ARALLU - Ein Dämon aus der alten Welt


Es gibt nicht viele bekannte Bands aus Israel. Eine der wenigen sind Arallu, die mir vom Namen her schon sehr lange ein Begriff sind und deren neues Album „Six“ ich kürzlich an dieser Stelle rezensiert habe. Dies entging aus dem mittleren Osten ist, war es doch Arallu-Mastermind Moti „Butchered“ Daniel höchstpersönlich, der uns aufgrund des positiven Reviews nach einem Interview fragte. Da ließ ich mich natürlich nicht lumpen… ;)

logoDaniel: HELL-ö Butchered! Wie geht´s Dir? Bitte erzähl uns doch zunächst, wie es 1998 zur Gründung von Arallu kam!   

Butchered: Hallo Daniel und CROSSFIRE! Ich bin Butchered, das Hauptmitglied der Band. Arallu wurden in der Mitte des Konflikts zwischen den Religionen in der alten Stadt Jerusalem in den Neunzigern gegründet. Wenn Du mit all dem Terror um Dich herum aufwächst, prägt es alles, was Du tust in Deinem Leben; ob Du willst oder nicht. Ich bin zunächst mit der Musik des Mittleren Ostens aufgewachsen, die sich mein Vater anhörte. Als ich dann in den Neunzigern die Black Metal-Bands aus Europa für mich entdeckte, hatte ich die Idee, unsere Folklore mit in den rohen Black Metal-Sound einzubinden. Ich dachte erst, ich könnte das nicht spielen, und keiner würde es hören wollen. Aber wenn ich dazu in der Lage wäre, dann würde ich beides kombinieren. Und so geschah es dann auch.     

Daniel: Hattest Du zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Butchered: Nein, Arallu ist bis heute meine erste und einzige Band.

Daniel: Was bedeutet der Name Arallu eigentlich?

Butchered: Das ist eine lange Geschichte, aber ich kann gerne ein wenig mehr Licht ins Dunkel bringen. Früher gehörte der Mittlere Osten zum Osmanischen Reich. Es war in etwa so wie in Europa heute: Es gab keine Grenzen und war im Prinzip wie ein großes Land. In Mesopotamien gab es einen Herrscher über den Mittleren Osten, und das Herz war Jerusalem. Es gab unzählig viel Blutvergießen und viele Schlachten. Wir leben in Jerusalem, was bis heute das Herz der religiösen Konflikte dieser alten Zeit geblieben ist. Die Musik und die Texte von Arallu nehmen immer Bezug auf diese Gegend und ihre Geschichte. Leider ist da immer noch kein Ende in Sicht. Ich wurde mitten im Krieg geboren und wahrscheinlich wird dieser immer noch nicht vorbei sein, wenn ich einmal sterbe. Arallu ist ein Dämon, ein Dschinn, aus der alten Welt; einer von vielen, die über Mesopotamien herrschen. Arallu ist der Dämon, der der über Jerusalem herrscht, der Wächter geheimer Orte.     

Daniel: Welche Bands haben Dich beeinflusst? Und haben sich diese Einflüsse in all den Jahren geändert?

Butchered: Unsere Musik wurde beeinflusst von Bands wie Venom, Slayer, Celtic frost, Bathory, Deicide und vielen anderen. Geändert hat sich das nie.

Daniel: Wovon handeln Eure Texte? Geht es nur um die Erfüllung der üblichen Black Metal-Klischees? Oder steckt doch mehr dahinter? 

Butchered: Das gesamte Konzept bei Arallu handelt vom ultimativen Krieg im Mittleren Osten, weil wir hier leben. Das ist ganz normal, denn wir können es nicht ignorieren, selbst wenn wir wollten. Und auch bei „Six“ dreht sich alles um dieses Thema, das schon bis nach Europa und in die USA vorgedrungen ist, weil wir tagtäglich damit zu tun haben. Der Song „Adonay“ erzählt zum Beispiel von einem einfachen Mann, der bei einem Terrorakt ums Leben gekommen ist und viele Leute hinterlassen hat, die ihn liebten. In Wirklichkeit handelt er aber von meinem Großvater und seinen letzten Tagen, an denen er so gelitten hat. Er war ein großes Vorbild für mich, und ich hing sehr an ihm. Der Song „Possessed By Sleep" handelt von einem Mädchen, das von einem Terroristen ermordet wurde, während sie in ihrem Bett schlief. Wenn Du in Jerusalem lebst und drei Kinder hast, dann denkst Du täglich über solch schlimme Dinge nach. Auf der anderen Seite haben wir aber auch Songs wie „Soulless Soldier", der davon handelt, dass Soldaten einfach von der Regierung in den Krieg geschickt werden, um sein Land zu verteidigen. Wenn er aber einen Terroristen erschießt, wird er verurteilt. Das ist absurd! Arallu ist das Horn der Situation im Mittleren Osten und das Horn der Kriege in all den Jahren in Jerusalem. Wir suchen nicht  nach Überschriften in den Zeitungen. Wir spielen und leben Black Metal seit den Neunziger Jahren. Seit über einem Jahrzehnt schreien wir nun unsere Wut gegen den globalen Terror hinaus. „Satanic War In Jerusalem", unser zweites Album aus dem Jahr 2002, erzählt von der Situation in Jerusalem, der sich in der ganzen Welt verbreitet. Ich habe das Album 2001 geschrieben, als der islamische Terror überall in Israel, aber vor allem bei uns in Jerusalem zu spüren war. Leider wurde „Satanic War In Jerusalem” eine Art sich selbst erfüllende Prophezeiung, wie wir mittlerweile alle wissen. „The War On The Wailing Wall", unser Debüt-Album aus dem Jahr 1999, war die Kombination aus unserem alltäglichen Leben und dem extremen Black Metal, der sich gegen die Religionen gerichtet hat; ein risikoreiches Unterfangen. Diejenigen, die die Grundidee hinter unserer Musik verstanden haben, mögen es. Aber nicht alle Magazine hören, was sie die Bands aus aller Welt zu sagen haben. Wenn ich Musik und Texte schreibe, suche ich nicht nach Lösungen, sondern immer nach neuen Themen, die vorher noch keiner angesprochen hat. Denn unsere Musik ist eine Mischung aus extremem Black Metal und arabischer, mittelöstlicher Musik. Für viele Leute war das zunächst ungewohnt. Normalerweise mögen Black Metaller keine solchen Folkeinflüsse in dieser Musik. Wir wussten seit unserem Debüt 1999, dass wir damit ein gewisses Risiko eingehen würden. Aber Arallu will der globalen Metal-Welt auch immer etwas anderes in kleinen Schritten mit auf den Weg geben.   

aralluDaniel: Euer neues Album wurde schlicht „Six” betitelt. Gibt es dafür einen bestimmten Grund? Steckt vielleicht ein Konzept dahinter?

Butchered: Der Grund dafür ist einfach: „Six” ist das sechste Album der Band. Wenn wir es „666“ genannt hätten, wäre das zu vorhersehbar gewesen. Das wollten wir nicht. Deswegen haben wir es einfach „Six“ genannt. Das hat mit Sicherheit viele Leute überrascht, macht die Sache aber auch interessant.     

Daniel: Wenn Du heute einen Blick auf all Eure Alben wirfst, welches gefällt Dir dann am besten und welches am wenigsten? Und warum?   

Butchered:  Ich denke, dass die Band mit jedem Album auch neue Impulse einbringt. Das bezieht sich sowohl auf die Riffs als auch auf die Rhythmen, die auf der mittelöstlichen Idee basieren. Ich finde, dass wir uns mit jedem Album weiterentwickeln, aber der Grund-Sound, also Black-/Thrash Metal, steht trotzdem immer im Vordergrund. Wenn Du Dir unsere alten Alben anhörst, dann merkst Du sofort, dass es sich dabei um Arallu handelt, obwohl sich alle Alben auch voneinander unterscheiden. Ich bin eigentlich mit all unseren Alben zufrieden, mit Ausnahme unseres dritten Albums „The Demon From The Ancient World". Jedes Mal, wenn ich es mir anhöre, werde ich immer noch wütend. Die Songs waren eigentlich auch gut, aber die Produktion war richtig schlecht und hat alles zerstört.  

Daniel: Ich weiß, dass Ihr auch live spielt. Gibt es schon Pläne, bald wieder nach Deutschland zurückzukehren?

Butchered: Das letzte Mal waren wir im April 2017 bei euch. Da haben wir in Leipzig gespielt. Wir arbeiten gerade an einer weiteren Tour im Jahr 2018 und hoffen, dass wir bald wieder bei euch spielen können. Wenn uns jemand woanders buchen möchte, nehmen wir das natürlich auch gerne an.  

Daniel: Ich kenne leider nicht viele Metal-Bands aus Israel, bis auf Melechesh, Chugun, Edellom, Salem und natürlich Arallu, haha! Bist Du in Kontakt mit einigen Bands? Und welche Bands aus Eurem Land kannst Du uns noch empfehlen? 

Butchered: Wir haben gerade unsere „Six”-Tour in Israel beendet. Wir haben vier Konzerte mit acht israelischen Vorbands gespielt, unter anderem mit Chugon, Straident, Azazel, Catorix, Sintax und Deface. Wir haben wirklich nur eine sehr kleine Szene hier in Israel, aber viele Bands sind auch wirklich sehr gut!   

Daniel: Wie sieht denn die Black- und Death Metal-Szene bei Euch in Israel aus? Gibt es Probleme mit der Regierung oder Zensur wegen Eurer blasphemischen Ausrichtung, Konzertabsagen usw.? Gibt es eine Art „Hexenjagd“ auf die Black Metal-Szene? Oder wurde Metal in Israel endlich von der Gesellschaft  akzeptiert? 

Butchered: In den Neunzigern gab es all diese Probleme. Aber heute ist das anders: Da kann jeder tun, was er will und scheißt einfach drauf.  

Daniel: Melechesh hatten ein Album mit dem Titel „Jerusalem Burns”. Ihr hattet ein Album mit dem Titel „Satanic War In Jerusalem”. Woher kommt dieser Hass Eurem Land gegenüber? Und hast Du jemals darüber nachgedacht, Israel zu verlassen? Melechesh sind ja später zum Beispiel nach Holland ausgewandert… ;)

Butchered: „Satanic War In Jerusalem” handelte vom islamischen Terror in Jerusalem. Wir lieben unser Land und werden weiterhin darum kämpfen!

Daniel: Die Band hat unter vielen Besetzungswechseln gelitten. War es schwierig, in einem Land wie Israel neue Leute zu finden? 

Butchered: Arallu starteten 1997 als mein Soloprojekt. Bei Arallu gibt es ganz klare Grenzen, die man nicht überschreiten darf. Ich hatte von Anfang an ein bestimmtes Strickmuster. Die erste richtige Besetzung gab es erst nach den ersten beiden Alben „The War On The Wailing Wall" und „Satanic War In Jerusalem". Die Band war zu dem Zeitpunkt in Israel schon relativ bekannt. Als ich mich also nach Mitmusikern umsah, war es einfach, die richtigen Leute dafür zu finden. Seitdem wurde die Band immer größer und es macht allen Spaß, in einer funktionierenden Band zu sein. Es war also nicht allzu schwer.  

aralluDaniel: Du bist das einzig noch verbliebene Urmitglied der Band. Warum handelt es sich für Dich - trotz der vielen Besetzungswechsel - bei Arallu immer noch um dieselbe Band? Hattest Du nicht auch mal das Gefühl, alles hinwerfen zu müssen oder vielleicht unter einem anderen Namen weiterzumachen?  

Butchered: Wie gesagt: Arallu sind ja zunächst als mein Soloprojekt gestartet. Als ich mit Arallu anfing, hätte ich niemals gedacht, dass ich eines Tages sechs Alben und drei DVDs veröffentlicht haben würde. Ich wollte einfach nur die Musik machen, an die ich glaube und die ich liebe, und zum Glück war es so, dass alle Leute, mit denen ich zusammen gespielt habe und heute noch zocke, ebenfalls eine tiefe Verbundenheit dazu hatten und immer noch haben. Und so bewegt sich die Band immer weiter und wird von Album zu Album immer interessanter.    

Daniel: Was steht in der Zukunft bei Arallu an?

Butchered: Wir arbeiten bereits an unserem nächsten Album. Wir suchen auch noch nach Auftrittsmöglichkeiten außerhalb Israels. Und wir drehen noch Videoclips, die bald veröffentlicht werden.

Daniel: Na gut, Butchered! Das Schlusswort soll Dir gehören!

Butchered: Vielen Dank für das großartige Interview, Daniel! Ich hoffe, dass einige Promoter in Eurem Land sich unser neues Album anhören und uns für Shows buchen werden, damit wir bald wieder bei Euch spielen können!  

https://www.facebook.com/ARALLU666



Autor: Daniel Müller