uns einem potentiellen Label gegenüber sowie der breiten Masse nicht richtig präsentieren. Und spielen konnten wir kaum, weil es vor zwei Jahren zur Auflösung der Band kam, und nachdem man sich doch wieder gefunden hatte, stieg nun wiederholt auch unser Drummer aus. Mit neuen Leuten dauert es nun einmal immer seine Zeit, alte Songs einzuspielen. Von daher sind wir dazu übergegangen, neue Songs zu schreiben, statt für Auftritte und somit auch „Präsenz“ zu proben. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, wie man so schön sagt.

distressed to marrowDaniel: Könntet Ihr Euch vorstellen, Eure Veröffentlichungen auch auf Vinyl rauszubringen? Oder schwebt das noch in weiter Ferne?

Toni: Da uns die Leute die CDs geradezu aus der Hand reißen, bleiben wir vorerst bei diesem Medium. Können uns ja kaum mehr retten. Nein, ach Quatsch! Es würde sich aufgrund der Kosten nicht rentieren.

Daniel: Spielt Ihr eigentlich auch live? Und wenn ja: Wann und wo kann man Euch mal sehen?

Toni: Wie schon gesagt: Leider gab es immer Probleme mit den (nicht vorhandenen) Bandmitgliedern, weshalb wir seit der Neugründung 2016 lediglich einmal aufgetreten sind. Zurzeit fehlt uns ein Drummer. Deshalb mussten wir auch kürzlich einen Gig absagen und können auch keine weiteren planen. Leider!

Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne von Distressed To Marrow aus?

Toni: Neuen Drummer suchen, proben, spielen, Songs schreiben, Millionen verdienen und zusammen auf den Bahamas Bier trinken; einfach weiter geile Musik machen, würde ich sagen!

Daniel: Alles klar, Toni! Dir gehört das Schlusswort!

Toni: If you can, do it!

http://www.distressedtomarrow.com/

https://www.facebook.com/pages/Distressed-to-Marrow/210849182295530

 



Autor: Daniel Müller